Wie geschmiert! Ex-Florena-Chef malt jetzt Nackt-Bilder

Künstler für Collagen: Werner Rollow (79) bereitet mit Schere und Pappe sein 
neuestes Werk vor. Auch dabei wird - wie meistens bei ihm - wieder ein Busen die 
Hauptrolle spielen.
Künstler für Collagen: Werner Rollow (79) bereitet mit Schere und Pappe sein neuestes Werk vor. Auch dabei wird - wie meistens bei ihm - wieder ein Busen die Hauptrolle spielen.  © Uwe Meinhold

Waldheim - Er startete als Schaufensterdekorateur, entwarf später die erste Werbestrategie der größten Kosmetikfirma der DDR: Werner Rollow (79) aus Waldheim wurde im Sommer 1966 Werbe-Leiter von Florena - eine Zeit, als nackte Haut in der Reklame noch ein Aufreger war und Strichmännchen die Anzeigen dominierten. Jetzt wird er 80 Jahre alt und erinnert sich noch einmal an die goldenen Jahre der Marke.

Als Rollow 1966 Werbeleiter bei Florena wurde, stand ihm lediglich eine Grafikerin für Verpackungsdesign zur Seite. Seine Sekretärin teilte er sich mit der Geschäftsleitung.

„Unsere Produkte sahen so bunt aus wie die Regale einer Drogerie. Nichts war einheitlich.“ Strichzeichnungen von Püppchen und Märchenfiguren machten in schnödem Schwarz-Weiß-Druck Werbung für Florena.

Rollow entwarf erstmals ein einheitliches Werbekonzept für Seifen, Haut- und Rasiercremes - vom Slogan bis zur grafischen Gestaltung. „Dafür hatte ich ein Jahresbudget von 400.000 Ostmark zur Verfügung“, erinnert er sich.

Ähnlichkeit durchaus beabsichtigt: Florena Creme war Nivea in den Farben der 
DDR.
Ähnlichkeit durchaus beabsichtigt: Florena Creme war Nivea in den Farben der DDR.

Nur die bekannte weiß-blaue Farbgebung der Cremedosen, die an die Westmarke Nivea erinnerte, sollte unangetastet bleiben.

Rollow ersann den Firmen-Slogan „Florena - und Sie fühlen sich wohl in ihrer Haut“, der jahrelang beibehalten wurde. Der gebürtige Naumburger ließ sich zudem von Frauen- und Modezeitschriften aus dem Westen inspirieren.

Er hatte Zugang zum sogenannten „Gift-Kabinett“ der Deutschen Bücherei in Leipzig, wo alle Ausgaben deutschsprachiger Publikationen gesammelt werden.

Rollow erkannte die Zugkraft von Fotos und den Reiz von Frauengesichtern (siehe Kasten links) in der Werbung, ließ erstmals Flyer für Drogerien und die beliebten „Plastebeutel“ in weiß-blauem Florena-Design drucken.

Zudem erhielten die Döschen einen flotteren Schriftzug spendiert. Rollow ließ Kinospots und fünf Reklamefilme für „Tausend Tele Tipps“ produzieren - zwischen 1960 und 1976 der Werbeblock im DDR-Fernsehen.

Arbeitet meist mit Airbrush-Technik: Rollows Karikaturen sind derzeit in 
Waldheim ausgestellt. Sie kommen frivol daher oder sollen Autoritäten lächerlich 
machen - so wie „Vorspiel“ ...
Arbeitet meist mit Airbrush-Technik: Rollows Karikaturen sind derzeit in Waldheim ausgestellt. Sie kommen frivol daher oder sollen Autoritäten lächerlich machen - so wie „Vorspiel“ ...  © Repro Uwe Meinhold

Mit seinen Werbefeldzügen wurden die Waldheimer Pflegeprodukte zur beliebtesten Kosmetikmarke der DDR. Und zur meistverkauften! Eine Aktion war so erfolgreich, dass es zu Lieferengpässen kam.

„Im Waldheimer Werk mussten Sonderschichten eingelegt werden, um alle Bestellungen abarbeiten zu können.“ Nur die Betriebsleitung wollte nicht an den durchschlagenden Werbeerfolg glauben und meinte, der Rekordabsatz liege am Wetter.

„Ich war immer irgendwie in Schranken eingezwängt“, erinnert sich Rollow. Anfang der 1970er-Jahre wurde die Florena-Inlandswerbung zudem eingestellt - aus Kostengründen. 1973 wurde Rollow freischaffender Künstler und Karikaturist.

