Chemnitz - Er ist keiner, der viel Wirbel macht. Und trotzdem war die Wahl deutlich: Mit absoluter Mehrheit hat der Chemnitzer Stadtrat am Mittwoch Thomas Kütter (49, parteilos) zum neuen Baubürgermeister gewählt. Er folgt auf Michael Stötzer (52, Grüne), der sein Amt nach zehn Jahren verlässt – beliebt, respektiert, aber auch mit offenen Baustellen.
Kütter, bisher Chef des Hochbauamtes, kennt die Stadt und die Verwaltung – und will vor allem "Werte erhalten und schützen", wie er in seiner Vorstellungsrede betonte. Er setzt auf Sanierung statt Abriss, auf Substanz statt Symbolik.
"Brückensanierungen, Schulgebäude, Sporthallen, Museen – all das verdient Aufmerksamkeit", sagte der studierte Bauingenieur.
Auch das Mobilitätskonzept, das seit Jahren auf Umsetzung wartet, will er endlich mit Leben füllen.
Die Reaktionen auf seine Wahl? Fast durchweg positiv.
Stadträte äußern Lob und Forderungen
Oberbürgermeister Sven Schulze (53, SPD) lobt: "Wir haben in den vergangenen drei Jahren eng und stets lösungsorientiert zusammengearbeitet."
CDU-Fraktionschef Tino Fritsche (63) spricht von einem "fast nahtlosen Übergang". Kütter sei jemand, "der in schwierigen Zeiten praktikable Lösungen findet". Er wünsche sich allerdings, dass Stadtentwicklung künftig stärker im Wirtschaftsausschuss diskutiert werde.
Jacqueline Drechsler (48, SPD) zeigt sich zuversichtlich: "Thomas Kütter wird gute Zusammenarbeit mit dem Stadtrat pflegen. Wir trauen ihm zu, auch mutige Entscheidungen zu treffen."
Auch die AfD zeigt sich ungewohnt versöhnlich. Fraktionsvize Anett Friedel (54): "Er ist bisher positiv-pragmatisch und nicht ideologisch aufgetreten. Das ist uns wichtig."
Volkmar Zschocke (56, Grüne) formuliert deutliche Forderungen: "Wir erwarten, dass er den Ausbau erneuerbarer Energien, moderne Mobilität sowie ökologisches Bauen konsequent voranbringt."
Die Linke fordert vor allem Beteiligung und Transparenz. Toni Späth (26): "Die Herausforderungen sind groß – Investitionsstaus, Konzeptlücken, bröckelnde Infrastruktur."
Dietmar Holz (64, BSW) wünscht sich mehr Service für Bürger: "Wenn man schon keinen schnellen Bescheid bekommt, dann doch wenigstens eine Antwort. Das schafft Vertrauen."
Kütter will sich nicht hinter Dienstanweisungen verstecken
Auch die Chemnitzer Architektenkammer meldet sich zu Wort. Präsident Christian Mertens: "Wir brauchen eine klare Vision für die Stadtentwicklung – und schnelle, pragmatische Planungsprozesse. Wir freuen uns auf den Dialog."
Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) setzt man große Hoffnungen in den "Neuen": "Die Erteilung von Baugenehmigungen müsse deutlich schneller und unkompliziert erfolgen", so Vizechefin Franca Heß. "Eine der großen Herausforderungen wird die zügige Digitalisierung der Verwaltung sein."
Der neue Baubürgermeister weiß, dass Chemnitz vor großen Aufgaben steht. Und dass der Ton im Stadtrat mitunter rau sein kann. Doch Kütter will nicht zaudern, sondern zupacken.
Verwaltung ist für ihn kein Selbstzweck, sondern Dienstleister für die Stadt: "Ich will mich nicht hinter Dienstanweisungen verstecken."