Urzeit, Antike und Mittelalter: Mütter hatten es selten einfach

Die Lebensentwürfe von Müttern sind heutzutage so verschieden wie zu keiner anderen Zeit in der Geschichte. Sie arbeiten in Vollzeit, Teilzeit, sind selbstständig, Jetsetter, von Beruf Hausfrau, alleinerziehend oder leben in einer Patchworkfamilie - nur einige Beispiele. Sie alle lassen wir zum heutigen Muttertag hochleben und werfen einen Blick zurück in die Geschichte. Denn nicht immer hatten Mütter so viele Freiheiten, aber auch Verpflichtungen. Das Mutterbild im Wandel der Jahrtausende.

Urzeit

In der Urzeit ging es für Mütter ums nackte Überleben.
In der Urzeit ging es für Mütter ums nackte Überleben.  © IMAGO/Heritage Images

Wir wissen nicht genau, wie es bei den Urmenschen um das Mutterdasein bestellt war.

Sicher nicht einfach. Doch es wird vermutet, auch anhand von archäologischen Funden, dass die Menschen früher ähnlich wie viele Naturvölker heute noch lebten - nämlich in einer Gemeinschaft.

Familienstrukturen, wie wir sie kennen, gab es noch nicht. Vielmehr meisterten alle gemeinsam den Alltag. Und so war die Kinderbetreuung (und auch das Stillen) wahrscheinlich eine Sache der ganzen Gruppe.

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Dies hatte einen großen Vorteil: Starb die Mutter - und Gefahren lauerten damals überall -, war sofort Ersatz fürs Kind da.

Zudem hatten Mütter andere überlebenswichtige Aufgaben zu erfüllen, wie jagen, Nahrung sammeln und Werkzeuge oder Kleidung herstellen.

Antike

Die antike Skulptur erinnert sehr an den Marienkult, der im Hochmittelalter aufkam. Doch ob Antike oder Mittelalter: In beiden Epochen hatten es Mütter schwer.
Die antike Skulptur erinnert sehr an den Marienkult, der im Hochmittelalter aufkam. Doch ob Antike oder Mittelalter: In beiden Epochen hatten es Mütter schwer.  © Imago

Das Aufkommen von Schrift läutete das Altertum ein und mit ihm die griechische und römische Antike, die vor allem durch patriarchalische Machtstrukturen geprägt war. Heißt: Frauen hatten wenig zu melden.

Deshalb bekamen sie, wenn überhaupt, meist nur eine niedrige Schulausbildung. Und mit zwölf Jahren war ihre Kindheit eh vorbei. Dann wurden sie verheiratet, meist an ältere Männer. Ihre Aufgabe: Kinder kriegen und zwar möglichst viele (Söhne). Denn die Kindersterblichkeit war hoch.

Nicht selten entschied dann der Vater über Leben und Tod der Kinder. War eines unerwünscht - oft Mädchen - durfte es weggegeben, ausgesetzt, getötet oder an Sklavenhändler verkauft werden.

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Aufgabe der Mutter war, sofern sie die Geburt überlebte, die Haushaltsführung und in den ersten Jahren die Kindererziehung. Arme Mütter mussten zudem arbeiten, um die hungrigen Mäuler zu stopfen.

Mittelalter

Im Mittelalter erreichte nicht mal jedes zweite Kind überhaupt das 14. Lebensjahr.
Im Mittelalter erreichte nicht mal jedes zweite Kind überhaupt das 14. Lebensjahr.  © imago images/Everett Collection

Auch im Mittelalter änderte sich an der Situation für Mütter wenig. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Kinder zu gebären. Erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts setzte mit dem Marienkult ein Umdenken ein.

So wurde die aufopferungsvoll liebende Mutter zum Ideal. Doch die Realität sah anders aus. Nach wie vor war die Kindersterblichkeit sehr hoch. Quasi jedes zweite Kind starb. Und auch viele Mütter überlebten die Geburt nicht. Wer arm war, hatte ums Überleben zu kämpfen. Verwahrloste, vernachlässigte oder allein gelassene Kinder waren keine Seltenheit.

Für Mutterliebe und großes Tamtam um die Kindererziehung blieb keine Zeit.

Vielmehr mussten Kinder schon früh mitarbeiten oder wurden jung verheiratet.

