Sachsens Gremium-Rocker verklagen den Innenminister

Er verbot 2013 den Gremium MC in Sachsen: Hans-Peter Friedrich (58, CSU).
Er verbot 2013 den Gremium MC in Sachsen: Hans-Peter Friedrich (58, CSU).

Von Alexander Bischoff

Leipzig - Vor zweieinhalb Jahren verbot das Bundesinnenministerium (BMI) alle Chapter des Gremium MC in Sachsen, die Polizei nahm den Mitgliedern in Dresden, Chemnitz und Plauen sogar die Motorräder weg.

Jetzt schlagen die Rocker zurück! Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verklagen sie den Staat.

Am Morgen des 3. Juli 2013 flogen in Dresden, Chemnitz und Plauen Dutzende Türen auf, stürmten 350 Polizisten Clubhäuser und Wohnungen des Gremium MC. Gleichzeitig hielten die Beamten den verdutzten Rockern die bereits im Mai vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (58, CSU) erlassene Verbotsverfügung unter die Nase.

Während des Rocker-Verfahrens gibt es im Bundesverwaltungsgericht Leipzig verschärfte Sicherheitsvorkehrungen.
Während des Rocker-Verfahrens gibt es im Bundesverwaltungsgericht Leipzig verschärfte Sicherheitsvorkehrungen.

Nach 15 Jahren waren die Schwarz-Weißen mit der geballten Faust im Colour in Sachsen Geschichte. Auch der Unterstützer-Club "Härte Plauen" wurde verboten.

Begründet wurde das Vereinsverbot vom Innenministerium wie folgt: "Der Hauptzweck des Regionalverbands liegt nicht in der kameradschaftlichen Pflege des Motorradsports, sondern in der gewalttätigen Machtentfaltung...

Hierzu greift der Verein in krimineller Weise auf Mittel zurück wie die Demonstration von Gruppenstärke durch massiertes öffentliches Auftreten und Vergeltungsaktionen gegenüber konkurrierenden Gruppierungen…"

Auslöser des Verbots war eine Gewalttat am Silvestertag 2011 vor einer Disco im brandenburgischen Königs-Wusterhausen.

Auslöser des Verbotes war ein 16-Jähriger, der als erstes ziviles Opfer im Rockerkrieg gilt.
Auslöser des Verbotes war ein 16-Jähriger, der als erstes ziviles Opfer im Rockerkrieg gilt.

Dort wurde ein 16-Jähriger von Gremium-Rockern aus Plauen und Brandenburg niedergestochen, weil man ihn für ein Mitglied der Hells Angels hielt. Der völlig unbeteiligte Junge überlebte nur durch eine Not-OP - er war das erste zivile Opfer im Rockerkrieg.

Die beiden beteiligten Plauener wurden zwischenzeitlich zu Haftstrafen von achteinhalb und neun Jahren verurteilt. Die Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht stellte der Präsident des Gremium-Chapters Dresden das Geschehen am Dienstag als "Einzelaktion" der Plauener dar, von der die Club-Führungen in Dresden und Chemnitz nichts gewusst hätten.

"Wir hätten das auch nie gebilligt … ich habe ja selber Kinder", sagte Rene W. (40). Die Rocker argumentieren vor dem Gericht, dass Straftaten einzelner Mitglieder nicht dem ganzen Club und schon gar nicht allen anderen Club-Chaptern in dem jeweiligen Bundesland angelastet werden dürften.

Auch formal versuchen sie das Verbot zu kippen: Ein Gremium-Regionalverband Sachsen, wie vom Innenminister verboten, habe nie als Verein existiert, so die Argumentation der Club-Anwälte.

Bis Mittwoch wird vorerst weiter verhandelt.

Die Präsidenten der sächsischen Chapter - u.a. der Dresdner René W. (vorn, mit Anwalt Carsten Brunzel) - wollen das Club-Verbot kippen.
Die Präsidenten der sächsischen Chapter - u.a. der Dresdner René W. (vorn, mit Anwalt Carsten Brunzel) - wollen das Club-Verbot kippen.

Das ist der Gremium MC

Eines der letzten Fotos der Dresdner Gremium-Rocker vor dem Verbot.
Eines der letzten Fotos der Dresdner Gremium-Rocker vor dem Verbot.

Der Gremium MC ist das einzige in Deutschland erwachsene Schwergewicht der internationalen Rocker-Szene.

1972 in Mannheim gegründet, zählt der Club heute rund 140 Chapter weltweit. Seine Farben sind Schwarz und Weiß. Sein Colour (Rückenabzeichen) ziert eine geballte Faust, die durch die Wolken schlägt.

In Sachsen gibt es Gremium seit 1999. Damals legte der Dresdner Clan MC seine Farben ab und wurde zum Gremium MC Dresden. Im Jahr 2010 kam das Chapter Chemnitz dazu, 2011 das Plauener.

Kurz darauf wurde das aus sächsischen und brandenburgischen Überland-Rockern bestehende "Nomads East-side"-Chapter gegründet.

Alle diese Niederlassungen sind seit 2013 verboten.

Fotos: dpa/Hendrik Schmidt (2), Fotojump/Frank Schmidt (1), privat (1), imago/Stefan Zeitz (1)

Titelfoto: Import