Sachsens Sagenwelt: Die verwegenen Streiche des Nix

Sachsen - Sachsens Geschichte ist sagenhaft vielfältig, Sachsens Sagenwelt nicht minder. Landauf, landab wimmelt es von Berggeistern, Weißen Frauen und manch untotem Fürsten. Viele der Erzählungen sind Hunderte Jahre alt. Andere wiederum wurden erst zu Zeiten der Gebrüder Grimm geschrieben oder, wie in einem Fall, haben noch keine 50 Jahre auf dem Buckel! Einige der Geschichten wurden von Generation zu Generation mündlich weitergegeben, andere wiederum sind von Pastoren oder Lehrern frei erfunden. Aber lest selbst.

Premiere zum "Lausitz Festival" 2022. Das Bühnenstück von Frank Düwel versammelte mehrere Nix-Sagen.
Premiere zum "Lausitz Festival" 2022. Das Bühnenstück von Frank Düwel versammelte mehrere Nix-Sagen.  © Steffen Füssel

Der Nix. Die Nixe. Das Nix. Dieses sorbische Fabelwesen passt eigentlich perfekt in die Zeit. Es tritt mal in weiblicher, mal in männlicher Gestalt auf. Auch als Tier oder als Kind. Eine Nixe kann sich in eine Frau verlieben, eine Frau in eine Nixe; ein Nix auch in einen Mann oder ein Mann in ihn. Dann ist es mal wieder weder noch.

Perfekt für unsere Gesellschaft und ihr modernes Geschlechterbild.

"Eine Nix-Sage gibt es eigentlich gar nicht. Es sind viele verschiedene Erzählungen und Dutzende Varianten, die den Nix so vielfältig erscheinen lassen", sagt Frank Düwel (59).

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Der Regisseur aus Hamburg hat in diesem Sommer in der Lausitz die Geschichten rund um den Wassergeist erstmals auf die Bühne gebracht. Anlass war das "Lausitz Festival".

Bei den Recherchen unter Sorben stieß er auf eine fantastische Welt, die immer am oder im Wasser spielt. "Die Entstehungsgeschichten reichen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Zum Teil sind das Anekdoten, zum Teil komplette Geschichten - alles aber nie länger als drei Seiten."

Fasziniert stellte der Norddeutsche fest, dass jeder Ort in der Lausitz seinen "eigenen" Nix oder seine eigene Nixe hat. Die Streiche des Nix orientieren sich oft an den Örtlichkeiten. Gibt es eine Brücke im Dorf, spielt die garantiert eine Rolle.

Ebenso verhält es sich damals wie heute mit Mühlen.

Sorbisches Fabelwesen Nix findet sich auch in zahlreichen Kinderbüchern

Darsteller erzählen beim "Lausitz Festival 2022" Sagen vom rätselhaften Nix.
Darsteller erzählen beim "Lausitz Festival 2022" Sagen vom rätselhaften Nix.  © Steffen Füssel

"Dabei ist das Wesen nicht immer gleich gut oder böse: Mal zieht er die Leute ins Wasser, was aber nicht automatisch den Tod bedeuten muss. Mal hilft er ihnen, stellt dafür gelegentlich jedoch auch Bedingungen", so Düwel.

"So gibt es eine Geschichte, in der das Wesen einem Mann hilft, aber von ihm die erste Seele fordert, die ihm, dem Nix, über den Weg läuft. Am Ende ist es der Sohn des Mannes... Die Storys sind alle ziemlich rau. Und: Der Nix prüft gern."

Leider würde die Sagengestalt in heute erhältlichen Kinderbüchern verkitscht. Dabei sei der Nix per se so gar nicht niedlich.

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Die einzige Eigenschaft, die ihm beständig zugeschrieben werden könne, sei die eines Wasserwesens. Daher freut sich Düwel, die eigene Inszenierung vom Sommer wahrscheinlich auch nächstes Jahr mit Laien und den Profis des Theaters Senftenberg auf die Bühne zu bringen. Im Stück kommen mehrere Nix-Erzählungen vor. Herausgearbeitet wird das Mythische, das Nicht-Fassbare, das Sagenhafte, das Heimatbezogene.

Faszinierend: Das Wesen Nix ist keineswegs etwas Gestriges. Der Nix in seiner ganzen Komplexität und Vielfalt, in seiner Mischung aus menschlichen Eigenschaften und magischen Fähigkeiten ist fester Bestandteil der sorbischen Kultur, des sorbischen Alltags.

Der Schusterhof in Trebendorf erwies sich als idealer Aufführungsort fürs Nix-Theater.
Der Schusterhof in Trebendorf erwies sich als idealer Aufführungsort fürs Nix-Theater.  © Steffen Füssel
Auch im Jahr 2023 soll der Schusterhof in Trebendorf wieder Spielstätte für eine Inszenierung rund um den Nix sein.
Auch im Jahr 2023 soll der Schusterhof in Trebendorf wieder Spielstätte für eine Inszenierung rund um den Nix sein.  © Steffen Füssel

Der Bauer und seine Kartoffeln

Für sein Stück hat Frank Düwel (re.) mit zahlreichen Sorben gesprochen. Hier Angelika Balzke (68), die Vorsitzende der Domowina-Ortsgruppe Triebendorf.
Für sein Stück hat Frank Düwel (re.) mit zahlreichen Sorben gesprochen. Hier Angelika Balzke (68), die Vorsitzende der Domowina-Ortsgruppe Triebendorf.  © Steffen Füssel

Einst fuhr ein Lausitzer Bauer seine Kartoffeln zum Markt des nächsten Städtchens. Dort traf er auf einen Nix.

Der Nix kaufte ihm die Kartoffeln unter der Bedingung ab, dass der Bauer sie ihm nach Hause fährt. Der Bauer stimmte zu.

Nach langer Fahrt erreichten sie einen See. Der Bauer bemerkte aber nicht, wie es alsbald dort hineinging.

Schon standen sie vor einem Wasserpalast. Der Nix entließ ihn mit der Maßgabe: "Sieh dich nicht um!" Die Neugier des Bauern hielt bis zum Rand des Sees.

Als er sich dort umschaute, brach ihm die Hälfte des Wagens weg. Nun wurde ihm klar, was passiert wäre, hätte er sich früher umgesehen...

Titelfoto: Steffen Füssel

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