Frühe Neuzeit

Königin Luise (1776-1810) verkörperte das Ideal der liebenden Mutter.
Königin Luise (1776-1810) verkörperte das Ideal der liebenden Mutter.  © imago stock&people

Erst im 18. Jahrhundert vollzog sich ein großer Wandel, initiiert vom Philosophen und Pädagogen Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), der 1762 in seinem Roman "Emile oder über die Erziehung" die enge Mutter-Kind-Bindung als ein Muss postulierte.

In Deutschland verfestigte vor allem Königin Luise von Preußen (1776-1810) dieses neue Mutterbild. So führte sie nicht nur eine Liebesehe, sondern kümmerte sich - völlig unüblich in Adels- und Königshäusern dieser Zeit - höchstselbst um ihre Kinder und wurde damit zum Ideal der bürgerlichen Kleinfamilie.

Der Vater wurde so zum Alleinversorger, während die Mutter für ein gemütliches Heim sorgen und die Kindererziehung übernehmen sollte.

Dies spitzte sich noch weiter zu, als Ende des 19. Jahrhunderts eine Strömung der Frauenbewegung die Mutterschaft als höchste Erfüllung der Weiblichkeit und den Beruf der Mutter und Hausfrau anpries.

20. Jahrhundert

Gemeinsamer Badeausflug: Im Westen Deutschlands hatten Mütter viel Zeit für ihre Kinder.
Gemeinsamer Badeausflug: Im Westen Deutschlands hatten Mütter viel Zeit für ihre Kinder.  © picture alliance/ZB

Im Nationalsozialismus wurde der Mutterkult auf eine neue Ebene gehoben. So wurden Frauen nun von Staats wegen auf ihre Mutterrolle beschränkt.

Sie sollten möglichst viele arische Kinder gebären und wurden dafür auch vom Staat belohnt - in Form von finanzieller Förderung und der Verleihung des Mutterkreuzes. Als Nebeneffekt wurden Mütter aus dem Arbeitsmarkt gedrängt, was die Arbeitslosenzahlen senkte.

Doch spätestens mit Beginn des Krieges war der Mutterkult begraben. Frauen arbeiteten nun in Fabriken und kämpften um das Überleben ihrer Familien.

Nach der Teilung Deutschlands entwickelte sich das Mutterbild in BRD und DDR unterschiedlich. Im Westen sollten sich Frauen ab den 1950er-Jahren auf ihre Rolle als Mutter und Hausfrau konzentrieren und in der Kindererziehung ihre Erfüllung finden.

In den 1970er- und 80er-Jahren ging dies dann in das sogenannte Drei-Phasen-Modell über, bei dem Frauen vor und nach der Mutterschaft arbeiten gehen konnten. Bis in die Siebziger hinein mussten dies nämlich die Ehemänner den Frauen erlauben. In der DDR hingegen zeigte sich das Gegenteil: Hier wurde die Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft gefördert.

So wurden Mütter als Arbeitskräfte dringend gebraucht. Frauen, die lieber "nur" Hausfrau und Mutter sein wollten, galten als Schmarotzer. So waren Mütter in der DDR erstmals im Zwiespalt: Sie sollten gute Mütter sein, aber auch gute Arbeiter, gute Ehefrauen und gute Haushälterinnen und natürlich gute Gesellschaftsmitglieder. Quasi Supermütter!

Kommentar zum Muttertag: Gut ist gut genug

Von Antje Ullrich

Liebe Mütter, heute ist unser Tag! Lassen wir uns feiern! Doch ehrlich: Eigentlich müssten wir uns jeden Tag feiern, bei dem, was wir täglich schultern müssen. "Mental Load" nennt man das heute übrigens. Also alles, was wir als Mütter so ganz nebenbei machen müssen und was uns quasi langsam in den Wahnsinn treibt. Und als wäre das nicht genug, machen wir uns auch noch gegenseitig das Leben schwer.

Danke, liebe Übermamas und Supermuttis! Aber Butter bei die Fische: Niemand ist perfekt! Auch nicht wir Mütter! Also feiern wir unsere Fehler, unsere Ecken und Kanten, und lösen wir uns von Ansprüchen, denen wir eh nicht gerecht werden können.

Titelfoto: Bildmontage: imago stock&people, imago, IMAGO/Heritage Images

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