Okkult-Rocker Ghost geben bei Berlin-Konzert alles: Der Papst ist tot, es lebe Papa V Perpetua

Berlin - Habemus Satanam! Während sich der Vatikan in Rom zum Konklave abschottet, empfing das Publikum die schwedischen Okkult-Rocker Ghost mit Papa V Perpetua am Mikro beim Konzert am 7. Mai in der Berliner Uber Arena mit offenen Armen. TAG4 war dabei.

Die Ghost-Konzerte sind strikt handyfrei, was auch für Journalisten gilt.
Die Ghost-Konzerte sind strikt handyfrei, was auch für Journalisten gilt.  © Mikael Eriksson/Head Of PR/dpa

Bei Papa V Perpetua handelt es sich um die mittlerweile fünfte Inkarnation eines singenden Papstes von Tobias Forge (44), stets maskierter Frontmann und Mastermind des Hardrock-Phänomens Ghost, der anlässlich des neuen Albums "Skeletá" gesalbt wurde. Der mittlerweile sechste Langspieler schoss direkt auf Platz eins der deutschen Albumcharts.

Wer Fotos oder Videos von der düsteren Papst-Persiflage und seinen Nameless Ghouls machen will, schaut in die Röhre. Auf der gesamten Welttour herrscht striktes Handyverbot. Smartphones und dergleichen landen beim Einlass in Hüllen, die mit einem Magnet-Pin ähnlich dem Diebstahlschutz in einem Bekleidungsgeschäft verschlossen werden. Forge wolle damit Fans und Band "ein ungestörtes Konzerterlebnis" garantieren.

17.000 Besucher passen in die nahezu ausverkaufte Halle am Ostbahnhof. Karten gab es nur noch in der hochpreisigen Kategorie. Die Jünger erschienen zahlreich, darunter auch einige in Nonnen-Kostümen oder mit Totenkopf-Gesichtsbemalung in typischer Ghost-Optik. Das Publikum war bunt gemischt: alt, jung, Kuttenträger, Normies.

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Gegen 20.15 Uhr begann das Konzert ohne Support. Den Auftakt machte "Peacefield". "Berlin, seid ihr bereit?", fragte Forge, der über die Bühne peste und schwebte, an das Publikum gerichtet. Die Antwort: Getöse, Geklatsche, Pommesgabeln, Arme, die gen Himmel gereckt waren. Flankiert wurde er von seinen ebenfalls souveränen Bandkollegen, die voller unbändiger Spielfreude waren und alles gaben.

Ghost live in der Uber Arena in Berlin

Das sechste Album "Skeletá" stieg direkt auf Platz 1 der Deutschen Charts ein.
Das sechste Album "Skeletá" stieg direkt auf Platz 1 der Deutschen Charts ein.  © Head Of PR/dpa

Einer der Gitarristen trat sogar mit einem gebrochene Bein auf. Die donnernde und Sabbathesken Riffs schlugen ein. Der Sound war abgefahren und makellos, aber auch brokatschwer, wenn es sein musste. Ghost verzeichnen bislang nahezu 10 Milliarden Streams und erhielten 2016 einen GRAMMY, womit sie sich längst einen Platz im Musik-Olymp sicherten.

Es war ein großes Spektakel, reichlich versehen mit Pyrotechnik, Kostümwechseln, Konfetti und Publikumsbeteiligung. In einer Fantasie-Papst-Amtstracht, mit Strass und Gebein verziert, predigte Forge an einer Stelle über der Bühne. Hier wurde der Teufel mit Jesus ausgetrieben - und umgekehrt.

Dabei ging es keineswegs bierernst zu. Weder wurden Kinder gefressen noch Blut getrunken. Die britische Zeitung "The Guardian" bezeichnete Forge, der privat ganz unauffällig ist, vor Jahren als "satanischen Barry Manilow". Alles ganz harmlos also.

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Der 44-Jährige plauderte auf der Bühne freundlich, scherzte, alberte, fand aber auch eindringliche Worte: "Wir stecken in turbulenten Zeiten. Die Zeiten ändern sich, vergesst das nicht, wenn die Dinge etwas scheiße sind", leitete er zu "The Future Is a Foreign Land" über und verteilte nach "Kiss The Go-Goat" zahlreiche Luftküsse in die sakrale Stille hinein.

Handyverbot bei Konzert von Ghost in Berlin war eine Offenbarung

Bei der extravaganten Bühnenshow wurde nichts dem Zufall überlassen, dabei war das Konzept alles andere als seelenlos. Trotz des Metal-Mummenschanzes bestand eine allmächtige, emotionale Verbindung zum Publikum.

Forge beschwörte sein aufmerksames und jubelndes Gefolge wie ein sinistrer Zeremonienmeister, das mit jeder Silbe an seinen Lippen hing - und nicht am Handy. Bei "He Is" schwenkten Fans Feuerzeuge, während im animierten Bühnenhintergrund ein Jesus mit einem Feuerschweif aus dem Kirchenfenster in den Himmel fuhr.

Das Publikum musste Forge gegen Ende davon überzeugen, dass der 8. Mai in Berlin ein Feiertag ist. Es gab den Viral-Hit "Mary On a Cross" (753 Millionen Abrufe auf Spotify!), den radiobekannten Ohrwurm "Dance Macabre" und den Kracher "Square Hammer" obendrauf.

15 Songs, drei Zugaben und hundertzehn Minuten später (danke, analoge Armbanduhr) war der pompöse und prunkvolle Heidenspaß vorbei. Fazit: Ghost lieferten astrein ab. Das Handyverbot sorgte für ein ursprüngliches, unverfälschtes Konzerterlebnis. Es war eine einzigartige gemeindlichen Erfahrung, eine Offenbarung. Weit und breit war kein störender Smartphone-Bildschirm zu sehen, dafür der Blick ungestört auf das Bühnengeschehen. Mehr davon, bitte!

Auf ihrer "Skeletour" spielen Ghost in Deutschland noch am 14. Mai in Oberhausen (Rudolph Weber Arena) und am 15. Mai in Hannover (ZAG Arena). Es gibt Restkarten.

Titelfoto: Mikael Eriksson/Head Of PR/dpa

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