Seine Markenzeichen: spitze Feder und spitze Frauenbrüste. Seine Cartoons heimsten 17 Karikatur-Preise ein, davon 13 internationale aus Ländern von Belgien bis der Türkei.

Am 7. August wird Rollow 80 Jahre alt. Zu seinem runden Geburtstag ist derzeit im Waldheimer AOK-Bildungszentrum (Massaneier Straße) die Ausstellung „Hosen runter“ mit 140 seiner besten Karikaturen zu sehen.

...und „Staatsakt“.
...und „Staatsakt“.  © Repro Uwe Meinhold
Aufgefrischtes Facelifting: Florena-Produkte kommen heute in 
hellem, modernen Design daher.
Aufgefrischtes Facelifting: Florena-Produkte kommen heute in hellem, modernen Design daher.  © DPA

Aus Waldheim in die Welt

Seit 1920 kommt die Universalcreme aus der weiß-blauen Metalldose unter dem Markennamen Florena auf unsere Haut.

Florena wurde in 31 Länder bis nach Südafrika, Südamerika, die Sowjetunion und USA exportiert.

Bereits nach der Grundsteinlegung 1889 wurden in der Waldheimer Parfümerie- und Toilettenseifenfabrik über 800 Drogerieartikel produziert - von Sommersprossenmilch bis Zahnpasta.

Bis 1970 trug der Waldheimer Standort den Namen VEB Rosodont Werk. Seit 2002 gehört Florena zum Beiersdorf-Konzern, der auch Nivea herstellt.

Botschafterin für glatte Haut: Model Inge Angermann aus Leipzig war jahrelang 
das Werbegesicht für Florenas 
Handcremes.
Botschafterin für glatte Haut: Model Inge Angermann aus Leipzig war jahrelang das Werbegesicht für Florenas Handcremes.  © Repro Uwe Meinhold

Zu viel Haut? Da zürnte die Zensur

Sie war für Generationen Ostdeutscher das Werbegesicht von Florena-Hautpflege: Die blonde Leipzigerin Inge Angermann wurde von Werbeleiter Werner Rollow entdeckt und zum Vorzeigegesicht für cremeglatte Haut aufgebaut.

Sogar Rollows Ehefrau Uta, mit der er inzwischen 58 Jahre verheiratet ist, hatte ein Mitspracherecht. Ohne es zu wissen. Der Werbe-Chef zeigte ihr Fotos möglicher Models für seine geplanten Kampagnen. „Sie fand die blonde Inge am sympathischsten.“ Rollow auch.

Ihren ersten großen Auftritt sollte Inge für eine Anzeige der von Florena übernommenen Parfüm-Marke „Cavalcade“ bekommen. Dafür ließ Rollow das Leipziger Model auf einem Zebrafell neben einer Flakon-Verpackung in Zebramuster räkeln - nackt!

Die ganzseitige Anzeige sollte in der Frauen- und Modezeitschrift „Sibylle“ (Auflage: 200 000 Exemplare) erscheinen. Das scheiterte beinahe zweimal hintereinander.

Zu sexy für die sozialistische Lesart? Die zebragestreifte 
„Cavalcade“-Parfümreklame für die „Sibylle“ war für die SED zu frivol.
Zu sexy für die sozialistische Lesart? Die zebragestreifte „Cavalcade“-Parfümreklame für die „Sibylle“ war für die SED zu frivol.  © Repro Uwe Meinhold

„Erst wurde in einer Dienstbesprechung gemäkelt, die 10 000- DDR-Mark-Anzeige sei viel zu teuer.“ Doch Rollow kämpfte für sein Design. Dann fiel das bereits gedruckte Motiv fast durch die SED-Parteizensur.

„Die gesamte Auflage sollte eingestampft werden. Die Art der Darstellung würde nicht dem sozialistischen Frauenbild entsprechen.“

Doch das Gremium ließ sich umstimmen. Die Auflage wurde doch ausgeliefert.

Am Ende durfte Inge Angermann auch von Florena-Wandkalendern lächeln. Später erschien sogar ihr 5-jähriger Sohn auf Florena-Werbebildern - als Rollow Familienwerbung kreierte.

Kreativer Kopf für Slogans und Kampagnen: Heute interessiert den einstigen 
Werbe-Leiter, der Verpackungen für den Weltmarkt bis nach Jordanien und Syrien 
entwarf, keinerlei Werbung mehr.
Kreativer Kopf für Slogans und Kampagnen: Heute interessiert den einstigen Werbe-Leiter, der Verpackungen für den Weltmarkt bis nach Jordanien und Syrien entwarf, keinerlei Werbung mehr.  © Uwe Meinhold