Sachsens Parteichefs: Sie geben den Ideen ein Gesicht
Dresden - Sie geben den Ton an und die Richtung vor. Sie halten den Laden zusammen, wenn der in die Luft zu fliegen droht. Sie bekommen Beifall und Blumen, wenn alles prima läuft. Ist die Karre in den Dreck gerutscht, müssen sie sie wieder herausziehen und öffentlich Belehrungen ertragen. Die Rede ist von den Bossen der Parteien. Lernt hier die neue Doppelspitze der Grünen kennen und erfahrt, wer bei der politischen Konkurrenz Verantwortung trägt beziehungsweise bald abgibt.
Alles in Kürze
- Sabine Zimmermann gibt BSW-Vorsitz ab.
- Die Linke setzt auf Doppelspitze.
- Michael Kretschmer führt die CDU.
- SPD-Sachsen hat 4540 Mitglieder.
- Grüne setzen auf Coretta Storz und Martin Helbig.
BSW

Sabine Zimmermann (64) hat ihren Rückzug als BSW-Landesvorsitzende angekündigt. Beim Landesparteitag am 13. September in Bautzen kandidiert sie nicht mehr für das Amt.
"Es war von Anfang an geplant, dass ich das Amt nur eine begrenzte Zeit innehabe", erklärte die Vorsitzende der BSW-Landtagsfraktion. Jörg Scheibe (63) und Ronny Kupke (48) stehen dagegen bereit, möchten als Doppelspitze das Bündnis Sahra Wagenknecht in Sachsen zukünftig führen.
Parteiintern diskutiert man, ob es eine Trennung von Amt und Mandat geben soll. Zudem wurden Stimmen laut, die gern auch den Posten eines Generalsekretärs etablieren möchten.
Das BSW hat im Freistaat nur knapp 200 Mitglieder.

Die Linke

Sachsens Linke setzen seit Juni auf die Doppelspitze Anja Eichhorn (39) aus Dresden und Marco Böhme (35) aus Leipzig.
Zumindest der neue Landesvorsitzende Böhme ist Politik-Beobachtern gut bekannt. Der Aktivist war von 2014 bis 2024 Landtagsabgeordneter.
Die studierte Kunsthistorikerin Eichhorn war langjährige Mitarbeiterin der Europaabgeordneten Cornelia Ernst.
Die Linken konnten zuletzt ihre Mitgliederzahl binnen sechs Jahren verdoppeln auf zuletzt rund 11.000.
CDU

Michael Kretschmer (50) wurde auf dem 32. Landesparteitag im Dezember 2017 erstmals zum Landesvorsitzenden der Sächsischen Union und kurz darauf zum Ministerpräsidenten gewählt.
Als CDU-Chef repräsentiert und vertritt er die Union nach außen.
Ihm zur Seite steht seit November 2024 Tom Unger (39) als (kommissarischer) Generalsekretär.
Der Landtagsabgeordnete ist zuständig für die parteiinterne Organisation und Koordination von Gremien, Vereinigungen, Sonderorganisationen.

SPD

Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Michel (62) aus Kamenz und der Landtagsabgeordnete Henning Homann (45) aus Döbeln sind nach 2021 und 2023 im Juni 2025 zum dritten Mal zu Vorsitzenden der SPD Sachsen gewählt worden.
Die beiden möchten als Doppelspitze "Brücken bauen" – zwischen Ost und West, Stadt und Land, Jung und Alt.
Gegenwärtig besitzt die Sachsen-SPD 4540 Mitglieder
AfD

Jörg Urban (60) ist seit Februar 2018 Vorsitzender der AfD Sachsen.
Als Generalsekretär steht ihm Jan-Oliver Zwerg zur Seite.
Beide sind ein eingespieltes Team. Im Landtag steht Urban der Fraktion vor. Zwerg hat das Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers inne.
Die Blauen zählen in Sachsen seit Ende des vergangenen Monats etwa 4000 Mitglieder.

Grüne mit neuem Führungs-Duo

Ende der Schonfrist! Seit gut 100 Tagen sind Coretta Storz und Martin Helbig als neue grüne Doppelspitze in Sachsen im Amt.
Die Chemnitzerin und der Dresdner übernahmen das Steuer in schweren Zeiten. Lediglich 5,1 Prozent der Stimmen holte ihre Partei 2024 bei der Landtagswahl. Die Grünen gehören nicht mehr der Regierung an und ihre Umfragewerte befinden sich im Keller.
"Wir haben das Ergebnis der Wahlen und die Lage intern analysiert und intensiv diskutiert. Wir wurden von anderen attackiert und stigmatisiert. Unser Blick ist jetzt nach vorn gerichtet", sagt Coretta Storz verantwortungsbewusst.
Die verheiratete Mutter von drei Teenagern arbeitete als Dozentin (Schwerpunkt: Deutsch als Fremdsprache), bevor sie die Vollzeit-Stelle als Landesvorsitzende antrat.

Ihr Co-Partner an der Parteispitze, Martin Helbig, unterrichtete als Lehrer Grundschüler. "Mein Traumjob", sagt er. Der Wechsel in die Landesgeschäftsstelle fiel dem Stadtbezirksbeirat deshalb nicht leicht. Helbig hat aber klare Ziele: "Wir wollen als Partei gestalten und zurück in die Regierung. Mit 5,1 Prozent geben wir uns nicht zufrieden."
Storz und Helbig bezeichnen ihre Zusammenarbeit nach einer intensiven Kennlernphase "als traumhaft". Beide brennen für Themen wie Klimaschutz, Feminismus, queere Akzeptanz, soziale Gerechtigkeit und besonders die Bildungspolitik.
Der Schutz der Demokratie und der Kampf gegen die Armut von Kindern und Rentnern zählt zu ihren wichtigsten Anliegen, sagen sie. Der gebürtige Radebeuler: "Ich weiß, wie sich Armut anfühlt. Das treibt mich um." Die gebürtige Thüringerin: "Wir wollen, dass sich jeder Mensch in Sachsen wohlfühlt."
Ihr erklärtes Ziel als Vorsitzende ist es, Vertrauen zurückzugewinnen - vor allem im ländlichen Raum und bei jungen Menschen, die sich von der Politik abgewendet haben. Sie setzen dabei auf Mitmach-Formate und Gespräche, die etwa bei Müllsammelaktionen, Vorträgen oder zum Beispiel einem feministischen Kneipenquiz zustande kommen. Helbig: "Wir wollen Politik im Ehrenamt mehr unterstützen und so sichtbarer werden."
Das Polit-Paar wünscht sich, dass die Grünen wieder als demokratische Macherpartei wahrgenommen werden. "Wenn man uns als Hauptfeind der AfD wahrnimmt, weil wir für eine offene und tolerante Gesellschaft stehen, ist uns das ausgesprochen recht", lacht Coretta Storz.
Titelfoto: Montage: Sebastian Kahnert/dpa, picture alliance/dpa, Hannes P Albert/dpa, Sebastian Kahnert/dpa, IMAGO/Mauersberger, Holm Helis