Bahn frei - leider nur für einen Tag! Pop-up-Radweg schließt die Nord-Lücke in Dresden

Dresden - Wer sein Rad liebt, der schiebt - und das vor allem auf der Königsbrücker: Denn zwischen Bahnhof Industriegelände und der Stauffenbergallee im Dresdner Norden gibt es nach wie vor keinen durchgängigen Radweg. Die Arbeitsgemeinschaft (AG) "nachhaltig mobil" hat deshalb prompt selbst einen gezogen - und bekam prominenten Beifall dafür.

Der Pop-up-Radweg trennt die Fahrradfahrer sicher vom Stadtverkehr.
Der Pop-up-Radweg trennt die Fahrradfahrer sicher vom Stadtverkehr.  © Ronald Bonss

Das Netzwerk Dresden Nord hat am Dienstag mit seiner AG einen sogenannten "Pop-up-Radweg" zwischen dem Bahnhof und der Haltestelle Heeresbäckerei gezogen. Die Bürgerinitiative fordert seit langem sichere Radwege aus Klotzsche in die Dresdner Innenstadt. 2019 hatten sie Unterschriften gesammelt und 2020 eine Petition gestartet.

"Der Radweg sollte bis zum Schulstart dieses Jahr fertig sein. Passiert ist aber nichts", sagt Matthias Greuner (55) von der AG. "Sobald Sprit so teuer ist wie jetzt, steigen die Leute aufs Rad. Da braucht es aber auch die Infrastruktur dafür."

Mehr als 3000 Leute würden laut ihm am Tag über die Strecke in die Stadt fahren, vor allem morgens. Ab Herbst, wenn die neue Schule an der Kreuzung Stauffenbergallee/Königsbrücker Straße öffnet, kommen noch die Schulkinder dazu.

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"Wir müssen Probleme entschärfen und temporär lösen", sagt der engagierte Norddresdner und schwärmt von der Pop-up-Idee.

"Damit können wir kurzfristig Lösungen ausprobieren, nachjustieren - und erst dann wird gebaut."

Mathias Greuner (55) von der Arbeitsgemeinschaft "nachhaltig mobil".
Mathias Greuner (55) von der Arbeitsgemeinschaft "nachhaltig mobil".  © Ronald Bonss
Die Schüler der 151. Oberschule haben ohne Radweg wohl einen gefährlichen Schulweg.
Die Schüler der 151. Oberschule haben ohne Radweg wohl einen gefährlichen Schulweg.  © Ronald Bonss

Dauerlösung gesucht

Radwege Fehlanzeige - stattdessen wird oft hoch kompliziert umgeleitet.
Radwege Fehlanzeige - stattdessen wird oft hoch kompliziert umgeleitet.  © Ronald Bonss

Eine gute Idee, wie auch OB-Kandidatin Eva Jähnigen (56, Grüne) findet, die sich in ihrem Sofortprogramm für die ersten 100 Tage dem Thema der Verkehrssicherheit für Radler verschrieben hat: "Das weiß ich als Radfahrerin aus eigener Erfahrung."

Pop-up-Radwege sind schnell angelegte Fahrradstrecken für kurze Zeit und vor allem in Großstädten gerade voll im Trend. Stadtverwaltungen versuchen, damit den Autoverkehr geschickt umzulenken, um das Radfahren attraktiver, sinnvoller und vor allem sicherer zu machen.

Der Spontan-Radweg am gestrigen Dienstag diente nur zur Demonstration und wurde um 17 Uhr wieder geschlossen. Aber vielleicht kommt ja bald die Dauerlösung.

Kommentar von Erik Töpfer: Es fehlen Alternativen

TAG24-Redakteur Erik Töpfer.
TAG24-Redakteur Erik Töpfer.  © Norbert Neumann

Überbreite Laster, kaum vernünftige Radwege und überall sind Schienen: Der urbane Radler hat es schwer. Doch nicht nur die viel beschworene Mobilitätswende zeigt uns, dass das Schicksal der Biker längst kein selbstgewähltes Leid mehr ist.

Als ich auf mein erstes motorisiertes Gefährt umgestiegen bin (eine kirschrote S 51), war mir das Tanken für 1,20 Euro zu teuer. Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich an den 2-Euro-Anzeigen der Tankstellen vorbeifahre und den unveränderten Andrang an der Zapfsäule sehe. Niemand bestreitet, dass viele - vor allem auf dem Land - auf ihr Kfz angewiesen sind, damit oder gar darin arbeiten und es dafür Lösungen braucht.

Unsere Bücher gibt es digital, Abendessen wird geliefert, mittlerweile schleppen 18-jährige Fahranfängerinnen unsere Getränkekästen in den fünften Stock. In einer Großstadt wie Dresden braucht man das Auto nicht.

Der Wagen wurde dort zum Luxusgut, die individuelle Mobilität zur Bequemlichkeit. Und trotzdem nützt es nichts, das Parken zu verteuern oder gar Fahrverbotszonen auszusprechen, wenn es keine adäquaten Alternativen gibt.

Hier legen Projekte wie Pop-up-Radwege den Finger in die Wunde, zeigen auf, woran es fehlt, probieren aus und machen Fehler, die das Bauamt nicht mehr machen braucht. Es bleibt zu hoffen, dass der nächste OB zuhört und anknüpft und Arbeitsgemeinschaften wie die des Dresdner Nordens Nachahmer finden.

Titelfoto: Montage: Ronald Bonss (2)

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