Die große Eingemeindungs-Welle in Chemnitz: Euba, Grüna & Co. ziehen Bilanz

Chemnitz - Es war der letzte Wachstumsschub fürs Stadtgebiet: Vor einem Vierteljahrhundert wurden acht Dörfer nach Chemnitz eingemeindet. Die Fläche der Stadt wuchs dadurch um fast 70 Prozent.

Hunderte Mittelbacher und Grünaer demonstrierten am 1. Juli 1998 gegen die drohende Eingemeindung beider Orte.
Hunderte Mittelbacher und Grünaer demonstrierten am 1. Juli 1998 gegen die drohende Eingemeindung beider Orte.  © Gunter Fix

Die rund 25.000 Neu-Chemnitzer bremsten den damals wegen Abwanderung drastischen Bevölkerungsschwund. Aus den Bürgern von Euba, Kleinolbersdorf-Altenhain, Grüna, Mittelbach, Klaffenbach, Einsiedel, Wittgensdorf und Röhrsdorf wurden Städter - oder auch nicht.

Euba war 1994 die erste von vier Ortschaften, die sich Chemnitz freiwillig anschlossen. Der damalige Oberbürgermeister Peter Seifert (80) sprach von einer "historischen Stunde" und von einer "weitsichtigen Entscheidung".

Horrende Gebühren für Abwasseranschlüsse im Umland waren damals ein wichtiger Grund, sich für eine Eingemeindung zu entscheiden. In Verträgen mit der Stadt versuchten auch Klaffenbach, Einsiedel und Kleinolbersdorf-Altenhain, wichtige Investitionen für ihre Orte oder den Erhalt von Schulen festzuschreiben.

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"Wobei nicht ganz klar ist, wie das funktionieren sollte, weil der Rechtsnachfolger der Ortschaften die Stadt selbst ist", merkt der heutige Kleinolbersdorfer Ortsvorsteher Marco Gerlach (45) beim Blättern in den Akten an.

Gegen ihre Verstädterung wehrten sich Röhrsdorf, Grüna, Mittelbach und Wittgensdorf mit allen Mitteln. Sie feilschten um Kompromisse, organisierten Demos, klagten am Bundesverwaltungsgericht. Umsonst. Alle vier wurden 1999 zwangsweise eingemeindet.

Gemeinsame Interessen der Ortsvorsteher

Die Bewohner der Dörfer fühlten sich bevormundet und hinters Licht geführt.
Die Bewohner der Dörfer fühlten sich bevormundet und hinters Licht geführt.  © Gunter Fix

Mittlerweile ziehen alle acht Ortsvorsteher an einem Strang, um die Interessen der Stadtrandler zu vertreten - beispielsweise beim Thema Bauen.

"Wenn wir den Interessenten für Bauland in den Ortschaften nichts anbieten können, suchen die sich trotzdem kein Grundstück in der Innenstadt, sondern wandern ab ins Umland", sagt Einsiedels Ortsvorsteher Falk Ulbrich (54, CDU).

Amtskollege Andreas Stoppke (63) klagt: "Wir verlieren Klaffenbacher, die sich hier engagieren, weil sie dort, wo sie aufgewachsen sind, nicht bauen dürfen."

Das Chemnitzer Amtsblatt druckte 1994 einen Willkommensbrief von Oberbürgermeister Peter Seifert an die Eubaer Bürger und ein Foto, auf dem die Eingemeindung mit Eubas Bürgermeister Carsten Zimmermann besiegelt wird.
Das Chemnitzer Amtsblatt druckte 1994 einen Willkommensbrief von Oberbürgermeister Peter Seifert an die Eubaer Bürger und ein Foto, auf dem die Eingemeindung mit Eubas Bürgermeister Carsten Zimmermann besiegelt wird.  © Repro: Kristin Schmidt

Neue TAG24-Serie ab Montag

Ab Montag gibt es bei TAG24 eine neue Serie zu den letzten acht eingemeindeten Dörfern.
Ab Montag gibt es bei TAG24 eine neue Serie zu den letzten acht eingemeindeten Dörfern.  © Sven Gleisberg/TAG24

Nach rund 25 Jahren Gebietsreform ist es Zeit für eine Bilanz. Die acht Ex-Dörfer haben eine Bestandsaufnahme gemacht, was die Eingemeindung für sie gebracht hat. Am nächsten Mittwoch wird ihr Fazit im Stadtrat vorgestellt.

Bereits ab Montag blicken alle Ortsvorsteher in einer achtteiligen Serie bei TAG24 zurück in die bewegten Nachwendejahre: Was die Dörfer damals bewegte und wie es den Ortsteilen heute geht, lesen Sie nächste Woche in Ihrer Morgenpost.

Los geht's am Montag mit Euba.

Titelfoto: Sven Gleisberg/TAG24

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