Mercedes bringt uns Süßes aus Argentinien nach Dresden

Dresden - Die Welt schaut in diesen Monaten auf unsere Stadt. Es heißt, hier herrsche Misstrauen gegenüber Fremden. Doch das stimmt nicht! Mit der Serie „Willkommen in Dresden“ treten wir hier jeden Mittwoch den Beweis an. Diesmal: Mercedes aus Argentinien.

In ihrer Schokolateria „nibs cacao“ bietet Mercdes 13 verschiedene Sorten heißer Schokolade an - und dazu spanisches Gebäck.
In ihrer Schokolateria „nibs cacao“ bietet Mercdes 13 verschiedene Sorten heißer Schokolade an - und dazu spanisches Gebäck.

Von Katrin Koch

Ihre Spezialität: Heiße Schokolade aus Spanien, dazu Churros. Letztere sehen aus wie Wieners Würstchen, sind aber ein spanisches Gebäck. Wer beides versucht, spürt einen Moment lang das Glück - dank Mercedes Moraiz aus Argentinien.

Das eigene Glück der energischen Frau, die so um die 50 pendelt („In Argentinien fragt man eine Frau nicht nach ihrem Alter!“), ist getrübt. „Ich überlege ernsthaft, in meine Heimat zurück zu kehren.“ Dabei wohnt Mercedes seit 24 Jahren in Deutschland, seit 20 Jahren in der Dresdner Neustadt.

Vieles hat sie mit Kraft bewältigt:

Die Trennung von ihrem ersten Mann, für den sie ihre Heimat verließ. Die Schließung der privaten Berufsschule in Dresden, an der Mercedes als Spanischlehrerin unterrichtete.

Im Sommer gibt’s natürlich auch Eis - Mercedes und ihr Freund Carlos lassen es sich schmecken.
Im Sommer gibt’s natürlich auch Eis - Mercedes und ihr Freund Carlos lassen es sich schmecken.

Sie hat sich eine neue Existenz aufgebaut: Im Januar 2013 eröffnete sie auf der Kamenzer Straße ihr Schokoladen-Cafe „nibs“ (täglich 13-19 Uhr) - eine Oase für die Seele. Für viele, für alle, besonders für Familien mit Kindern!

Doch die Stimmung in Dresden bereitet Mercedes Sorgen.

„Früher war man als Ausländer in der Neustadt sicher. Das ist anders geworden. Ich wurde schon beschimpft, mir wurde auf die Füße gespuckt. Es ist schwer, sich hier zu Hause zu fühlen. Man bleibt immer Ausländer“, bedauert Mercedes.

Dabei sieht man ihr den Ausländer noch nicht einmal an. Mercedes ist eine Frau mit heller Haut, blond gesträhnten Haaren, mit der Grandezza südländischer Damen. Sie spricht Deutsch fast so perfekt wie Spanisch, denkt über Nationalitäten hinweg.

„Mein Vater kommt aus dem Baskenland, meine Großeltern waren Italiener. Die Familie wanderte Ende der 30er-Jahre nach Argentinien aus.“ Mit ihnen viele Deutsche. „In Argentinien gibt es heute mehrere große deutsch Kolonien.“

Besonders Familien mit Kindern kommen gern zu Mercedes ins Cafe. Für die Kleinen gibt es sogar ein Spielzimmer.
Besonders Familien mit Kindern kommen gern zu Mercedes ins Cafe. Für die Kleinen gibt es sogar ein Spielzimmer.

Vor zwei Jahren war Mercedes das letzte Mal in ihrer für schmackhafte Rinder bekannten Heimat. „Momentan können wir uns keinen Urlaub leisten.“ Mercedes und ihr kolumbianischer Freund Carlos teilen die Sorgen viele deutscher Kleinunternehmer: Der Umsatz wird von Miete, Steuer, Versicherung und Sozialabgaben aufgefressen.

„Aber ich liebe Schokolade, und deshalb mache ich weiter, auch wenn nicht viel in der Kasse übrig bleibt.“

Geld ist für Mercedes längst nicht alles, sie engagiert sich im Dresdner Verein „Asociación Cultural Iberoamericana“.

Es ist ihr Versuch, die kulturelle Vielfalt zu erhalten. Eben das, was ihr an der Neustadt so gefallen hat: „Die vielen verschiedenen Menschen auf den Straßen, die auch nachts noch unterwegs sind. Sich unterhalten, Musik hören, gemeinsam essen gehen, in Bars und Kneipen etwas trinken.

Es wäre schade, wenn Mercedes aus diesem bunten Mosaik verschwinden würde.

25. Interkulturelle Tage

Natürlich gibt es bei mir auch Kaffee“, lacht Mercedes. Oder auch Tee - aber immer köstlich!
Natürlich gibt es bei mir auch Kaffee“, lacht Mercedes. Oder auch Tee - aber immer köstlich!

Die interkulturellen Tage finden in diesem Jahr vom 20. September bis 4. Oktober in Dresden statt.

Der Verein Asociación Cultural Iberoamerica, in dem sich Mercedes engagiert, beteiligt sich mit zwei Veranstaltungen:

  • Am 25. September (21 Uhr, Bischofsweg 74) laden die Filmemacher Dario Azzellini und Oliver Ressler zu einer Gesprächsrunde über Venezuela ein.
  • Am 30. September (20 Uhr, Schauburg) zeigen audiovisuelle Kunstinstallationen die Lebensgeschichten lateinamerikanischer Einwanderer.
  • Das gesamte Programm online unter www.dresden.de/interkulturelletage.

Verliebt in die Adventszeit

Mercedes Moraiz liebt das bunte Treiben der Neustadt. Auf der Bank im Alaunpark liest sie gern spanische Zeitschriften.
Mercedes Moraiz liebt das bunte Treiben der Neustadt. Auf der Bank im Alaunpark liest sie gern spanische Zeitschriften.

Weihnachten in Dresden - das ist etwas ganz besonderes für Mercedes. „Bei uns in Argentinien ist im Dezember Sommer. Wir feiern zwar Weihnachten auch in der Kirche, mit geschmücktem Baum und Krippe, aber ohne Schnee und Gänsebraten.“

In Argentinien kommen an den Festtagen kalte Speisen auf die Tafel: Salate, Fleisch, Obst.

„Hier in Dresden die Weihnachtsmärkte zu erleben, die dekorierten Schaufenster, die Lichterketten, dazu heißen Glühwein und Schnee. Das ist wunderschön“, schwärmt Mercedes.

„Meine Schwester ist deshalb im vergangenen Jahr extra zu mir geflogen. Sie wollte einmal Weihnachten in Dresden erleben.“

Fotos: Steffen Füssel