Nach 75 Jahren: So inspiriert Anne Frank Jugendliche auch heute noch

Frankfurt/Main - Auch 75 Jahre nach der Erstveröffentlichung ihres Tagebuchs ist Anne Frank nach Einschätzung des Leiters der Anne Frank Bildungsstätte in Frankfurt eine Identifikationsfigur für junge Menschen.

Im Frühjahr 1945 wurde Anne Frank im KZ Bergen-Belsen umgebracht. Sie war damals 15 Jahre alt.
Im Frühjahr 1945 wurde Anne Frank im KZ Bergen-Belsen umgebracht. Sie war damals 15 Jahre alt.  © dpa/ANP

"Anne Franks Kampfgeist und die humanistische Botschaft ihres Tagebuchs inspirieren Kinder und Jugendliche, die sich gegen Ausgrenzung und Diskriminierung empören genauso wie Erwachsene, die dem erstarkenden Rechtspopulismus etwas entgegensetzen wollen", sagte Meron Mendel, der Direktor der Bildungsstätte, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Auch die Fridays-for-Future-Bewegung, die ihr Engagement für Klima- und Umweltschutz mit Fragen nach Gerechtigkeit verbinde, sei durchaus vom Geist der Tagebücher inspiriert.

Zudem hole die Form des Tagebuchschreibens und Dokumentieren des Erlebten Jugendliche ab, sagte Mendel. "Das betrifft nicht nur die 'Generation Selfie': Jede Generation findet einen neuen Zugang in der Auseinandersetzung mit Anne Franks Tagebuch – sei es in der Comic-Ausgabe, im Film oder auf Instagram und TikTok."

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Der Teenager Anne Frank biete auch heute noch ein enormes Identifikationspotential und einen Zugang für die Auseinandersetzung mit Konflikten der Gegenwart.

Anne Frank starb noch vor ihrem 16. Geburtstag, ihr Tagebuch machte sie unsterblich

Eine Kopie von Anne Franks Tagebuch liegt in der Ausstellung "Alles über Anne" im Anne Frank Zentrum in Berlin.
Eine Kopie von Anne Franks Tagebuch liegt in der Ausstellung "Alles über Anne" im Anne Frank Zentrum in Berlin.  © dpa/Insa Kohler

"In ihrem Tagebuch beschäftigt sie sich mit Antisemitismus und verschiedenen Formen der Ausgrenzung, mit Fragen nach Krieg und Frieden, nach einer besseren Welt, mit Menschenrechten und Demokratie", begründete Mendel.

Anne Frank war fast 15 Jahre alt, als sie im Versteck der untergetauchten Familie in einem Amsterdamer Hinterhaus in ihrem rot karierten Tagebuch notierte: "Werde ich jemals etwas Großes schreiben können, werde ich jemals Journalistin und Schriftstellerin werden?"

Sie wolle nicht so werden wie ihre Mutter und andere Frauen, die ganz für Ehemann und Familie lebten, die eigene Interessen und Ambitionen aufgäben. "Ich will nicht umsonst gelebt haben wie die meisten Menschen."

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Anne Frank konnte nicht ahnen, dass sie ihren 16. Geburtstag nicht erleben würde - und dass sie mit ihrem Tagebuch unsterblich werden würde. Sie starb 1945 wenige Monate vor Kriegsende im KZ Bergen-Belsen.

Am 25. Juni 1947 erschien in den Niederlanden die erste, bearbeitete Fassung ihres Tagebuchs unter dem Titel "Het Achterhuis" (Das Hinterhaus), 1950 folgten die französische und deutsche Übersetzung, 1952 die englischsprachigen Ausgaben in Großbritannien und den USA.

Generationen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland verbinden das Tagebuch vermutlich mit der beim Frankfurter Fischer Verlag 1955 erstmals erschienenen Taschenbuchausgabe, die sie meist in der neunten oder zehnten Klasse gelesen haben.

Seit damals wurden mehr als 4,6 Millionen Exemplare allein der Taschenbuchausgabe verkauft. "Das ist ein wirklich wahnsinnig erfolgreiches Buch, das sogar regelmäßig in Bestseller-Listen auftaucht und zu den sogenannten Longsellern des Verlags gehört", sagt Alexander Roesler, Programmleiter Sachbuch der Fischer Verlage.

Soeben ist eine Jubiläumsausgabe erschienen, deren Cover an das Original-Tagebuch erinnert.

Titelfoto: Bild-Montage: dpa/ANP, dpa/Insa Kohler

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