Sensationsfund in Thüringen: Wissenschaftliche Annahmen geraten ins Wanken!

Ranis - Funde in Thüringen zählen zu den frühesten Nachweisen des Homo sapiens in Eurasien. Sie zeichnen ein anderes Bild von der Besiedlung Europas durch den Menschen - und erfreuen Denkmalschützer vor Ort.

Bereits in den 1930er Jahren wurden in Ranis archäologische Grabungen durchgeführt.
Bereits in den 1930er Jahren wurden in Ranis archäologische Grabungen durchgeführt.  © Martin Schutt/dpa

Der Fund von besonders alten Homo sapiens-Resten in der Ilsenhöhle in Ranis (Saale-Orla-Kreis) sorgt bei Thüringer Denkmalschützern für Freude.

Die Resultate der Forschungen führten zu einem "fundamentalen Umdenken zur Besiedlungsgeschichte am Beginn der Epoche des modernen Menschen und zu deren Zeitabläufen", sagte Tim Schüler vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Weimar anlässlich einer Pressekonferenz am Donnerstag. Dass die Fundstelle in Thüringen liege, sei besonders erfreulich.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Funde aus der Ilsenhöhle belegen, dass moderne Menschen dort schon vor mindestens 45.000 Jahre lebten - damals war es etwa 7 bis 15 Grad kälter als heutzutage.

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Das zeige, wie gut sich schon der damalige Mensch an raue Umweltbedingungen anpassen konnte, schreibt ein internationales Forschungsteam um Jean-Jacques Hublin vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

Koexistierten Mensch und Neandertaler?

Die Resultate der Forschungen führten zu einem "fundamentalen Umdenken zur Besiedlungsgeschichte am Beginn der Epoche des modernen Menschen und zu deren Zeitabläufen", sagte Tim Schüler vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie.
Die Resultate der Forschungen führten zu einem "fundamentalen Umdenken zur Besiedlungsgeschichte am Beginn der Epoche des modernen Menschen und zu deren Zeitabläufen", sagte Tim Schüler vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie.  © Martin Schutt/dpa

Zudem zeigen die drei in den Fachjournalen "Nature" und "Nature Ecology & Evolution" veröffentlichten Studien, dass Mensch und Neandertaler über Jahrtausende in Europa koexistierten - möglicherweise sogar mehr als 10.000 Jahre lang.

Die Funde bringen gleich mehrere Annahmen von Paläontologen ins Wanken.

Bisher dachte man, dass der moderne Mensch Europa erst vor etwa 40.000 Jahren besiedelte und nur vereinzelt früher auftauchte.

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Und bestimmte, teilweise beidseitig bearbeitete Steinklingen, die älter sind und auch in Nordwesteuropa auftauchten, wurden bisher Neandertalern zugeordnet, die schon viel früher auf dem Kontinent lebten und vor etwa 40.000 Jahren verschwanden.

Doch in der Ilsenhöhle fand das Team um Hublin neben diesen sogenannten LRJ-Klingen Knochenreste, deren DNA eindeutig vom Homo sapiens stammt.

Demnach gehen LRJ-Steinklingen, die unter anderem in Großbritannien entdeckt wurden, ebenfalls auf den Homo sapiens zurück.

"Die Fundstelle in Ranis erbrachte den Beweis für die erste Ausbreitung von Homo sapiens in die nördlichen Breiten von Europa", sagte Hublin, emeritierter Direktor des Leipziger Max-Planck-Instituts. "Es ist jetzt sicher, dass Steingeräte, von denen man dachte, dass sie von Neandertalern hergestellt wurden, definitiv von modernen Menschen stammen."

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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