Heißer Herbst auf Sachsens Wohnungsmarkt: Hier fehlt der Wohnraum, dort droht Leerstand
Dresden - Sachsens Wohnungsmarkt kennzeichnen extreme Gegensätze. Im ländlichen Raum stehen in allen Preislagen Wohnungen in Größenordnungen leer. In Dresden, Leipzig und Schkeuditz ist Wohnraum hingegen Mangelware. Kommunen, Baubranche und Großvermieter fordern staatliche Hilfen, um abreißen, neu bauen oder modernisieren zu können. Lest hier, warum dem Freistaat 2025 ein heißer Herbst auf dem Wohnungsmarkt bevorsteht.

Die WGR Riesa, die WbG Plauen, die Wohnungsgesellschaft und die Genossenschaft LebensRäume in Hoyerswerda - sie tun es bereits: Sie heben 2025 die Mietpreise in ihrem Bestand an. Weitere Großvermieter haben angekündigt, ihrem Beispiel in den kommenden Wochen und Monaten zu folgen.
Warum ziehen gerade jetzt die Mieten an? Die sozial engagierten Wohnungsvermieter (Genossenschaften, kommunale Vermieter) haben über Jahre aus "Scheu" die Mieten niedrig gelassen und nicht angefasst.
"Wir brauchen ein neues Verständnis dafür, dass Wohnen auch kostet", sagt deshalb jetzt Mirjam Philipp (58) vom Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften.
Die jahrelange Zurückhaltung führte dazu, dass die Finanzrücklagen dieser Vermieter sehr schmal sind.



Unternehmen kämpfen um staatliche Fördermittel

Zu schmal, um jetzt die laufenden (gestiegenen) Kosten zu bezahlen und die zweite Sanierungswelle 35 Jahre nach dem Mauerfall zu finanzieren. Die Vermieter im ländlichen Raum belastet zudem ein massenhafter Leerstand. Phillip: "Dieser Leerstand kostet uns pro Jahr 103 Millionen Euro."
Die Großvermieter stehen finanziell massiv unter Druck. Es gibt erste Pleiten und eilige Fusionen, um das Schlimmste zu verhindern.
Die Unternehmen kämpfen um staatliche Fördermittel für Modernisierungen, Neubauten und Abriss.
Mirjam Philipp (58): "Angesichts der enormen Preissteigerungen auf dem Bau sind wir sonst kaum in der Lage, den Bestand zu sanieren und neuen Wohnraum zu schaffen, dort wo er dringend gebraucht wird."
Niedrigste Eigentumsquote

Sachsen hat im Vergleich der deutschen Flächenländer die niedrigste Wohneigentumsquote mit 34 Prozent (Spitzenreiter Saarland: 58,6 Prozent). Beim Vergleich der Regionen rangiert Leipzig am Ende mit einer Eigentumsquote von 13 Prozent.
Studien mahnen in diesem Zusammenhang vor wachsender Altersarmut. Eine höhere Wohneigentumsquote könnte da präventiv wirken. Dem steht entgegen, dass die aktuellen Immobilien- und Baupreise Normalverdienern kaum eine Chance geben, ihren Traum vom eigenen Heim zu verwirklichen.
Sachsen stellt für die Wohneigentumsförderung 35 Millionen Euro (2025) und 55 Millionen Euro (2026) bereit. Bau-Ministerin Regina Kraushaar (61, CDU) kündigte an, dass die Förderrichtlinie Familienwohnen vereinfacht und u.a. für gemeinschaftliche Wohnprojekte geöffnet wird.
Für die Wohnraumanpassung stehen bis zu sechs Millionen Euro in diesem und acht Millionen Euro im nächsten Jahr zur Verfügung. Die Richtlinie wird derzeit überarbeitet und soll zum 1. Januar 2026 in neuer Form in Kraft treten.
Zahlen und Fakten

- 2,356 Mio. Wohnungen in rund 835.000 Wohngebäuden zählte man im Dezember 2024 in Sachsen. Etwa 8,5 Prozent der Wohnungen standen leer.
- 51 Prozent der Wohngebäude sind vor 1949 errichtet worden. Der Bundesdurchschnitt liegt um 26 Prozent.
- Zwei Drittel aller Wohnungen in Sachsen befinden sich im Eigentum von Privatpersonen, Wohnungseigentümergemeinschaften und nicht institutionalisierten Anbietern, 10,1 Prozent aller Wohnungen sind Eigentum kommunaler Wohnungsgesellschaften und 13,4 Prozent genossenschaftlicher Wohnungsgesellschaften.
- 67 Prozent der Wohnungen werden mit fossilen Energieträgern (Gas, Heizöl, Kohle, Holz) beheizt. Bundesweit liegt dieser Durchschnitt bei 79 Prozent. Mit Fernwärme werden in Sachsen 28 Prozent der Wohnungen beheizt.
- Knapp 74.000 sächsische Haushalte erhalten Wohngeld.
Nebenkosten-Schock wegen Energiepreisen

Habt Ihr von Eurem Vermieter schon die Nebenkostenabrechnung für 2024 erhalten? Falls nicht - wappnet Euch. Höchstwahrscheinlich habt Ihr eine saftige Nachzahlung zu leisten.
"Vor allem die stark gestiegenen Energiepreise für Heizung und Warmwasser treiben die Nebenkostenabrechnungen in diesem Jahr in die Höhe", sagt Thomas Griebel (60), Leiter des Beratungszentrums der Verbraucherzentrale Sachsen in Leipzig.
Die sogenannten Energiepreisbremsen greifen seit Januar 2024 nicht mehr. Zudem werden höhere CO₂-Abgaben fällig. Der Preis liegt nun bei 45 Euro pro Tonne (2023: 30 Euro). Ab 2025 steigt er weiter auf 55 Euro. Außerdem wurde die Mehrwertsteuer auf Gas wieder auf den regulären Satz von 19 Prozent angehoben.
Zusätzliche Kostenfallen stellen Fernwärme und alte Heizsysteme dar. Fernwärme-Kunden sind häufig Monopolen ausgeliefert und können nicht den Anbieter wechseln.
"Ohne Preisdeckel bleiben Betroffene diesen Kostensteigerungen schutzlos ausgeliefert", so Griebel. In alten Gebäuden können ungedämmte Heizungsrohre Probleme machen: Oft wird nur ein Bruchteil des tatsächlichen Verbrauchs korrekt erfasst.
Die Energieberatung der Verbraucherzentrale hilft mit Rat und Tat. Termine können online oder telefonisch unter 0341/6962929 in ganz Sachsen vereinbart werden.
Titelfoto: Bildmontage: Norbert Neumann, Thomas Türpe