Ehemaliges Krankenhaus soll Flüchtlingsunterkunft werden: Seit Wochen Proteste in Schleusingen

Schleusingen - Nach mehreren rechten Protesten gegen eine Flüchtlingsunterkunft im südthüringischen Schleusingen hat ein Demokratiebündnis den Landkreis Hildburghausen scharf kritisiert.

Seit Wochen gehen in regelmäßigen Abständen Demonstranten auf die Straßen, um gegen das Vorhaben zu protestieren.
Seit Wochen gehen in regelmäßigen Abständen Demonstranten auf die Straßen, um gegen das Vorhaben zu protestieren.  © Michael Reichel/dpa

"Es hätte schon vor vielen Wochen eine Informationsveranstaltung stattfinden müssen, in der man klar hätte kommunizieren müssen, was da geplant ist und was nicht", sagte Sabine Jakob vom Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra dem "Freien Wort".

Das Bündnis wurde am Dienstag als "Botschafter für Demokratie und Toleranz" von der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67, SPD) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (52, SPD) verliehen in Berlin die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung. Hervorgehoben wurde unter anderem das Engagement und der Protest gegen die Zunahme rechtsextremer Aktivitäten in Südthüringen.

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Jakob warf in dem Interview mit dem "Freien Wort" unter anderem Hildburghausens Landrat Thomas Müller (64, CDU) Versäumnisse vor. Es sei ein Fehler gewesen, dass der Landkreis und die Stadt "die Demonstrationen nicht als das verurteilt haben, was sie sind: rechte Aufmärsche", erklärte Jakob. Das sei inakzeptabel.

"Schon als diese Proteste angemeldet worden waren, hätten sowohl der Landrat als auch der Bürgermeister und die Stadträte klar kommunizieren können: Liebe Leute, wir nehmen eure Sorgen ernst, aber mit Nazis geht man nicht auf die Straße. Ist nicht passiert. Es ist ein Desaster", ergänzte Jakob gegenüber der Zeitung.

Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit kritisiert CDU-Landrat Müller

Das leer stehende Krankenhaus soll nach dem Willen einiger Bürger nicht zu einer Flüchtlingsunterkunft werden.
Das leer stehende Krankenhaus soll nach dem Willen einiger Bürger nicht zu einer Flüchtlingsunterkunft werden.  © Michael Reichel/dpa

Ihrer Ansicht nach werde der Grundsatz von politischer Neutralität vom Landrat und vom Bürgermeister falsch verstanden. Demnach hätte sich Müller beim Gegenprotest in Schleusingen zeigen können, um ein Zeichen zu setzen.

"Hat er aber nicht. Warum? Weil hier die Pflicht zur parteipolitischen Neutralität des Staates verwechselt wird damit, dass eine Amtsperson angeblich jeder Form von Ideologie gegenüber neutral sein müsse", betonte Jakob.

Amtspersonen würden aber nicht gegen das Neutralitätsverbot verstoßen, wenn sie sich zur Demokratie und zu demokratischen Werten bekannten.

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In Schleusingen protestieren seit Wochen in regelmäßigen Abständen Hunderte gegen Pläne, aus einem ehemaligen Krankenhaus eine Flüchtlingsunterkunft zu machen.

Der Landkreis will perspektivisch 80 bis 100 Migranten in dem Gebäude unterbringen.

Titelfoto: Michael Reichel/dpa

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