250 Meter hoch: Gegenwind für Chemnitzer Windrad-Pläne

Chemnitz - Sie sind riesig, sie sind laut, und sie stören den Blick: In Chemnitz-Euba soll ein Windpark entstehen. Dagegen regt sich Protest.

Der Katzenberg gestern von der Drohne aus gesehen. Der Blick geht Richtung Flöha.
Der Katzenberg gestern von der Drohne aus gesehen. Der Blick geht Richtung Flöha.  © Ralph Kunz

Der Katzenberg in Euba ist ein idyllisches Fleckchen. Chemnitz liegt zu Füßen, auch Adelsbergturm, Augustusburg und Sternmühlental sind ganz in der Nähe.

Doch die natürliche Erhebung lockt neuerdings Investoren: Weil sie 471 Meter hoch ist und oben immer ein "Lüftchen" weht, hält die VSB Neue Energien aus Dresden den Berg für den idealen Platz für drei megagroße Windräder.

Nachdem, was bislang bekannt ist, sollen sie 250 Meter hoch werden. Zum Vergleich: Der Wirkbau-Turm an der Annaberger Straße bringt es auf 70, der "Lulatsch", die Esse, auf 302 Meter. Der Dresdner Fernsehturm misst 252 Meter.

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"Es wird zwischen Kap Arkona und dem Fichtelberg keine größeren Industrieanlagen geben", sind sich Günter Spielvogel (73) und Frank Hirsch (52) sicher. Die beiden vertreten die Bürgerinitiative "Gegenwind Euba".

"Wir wollen die Anlagen hier nicht haben!", sagt Frank Hirsch: "Euba ist als Naherholungsgebiet ausgewiesen, wir sind eine Grüne Lunge." Kämen die Riesen, sei es damit vorbei. Die Preise für Häuser und Grundstücke rundum würden rutschen.

Die drei in Euba geplanten Windräder sollen jeweils 250 Meter hoch werden. (Symbolfotos)
Die drei in Euba geplanten Windräder sollen jeweils 250 Meter hoch werden. (Symbolfotos)  © dpa/Jan Woitas
"Windriesen? Nicht mit uns!" Frank Hirsch (52, l.) und Günter Spielvogel (73) von der Bürgerinitiative Euba.
"Windriesen? Nicht mit uns!" Frank Hirsch (52, l.) und Günter Spielvogel (73) von der Bürgerinitiative Euba.  © Ralph Kunz

Bürgerinitiative fühlt sich zu spät eingebunden

OB Sven Schulze (51, SPD)
OB Sven Schulze (51, SPD)  © Uwe Meinhold

Obwohl die VSB am 13. Juni bei einer Einwohnerversammlung informieren will, fühlt sich die Bürgerinitiative zu spät eingebunden, auch vom Rathaus.

OB Sven Schulze (51, SPD) sieht ebenfalls Gesprächsbedarf: "Nun nehme ich wahr, dass überall dort, wo sie hingestellt werden sollen, sich Protest regt. Hier bei uns gibt es im Eubaer Gebiet Widerstand. Man muss sich angucken, ob es Lösungen gibt, dass das für die Bürger akzeptabel ist; es gibt ja auch Möglichkeiten, dass man an/von den Erträgen solcher Windenergieanlagen lokal partizipieren kann. Im konkreten Fall, dass man sagen könnte: Das Geld fließt nicht nur ins Chemnitzer Säckl, sondern auch in die Ortschaft Euba. Da muss man eine spezielle Vertragskonstruktion wählen. Aber das wäre für mich ein Denkmodell.Aber klar ist: Die Akzeptanz vor Ort kann/darf nicht außer acht gelassen werden. Da ist es (nun) am Anlagenhersteller, dort Überzeugungsarbeit zu leisten und gute Argumente zu bringen. Aber das wird ein schwieriger Prozess sein (schätze ich ein)."

Von einem Beteiligungsmodell wollen Hirsch und Spielvogel jedoch nichts wissen. Für sie wäre das ein "Bestechungsversuch".

Nicht gegen den Willen

TAG24-Redakteur Torsten Hilscher.
TAG24-Redakteur Torsten Hilscher.  © Eric Münch

Kommentar von Torsten Hilscher

Zwei Dinge fielen Hollywoodstar Tom Hanks bei seinem letzten Dreh in Deutschland auf: dass man hier auf der Autobahn ohne Limit fahren darf. Und die Menge an Windrädern. Beides war ihm unheimlich.

Nun zweifelt niemand mehr an der Notwendigkeit einer Loslösung von der Kohleverstromung. Gestritten wird über das Wie. Das schnelle Aus ist, gerade für Sachsen, spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine vom Tisch. Auch wenn das manche Grünen-Politiker nicht wahrhaben wollen.

Zugleich erkennen auch die größten Kohlefans: Der Weg in Richtung mehr erneuerbare Energien ist unumkehrbar. Am Ende wird es wohl der Mix sein, der uns Sicherheit gibt, auch mit einem Atomstrom-Anteil.

Keine Form der Energiegewinnung ist ohne Nebenwirkungen machbar. Bei der Windkraft sind es die Windräder, die nachvollziehbar keiner vor der Nase haben will. Die Riesen sehen nicht nur nicht schön aus, sie verändern Landschaft und sorgen - was gern vergessen wird - für eine Geräuschkulisse, die es in der Wirkung mit Tinnitus aufnehmen kann.

Die Sorge der Eubaer Bürger und ihrer Nachbarn ist also berechtigt.

Doch was tun? Irgendwo müssen die Dinger stehen, wenn es mit der Energiewende klappen soll, selbst wenn sie nur gemäßigt kommt.

Mein Vorschlag: Standorte auswählen, die niemandem die Heimat vor der Haustür verspargeln! Und vor allem keinen Bau gegen den Willen der Bürger.

Titelfoto: Ralph Kunz

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