So versuchen Reichsbürger, Sachsens Justiz lahmzulegen

Renitenter Reichsbürger am Amtsgericht Meißen - oftmals werden sie auch 
aggressiv, gehen Richter oder Justizbedienstete an.
Renitenter Reichsbürger am Amtsgericht Meißen - oftmals werden sie auch aggressiv, gehen Richter oder Justizbedienstete an.  © Christian Suhrbier

Zwickau/Dresden- Sachsens Justiz muss sich zunehmend mit Reichsbürgern rumschlagen. Mit ellenlangen Schreiben und zähen Verhandlungen versuchen sie, Gerichte und Staatsanwaltschaften auszubremsen.

„Seit 2016 hat das deutlich zugenommen“, so der Leipziger Amtsrichter Stefan Blaschke (54). Bei Sachsens Staatsanwaltschaften sind seit März dieses Jahres 360 Ermittlungsverfahren gegen etwa 160 „Reichsbürger“ eingegangen, so das Justizministerium.

„Reichsbürger“ erkennen die BRD und ihre Gesetze nicht an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Sozialleistungen nehmen sie dagegen in der Regel gerne an.

Jüngst wurde eine Reichsbürgerin in Zwickau verurteilt. Diese hatte gegen eine Gerichtsvollzieherin und eine Rechtspflegerin Schadensersatzforderungen von über 190 Millionen Euro geltend gemacht.

„Aber wenn sich die Justiz nicht einschüchtern lässt - und die weicht nicht zurück -, dann wird es irgendwann teuer für die Angeklagten“, so Amtsgerichtsdirektorin Eva-Maria Ast (53).

Reichsbürgerin Birgit F. setzte mit der „Malta-Masche“ Bedienstete unter 
Druck. Sie wurde in Zwickau verurteilt.
Reichsbürgerin Birgit F. setzte mit der „Malta-Masche“ Bedienstete unter Druck. Sie wurde in Zwickau verurteilt.

Jedes Schreiben müsse durchgeackert werden, so Richter Blaschke. Szenekenner und Rechtspfleger Oliver Gottwald spricht von „Papierterrorismus“: „Aus zehn Seiten wegen einer Ordnungswidrigkeit werden bei einem ‚Reichsbürger‘ schnell weit über 100, und das alles muss gelesen werden.“

Jahrelang seien diese Menschen als Spinner abgetan worden, so Gottwald. Dies habe sich mit den tödlichen Schüssen auf einen Polizisten in Bayern schlagartig geändert. „Heute geht kein Gerichtsvollzieher mehr ohne Polizei zu einem Reichsbürger.“

Ministerpräsident Stanislaw Tillich (58, CDU) hatte eingeräumt, dass viel zu lasch mit Reichsbürgern umgegangen wurde. Laut Verfassungsschutz gibt es im Freistaat aktuell 718 Reichsbürger.

In Sachsen werden nun ihre Waffenscheine überprüft. Sie sollen grundsätzlich als waffenrechtlich unzulässig eingestuft werden.

Reichsbürger statten sich gerne mit eigenen Papieren aus - sie sind freilich 
nichts wert.
Reichsbürger statten sich gerne mit eigenen Papieren aus - sie sind freilich nichts wert.  © DPA

Titelfoto: Christian Suhrbier