Sächsische Kirche mobbt schwulen Mitarbeiter raus

Jens Ullrich (54) in seiner
Wahlheimat Leipzig. In Aue arbeitet
er weiterhin - aber nur dort,
wo er nicht unerwünscht ist.
Jens Ullrich (54) in seiner Wahlheimat Leipzig. In Aue arbeitet er weiterhin - aber nur dort, wo er nicht unerwünscht ist.

Dresden/Aue - Er ist schwul, und das ist auch schlecht so. Für den sächsischen Kirchenmann Jens Ullrich (54) steht die Welt Kopf. Der Jugendwart des evangelischen Kirchenbezirks Aue würde gern ganz normal seiner Arbeit nachgehen.

Kann er aber nicht, weil ihm Gemeinden Verbote erteilt haben. Sein „Vergehen“: Er ist homosexuell und lebt mit einem Mann zusammen.

„Es ist unerträglich“, sagt Jens Ullrich. „Keiner, der sich an mir stört, hat mit mir gesprochen. Es gibt nur Briefe.“

Der Diakon und Diplom-Religionspädagoge arbeitet im Kirchenbezirk Aue als Jugendwart. Eine Leitungsfunktion. Er gilt als bibelfest und fromm. Ist beliebt, trat strafrechtlich nie in Erscheinung.

Doch seit er eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit seinem Freund einging und sich anschließend outete, ist nichts mehr so, wie es war - und das nach 18 Jahren Dienst im südlichen Sachsen.

Die Vorstände mehrerer Kirchgemeinden verboten ihm das Predigen, ja sogar die Teilnahme bei Veranstaltungen mit Jugendlichen. „Man bezweifelt, das ich weiter ,segensreich‘ wirken könne“, zitiert Ullrich bitter.

Eigentlich ist so ein Verbot ungültig. „Das müssten wir als sein Anstellungsträger aussprechen“, erklärt sein Vorgesetzter, Superintendent Dieter Bankmann. Aber: „Wir suchen hier mit den Gemeinden das vermittelnde Gespräch und werden vermeiden, etwas gegen den erklärten Willen der Gemeinden durchzusetzen.“

Die zentrale Landeskirche in Dresden ist da strikter. Wie ein Sprecher informiert, kritisierten Landeskirchenamt sowie Landesjugendpfarramt die Verbote und machten übers Regionale Kirchenamt Druck. Landesbischof Carsten Rentzing (49) rief Ullrich an, stärkte ihm den Rücken. Die Gemeinden jedoch bleiben hart. Zu TAG24-Anfragen schwiegen sie.

Inzwischen lebt Ullrich in Leipzig. Dort studiert sein Mann und er selbst hat etwas Abstand zum konservativen Bibelgürtel im Erzgebirge, wo er nur noch arbeitet. Hier weichen will er keinesfalls. „Ich gebe nicht klein bei. Um derer Willen, denen es auch so geht.“

Es haben nämlich auch andere homosexuelle Christen der Region Mut zum Outing gefasst, zumindest ihm gegenüber.

Superintendent Dieter
Bankmann (li.). Selbst der konservative Landesbischof
Carsten Rentzing (49, re.) rief bei Ullrich an
und fragte: „Was kann ich für Sie tun?“
Superintendent Dieter Bankmann (li.). Selbst der konservative Landesbischof Carsten Rentzing (49, re.) rief bei Ullrich an und fragte: „Was kann ich für Sie tun?“