Pimmel-Alarm in der Sächsischen Schweiz!

Nackte Rebellen: Holger (60, v.l.), Wolfgang (68) und Martin (29) aus Sachsen zeigen ihren
Nacktwanderfreunden aus ganz Deutschland die Berge und Täler der Sächsischen Schweiz
Nackte Rebellen: Holger (60, v.l.), Wolfgang (68) und Martin (29) aus Sachsen zeigen ihren Nacktwanderfreunden aus ganz Deutschland die Berge und Täler der Sächsischen Schweiz  © Holm Helis

Dresden - Nackt durch die Natur streifen, barfuß die Erde spüren, nur auf Tuchfühlung mit Sonne und Wind: Das ist es, was Naturisten suchen.

Doch allein und ohne Kleidung durch die Wälder wandern, das könnte schnell missverstanden werden. Nudisten treffen sich deshalb gern in Gruppen. Jetzt im Sommer ist die Sächsische Schweiz ein beliebtes Ausflugsziel für FKK-Sportler aus ganz Deutschland.

Pimmel-Alarm! Da fallen der Postfrau fast die Briefe aus der Hand. „Dass die hier im Dorf laufen, das ist neu“, sagt sie amüsiert. Otto Hößler (69), Kioskbesitzer an der Ottomühle, sorgt sich stattdessen um seine Kundschaft.

„Man kann ja die Augen schließen“, sagt eine Dame, die gerade bei ihm eine Linsensuppe bestellt hat.

„Ja, aber was ist mit den Kindern. Wenn die nicht hören - und hinschauen“, argumentiert er weiter. Undenkbar, unvorstellbar.

Die nackten
Gipfelstürmer
genießen den
Blick ins
Bielatal.
Die nackten Gipfelstürmer genießen den Blick ins Bielatal.  © Holm Helis

Soeben promenierte eine Gruppe nackter Wanderer durch die heile, zivilisierte Welt der Ottomühle in Rosenthal, ein Ortsteil der 1900-Einwohner-Gemeinde Rosenthal-Bielatal.

So wie Gott sie schuf, splitterfasernackt, ganz ohne Feigenblatt. Einer von ihnen ist Martin Nitsche (29). Hut, Wanderstiefel, sonst alles blanke Haut. Nur eine kurze Hose hat der Dresdner im Rucksack. „Für den Fall der Fälle.“

Im Rahmen der sächsischen Nacktwanderwoche traf sich Martin Nitsche Anfang dieser Woche mit Gleichgesinnten. Noch bis kommenden Mittwoch wollen die Naturisten nackt wandern, Fahrrad und Schlauchboot fahren.

Heute durchqueren sie die Felsenwelten und das Waldgebiet vom Bielagrund.

„Kinder gehen am natürlichsten mit Nacktheit um“, hat Martin Nitsche festgestellt.

Rucksack, Mütze, Schuhe, ganz ohne die Errungenschaften
der Zivilisation geht es doch nicht.
Rucksack, Mütze, Schuhe, ganz ohne die Errungenschaften der Zivilisation geht es doch nicht.  © Holm Helis

„Scham entsteht erst in der Pubertät.“ Meist sind es die Erwachsenen, die ihren Kindern die Augen zuhalten. Mitunter würden die Kleinen aber protestieren. „Einmal wollte ein Junge auch lieber nackt sein als er uns sah“, erzählt er.

Sein Bedürfnis, nackt zu sein, entdeckte Martin Nitsche beim FKK-Baden wieder.

Da er schon immer gern wanderte, wollte er beides miteinander verbinden. Im Internet stieß er schließlich auf die Sächsischen Nacktwanderfreunde.

Der offene Kreis kündigte gerade seine nächste Nacktwanderwoche an. Und Martin Nitsche zog sich aus und lief mit. „Am Anfang schämte ich mich.“ Doch bald legte er den Schalter um.

„Das bin ich. Nehmt mich, wie ich bin“, sagt er heute selbstbewusst.

Be Proud Go
Nude - sei
stolz geh
nackt. Ihr
Lebensmotto
tätowierte sich
Tanja Watermann
(25) auf
die Schulter.
Be Proud Go Nude - sei stolz geh nackt. Ihr Lebensmotto tätowierte sich Tanja Watermann (25) auf die Schulter.  © Holm Helis

Eine ähnliche Einstellung hat Tanja Watermann (25), die jüngste aus der Gruppe.

„Ich erfuhr Nacktheit immer als etwas Natürliches“, erzählt sie. Sobald sie sich auszieht, fällt die Scham ab. „Nackt fühle ich mich freier. Und gesünder.“

Seitdem sie nackt durch die Natur spaziert, war sie nicht mehr erkältet. Der Körper härtet ab, reguliert sich besser. „Kaum schwitzen, weniger frieren, Regen trocknet gleich wieder“, zählt sie die Vorteile auf. Dass sie beim Nacktwandern oft auf ältere Herren trifft, stört sie nicht. „Niemand sucht sich aus, wann er geboren wird.“

Anzüglichkeiten spielen aber kaum eine Rolle. Falls doch, wird der Störenfried von der Gruppe disqualifiziert. Nacktwandern allein ist jedenfalls noch keine Straftat. Aus Sicht von Jana Ulbricht (40) von der Polizeidirektion Dresden könnte jedoch eine Erregung öffentlichen Ärgernisses vorliegen.

„Die müsste aber jemand anzeigen. Die Polizei würde den Einzelfall prüfen.“ Es sei aber ein Unterschied, ob man sich auf der Prager Straße auszieht - oder im Wald. Eins ist jedenfalls sicher: Wo auch immer Nudisten auftauchen, Aufmerksamkeit ist ihnen gewiss.