Brandgefährlich: Politiker fordern Ende der kurzen Rasenflächen in Chemnitz

Chemnitz - Gib dem Rasen eine Chance: Karola Köpferl (31, Grüne) und CDU-Ratsfrau Ines Saborowski (55) fordert mehr blühende Wiesen in den Chemnitzer Vorgärten. Doch vor allem Großvermieter GGG sperrt sich.

Zu kurz: Ines Saborowski (55, CDU) wünscht sich höheren Rasen in den Vorgärten.
Zu kurz: Ines Saborowski (55, CDU) wünscht sich höheren Rasen in den Vorgärten.  © Ralph Kunz

Für Karola Köpferl liegen die Nachteile kurzer Rasenflächen auf der Hand: "Brandgefahr, Staub, fehlender Wasserspeicher und für Insekten weniger Nahrung." Ines Saborowski fordert: "Wo es nicht um Verkehrssicherheit oder die Mieternutzung geht, sollten Grünflächen wachsen."

Die GGG lässt Vorgärten in Annen-, Carl-von-Ossietzky-Straße und Am Karbel höher wachsen, lehnt aber ein großflächiges Blühwiesen-Programm ab: "Teuer, ungeeignet unter Wäscheleinen und unbeliebt bei vielen Mietern", sagt Sprecher Erik Escher (40).

Die Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft (CSg) weitet Blühwiesen aus. Neben der Kochstraße gibt es mehr Natur an Albert-Schweitzer-Straße, Bernsdorfer Bad und Tanzender Siedlung. Zudem sollen auf großen Grünflächen "Blühinseln" stehen bleiben. CSg-Sprecherin Daniela Dölkner spürt Zustimmung: "Blühwiesen werden positiv bewertet, intensive Mahd sorgt eher für Kritik."

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161,5 Hektar Grünfläche betreut die Stadt. 1,5 Hektar blühen dauerhaft (darunter Thomas-Mann-Platz, Falkeplatz, Moritz- und Konkordiapark, Cervantesstraße). Blühinseln bleiben nach Gutdünken der Gärtner.

Dürre ist für Landwirte schon jetzt existenzbedrohend

Die Kühe finden draußen kaum noch etwas zu fressen: Landwirt Rolf Seyffert muss die Tiere im Stall füttern.
Die Kühe finden draußen kaum noch etwas zu fressen: Landwirt Rolf Seyffert muss die Tiere im Stall füttern.  © Kristin Schmidt

"Für uns Landwirte ist der Klimawandel existenzbedrohend!" Katrin Seyffert (44) vom "Rößlerhof" in Burkhardtsdorf spürt die zunehmende Trockenheit schon lange, akut wieder seit Juni. Darunter leiden Tiere und Pflanzen.

Zunächst verbrennt das Grünland an den Hängen. "Da wächst nichts mehr nach. Darum haben wir kaum genug Futter für unsere 150 Schafe", sagt die Bäuerin. "Zufüttern klappt nicht. Die Schafe bestehen auf ihr gewohntes Grün, springen dafür sogar über Elektrozäune."

Apropos Zäune: Wegen der trockenen Böden kommt nicht genug Spannung auf die Stromdrähte. Das macht es Tieren leichter, die Sperren zu überwinden. Zudem seien die Schafe ständig auf der Suche nach Schatten. Katrin Seyffert: "Bei 38 Grad sind die Tiere extrem genervt. Das ist für sie ein mörderischer Stress."

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Auch der Mais mag Hitze und Trockenheit nicht, wellt die Blätter, bleibt klein und mickrig. "Darum freuen wir uns über jeden Tropfen Regen", sagt die Landwirtin. Sie musste sogar die 70 Kühne von der Weide nehmen, weil sie nichts zu fressen finden.

Katrin Seyffert fordert mehr Unterstützung der Politik für die Landwirte. Konkret: "Weniger Flächen stilllegen und Planungssicherheit für die Biogasanlage. Mit Gülle, Mais und Gras erzeugen wir dort Strom und Wärme, verhindern Güllegestank."

Ausgedörrt: Auf den trockenen Böden wächst immer weniger.
Ausgedörrt: Auf den trockenen Böden wächst immer weniger.  © B&S/Bernd März

Wer möchte Baumpate werden?

Karola Köpferl (32) sucht Baumpaten für Chemnitz - "sonst sterben die Bäume".
Karola Köpferl (32) sucht Baumpaten für Chemnitz - "sonst sterben die Bäume".  © Kristin Schmidt

Baumpaten gesucht: Karola Köpferl (32) von den Chemnitzer Grünen befürchtet, dass Tausende Bäume im Stadtgebiet vertrocknen könnten. "Bei der zunehmenden Trockenheit werden wir ein wahnsinniges Baumsterben erleben", ahnt die Politikerin.

Darum seien Bürger gefordert, die Stadt beim Gießen zu unterstützen. Von den einst über 100 Baumpaten blieben jedoch "keine zehn" übrig, weiß Karola Köpferl. Dabei sei regelmäßiges Gießen der Bäume überlebenswichtig - "eine Pflanze verdunstet am Tag 60 Liter Wasser oder sie stirbt".

In der Dürreperiode 2017 bis 2020 seien in Chemnitz 3000 von 33.000 Straßenbäume gestorben. Allein Baumpaten, Verwaltung und Wässerungseinsätze der Feuerwehr hätten eine größere Katastrophe verhindert, erklärt Uwe Grüner von "Parents for future".

Karola Köpferl bittet hilfsbereite Bürger, Bewässerungssäcke einzusetzen: "Die gibt es gratis bei Grünen oder der Stadt und für wenige Euros im Handel."

Titelfoto: Ralph Kunz

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