Serdar Yüksel: So tickt der Sozialdemokrat, der einen AfD-Mann rettete

Wattenscheid/Düsseldorf - Serdar Yüksel ist ein Lebensretter. Er sagt, das sei nicht weiter bemerkenswert, denn er ist Krankenpfleger, und die machen sowas eben. Vielleicht ist sein Fall aber doch ein bisschen besonders.

1989 trat Serdar Yüksel in die SPD ein.
1989 trat Serdar Yüksel in die SPD ein.  © DPA

Eines ist Yüksel (45) sehr wichtig. Er ist zwar in Essen geboren, aber er fühlt sich nicht als Essener. "Ich bin durch und durch Wattenscheider", sagt er. Dass das erstmal klar ist.

Denn Wattenscheid gehört zu Bochum und das ist schon etwas anderes als Essen, wenn man sich im Ruhrgebiet ein wenig auskennt. Yüksel ist in Wattenscheid aufgewachsen und lebt dort bis heute. Er ist ein großer Lokalpatriot. "Wir haben die beste Stadionwurst der Republik", sagt er.

Von Beruf ist Serdar Yüksel Krankenpfleger. Viele Jahre arbeitete er auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Nebenbei engagierte er sich politisch. 1989 trat er in die SPD ein. "Ich hatte einen guten Geschichtslehrer und da war für mich klar, ich geh' in die älteste Partei Deutschlands." 2010 wurde er in den Landtag gewählt.

Dort ist er unter anderem Mitglied im Ausschuss Arbeit, Gesundheit und Soziales. Eben jener tagte auch am vergangenen Mittwoch, als ein Mitarbeiter der AfD-Fraktion plötzlich zusammenbrach (TAG24 berichtete).

Yüksel erkannte sofort: keine Atmung, kein Puls. Ein absoluter Notfall. Daraufhin schickte er die anderen Ausschussmitglieder sofort raus. Er habe "das Kommando übernommen", bestätigt AfD-Fraktionssprecher Michael M. Schwarzer nicht ohne Bewunderung in der Stimme.

Dann begann Yüksel mit einer Herz-Druck-Massage. Die FDP-Abgeordnete Susanne Schneider übernahm die Mund-zu-Nase-Beatmung. Als der Notarzt eintraf, war der Patient schon wieder ansprechbar.

"Ich habe meine Pflicht getan - und gut ist"

Seit 2010 ist Yüksel Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag.
Seit 2010 ist Yüksel Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag.  © DPA

Yüksel sagt, er sei überrascht, wie viel Aufmerksamkeit die Rettungsaktion bekomme. Für ihn als Krankenpfleger sei das jahrelang Routine gewesen.

"Ich habe meine Pflicht getan - und gut ist." Den Dank reiche er weiter an die Beschäftigten im Krankenhaus, die täglich Leben retteten.

Wie man an seinem Namen erkennt, hat Serdar Yüksel einen - wie man so sagt - Migrations-Hintergrund. Seine Eltern sind Kurden aus der Türkei. Der Vater kam 1964 nach Deutschland, seine Mutter 1969. Der Vater, ein Kruppianer, ist früh gestorben. Danach ist die Mutter putzen gegangen, um ihre sieben Kinder durchzubringen.

Von seinen Noten her hätte er eigentlich aufs Gymnasium wechseln können. Aber seine Grundschullehrerin sagte damals zu ihm, da er ja sowieso früher oder später mit seiner Familie in die Türkei zurückgehe, könne er besser die Hauptschule besuchen, anstatt sich mit unnötigem Wissen zu belasten. "Das hat sie noch nicht mal böse gemeint."

Serdar Yüksel hat viele Zuschriften bekommen seit Mittwoch. "Die Leute schreiben mir, dass wir uns gerade in diesen Zeiten trotz der politischen Unterschiede doch mal darauf besinnen sollten, dass wir alle Menschen sind und füreinander einstehen müssen." Und das stimme ja auch.

Damit soll es jetzt aber gut sein. Yüksel will zurück an die Arbeit. Er ist sehr aktiv in der Flüchtlingshilfe und in einem Dutzend Vereinen, darunter im Bochumer Polizeichor.

Und dann ist da natürlich noch seine Partei. "Ich glaube, die Reanimation des Kollegen war einfacher als die Wiederbelebung der SPD." Ja, Serdar Yüksel ist ein Freund deutlicher Worte. Und er hat Humor. Ein Wattenscheider eben.