Im alten Konsum-Glanz: Kauffahrtei in Chemnitz wird saniert

Chemnitz - Die Kauffahrtei - das einstige Chemnitzer Flaggschiff des Handels - bekommt ihren historischen Blickfang wieder und ist auf dem Weg zu neuen Ufern.

Wenn das Gerüst an der Kauffahrtei 25 demnächst abgebaut wird, ist das restaurierte Eingangsportal wieder in alter Schönheit sichtbar.
Wenn das Gerüst an der Kauffahrtei 25 demnächst abgebaut wird, ist das restaurierte Eingangsportal wieder in alter Schönheit sichtbar.  © Ralph Kunz

Architekt Erich Basarke (1878-1941) hatte den Haupteingang des monumentalen Baus vor rund hundert Jahren mit den Symbolen des Handels ausgestattet: Segelschiff und Lokomotive als Transportmittel, Füllhörner als Sinnbilder für Wohlstand und Gott Merkur schmückten das Portal der Konsum-Handelszentrale - bis sie unter dem Zahn der Zeit fast zerbröselten.

Steinmetz Matthias Mann (66) restauriert die historischen Bauplastiken derzeit mit Kelle, Mörtel und vielen Injektionen. "Das Eingangsportal und die Figuren waren von Hunderten zentimetertiefen Rissen durchzogen, die ich mit Epoxidharz aufgefüllt habe. Vorher mussten Reste von brauner Ölfarbe aus DDR-Zeiten entfernt werden."

Bis Ende Oktober sollen die Gerüste am heutigen Nebeneingang der Kauffahrtei fallen.

Steinrestaurator Matthias Mann (66) pinselt einen Schutzanstrich auf den wiederhergestellten Handelsgott Merkur.
Steinrestaurator Matthias Mann (66) pinselt einen Schutzanstrich auf den wiederhergestellten Handelsgott Merkur.  © Ralph Kunz
Unter dem Giebel prangt ein Schiff als altes Symbol für den Warentransport aus Übersee.
Unter dem Giebel prangt ein Schiff als altes Symbol für den Warentransport aus Übersee.  © Ralph Kunz
Bis in die 1970er-Jahre war die Kauffahrtei Sitz des DDR-Versandhauses "Konsument".
Bis in die 1970er-Jahre war die Kauffahrtei Sitz des DDR-Versandhauses "Konsument".  © Zentralkonsum e. G.

Verschiedene Firmen im einstigen Handelshaus ansässig

Bestellt, eingepackt und ab die Post: Konsum-Mitarbeiterinnen sortierten Päckchen für Kunden aufs Förderband.
Bestellt, eingepackt und ab die Post: Konsum-Mitarbeiterinnen sortierten Päckchen für Kunden aufs Förderband.  © Zentralkonsum e. G.

Im einstigen Handelshaus haben mittlerweile verschiedene mittelständische Firmen ihren Sitz: das Sächsische Landessozialgericht, die Lehrlingsausbildung von Siemens, der Automobilentwickler IAV.

Hausherr René Gericke (45), der die Immobilie im Auftrag der Zentralkonsum Genossenschaft als Neue Kauffahrtei vermarktet, sieht den historischen Eingang auch als Aushängeschild für neue Konsumenten: "Zuletzt ist auf 320 Quadratmetern unser neues Konsum-Konferenz-Center entstanden, das Platz und Technik für Veranstaltungen für bis zu 100 Personen bietet."

Die einzelnen Räume knüpfen mit ihren Namen die Verbindung zu Konsum-Töchtern wie der Kaffeefirma "Röstfein", den Stützengrüner Hauswaren von "Bürstenmann" und dem einstigen Versandhaus "Konsument".

Konsumverein "Ermunterung": Die deutsche Wiege der Genossenschaften

Ob Mode oder Lebensmittel - Konsum stattete die DDR-Bürger mit Waren aus.
Ob Mode oder Lebensmittel - Konsum stattete die DDR-Bürger mit Waren aus.  © Peter Zschage

Ein gemeinsamer Großeinkauf ermöglicht kleine Preise für gute Waren - diese britische Idee der Konsumgenossenschaften fasste in Deutschland als erstes in Chemnitz Fuß. Bereits 1845 wurde der Spar- und Konsumverein "Ermunterung" gegründet.

Bis 1920 hatten sich in ganz Deutschland mehr als 1000 Konsumvereine etabliert, die sich in einer Gesellschaft zum größten deutschen Handelsunternehmen zusammengeschlossen. Die Kauffahrtei Chemnitz fungierte ab 1923 als riesiges Konsum-Warenlager samt hauseigener Mostrichfabrik und Kaffeerösterei.

In der DDR war der Gebäudekomplex Sitz des Versandhauses "Konsument". Hier wurden auch die legendären Konsum-Marken gedruckt.

Das alte Konsum-Logo hat die Jahrzehnte überdauert.
Das alte Konsum-Logo hat die Jahrzehnte überdauert.  © Peter Zschage

Bis heute ist der einstige Handelskomplex im Besitz der Zentralkonsum Genossenschaft. Nach einer Komplettsanierung 1999 wurde er mit Erfolg als Gewerbestandort wiederbelebt: 90 Prozent der rund 30 000 Quadratmeter sind vermietet.

Titelfoto: Ralph Kunz

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