Energiespar-Verordnung endet: Nicht nur der Chemnitzer "Lulatsch" leuchtet wieder
Chemnitz - Es werde Licht! Nach dem Auslaufen der Energiespar-Verordnung der Bundesregierung (EnSikuMaV) am vergangenen Wochenende ist die Außenbeleuchtung von Gebäuden wieder erlaubt.

Während im Rathaus noch überlegt wird, griff der wichtigste Chemnitzer Versorger bereits zum Schalter: Seit Montag leuchtet der "Lulatsch" wieder. Und nicht nur der."Der bunte Schornstein ist eins der wichtigsten Chemnitzer Wahrzeichen, was uns viele Bürgerinnen und Bürger immer wieder bestätigen", teilt Eins Energie seinen Kunden via Facebook mit.
Und erklärt auch gleich die Funktionsweise: "Insgesamt 168 energiesparende LED-Leuchten erhellen seit November 2017 das vermutlich höchste Kunstwerk der Welt in den Abend- und Nachtstunden. Eine Schaltuhr, in der der Sonnenaufgang und -untergang gespeichert sind, schaltet die Beleuchtung an und aus."
Wird nach dem "Lulatsch" nun auch der "Nischel" wieder angestrahlt? Zu dieser Frage ist der Stadtverwaltung auch zwei Tage nach Auslaufen der Bundesverordnung noch kein Licht aufgegangen.
Auf Nachfrage teilte die Rathaus-Pressestelle mit: "Ob bald das Karl-Marx-Monument und öffentliche Gebäude, wie Museen usw., nachts wieder angeleuchtet werden, darüber laufen derzeit verwaltungsinterne Abstimmungen. Konkrete Aussagen können erst im Laufe dieser Woche getroffen werden."
Thomas Stoyke (41), Chef im größten Einkaufscenter der Stadt, ist entscheidungsfreudiger - er schaltet das Licht wieder ein: "Wir lassen die Werbebeleuchtung bis 22 Uhr an und danach nur das Chemnitz-Center-Logo."


Die Beleuchtung ist nicht nur eine Frage der Verordnung

Die LED-Wand am Hauptbahnhof war auch im Winter bis 22 Uhr in Betrieb, ab Dienstag wird die Betriebszeit - wie früher üblich - wieder bis Mitternacht ausgeweitet. VMS-Sprecher Falk Ester (54): "Ab morgen leuchtet sie auch wieder ab 4 Uhr bis zum Sonnenaufgang."
Für die Gotteshäuser im Stadtgebiet gibt es keine verbindliche Regelung. Pfarrer Stephan Tischendorf (41), Leiter des Evangelischen Forums, sagt: "Das entscheidet jede Kirchgemeinde selbst."
Denn bei der Frage, ob das Licht an- oder ausgeschaltet wird, gehe es nicht nur ums Energiesparen. Sondern auch um die Kosten. Und um das Thema Lichtverschmutzung.
Update, 14.06 Uhr: Auch der "Nischel" wird wieder beleuchtet
Wie eine Rathaus-Sprecherin am Dienstag gegenüber TAG24 mitteilte, werden das Karl-Marx-Monument und auch markante öffentliche Gebäuden in den kommenden Tagen wieder beleuchtet. Auch der Paternoster im Rathaus wird wieder in Betrieb gehen.
Da die Stromrechnungen noch nicht vorliegen, können die Einsparungen während der Heizperiode aktuell nur für die Wärmeversorgung beziffert werden.
"Allein durch das Absenken der Temperatur in den vier großen Verwaltungsgebäuden Rathaus, Moritzhof, Neues Technisches Rathaus und Bürgerhaus am Wall konnten in den vergangenen Monaten seit Oktober2022 Heizkosten in Höhe von rund 50.000 Euro eingespart werden", heißt es weiter.

Licht der Hoffnung
Kommentar von Mario Adolphsen

An der Chemnitztalstraße leuchtet's wieder bunt. Den "Lulatsch" auch nach Sonnenuntergang zu sehen, fühlte sich am Montag ziemlich gut an. Das ging wahrscheinlich vielen Chemnitzern so.
Für manche eine kleine Erleuchtung: Das "Lulatsch"-Licht der Hoffnung zeugt davon, dass wir halbwegs unbeschadet durch den Winter gekommen sind. Ohne Blackout und kalte Wohnung.
Bevor die Freude am Erstrahlen zum Irrlichtern wird, muss ich die Gemütsaufhellung etwas dimmen. Denn der nächste Winter kommt gewiss.
Schön, dass wir hier und da das Licht wieder anknipsen können. Die akute Phase der Energiekrise mag überwunden sein. Gelöst ist sie keineswegs - wie die aktuelle Debatte um Atomstrom beispielhaft zeigt. Die Aussichten bleiben düster.
Darum sehe ich keinen Grund, jetzt ungefragt jede Außenbeleuchtung wieder erstrahlen zu lassen, nur weil der "Lulatsch" leuchtet. Nicht jedes Licht bringt Erhellung, nur weil es hell ist. Das gilt auch für Kirchenfassaden, wo Erleuchtung immerhin Teil des Geschäftsmodells ist. Also ruhig mal abschalten. Der Tierwelt zuliebe - und der knappen Kassen.
Titelfoto: imago/Sylvio Dittrich