Dutzende Graffiti: So kämpft Dresden gegen illegale Schmierereien

Dresden - Graffiti sind mittlerweile fester Teil des Dresdner Stadtbildes, sie prägen vor allem das Szeneviertel Neustadt. Obwohl sich Stadtverwaltung und andere Einrichtungen um legale Sprühflächen und die Integration der sprühfreudigen Möchtegern-Künstler bemühen, steigen die Kosten durch illegale Sprayer-Aktionen munter weiter.

Neben Sprayer-Tags finden sich manchmal auch Zahlencodes und politische Botschaften - wie hier in der Nähe des Rosengartens.
Neben Sprayer-Tags finden sich manchmal auch Zahlencodes und politische Botschaften - wie hier in der Nähe des Rosengartens.  © Holm Helis

Erst Ende Mai waren die Graffiti-Reinigungsarbeiten an der Carolabrücke abgeschlossen worden. Doch keine Woche später war eine rund 30 Quadratmeter große Fläche im Abschnitt Neustädter Widerlager erneut beschmiert.

"Mit Stand Anfang Juni gab es dieses Jahr bislang 30 Graffiti, sie verursachten einen Schaden von 36 000 Euro", so eine Stadtsprecherin.

Zum Vergleich: 2020 kümmerte sich das Straßen- und Tiefbauamt "nur" um 59 Graffiti mit 47.564 Euro Gesamtschaden - das waren 27 weniger als noch 2019 (86 Graffiti, 49.833 Euro Schaden). Dabei handelt es sich freilich nur um die Spitze des Eisbergs.

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"Die angegeben Kosten bilden nur einen Ausschnitt ab, da nicht alle sofort entfernt werden. Es sind die tatsächlich aufgelaufen Kosten", so die Sprecherin weiter.

Enorme Kosten für die DVB

Einfach wegsaugen: Silvio Ullrich (l.) und Thomas Techritz, beide Ullteco-Geschäftsführer, reinigen an der Albertbrücke.
Einfach wegsaugen: Silvio Ullrich (l.) und Thomas Techritz, beide Ullteco-Geschäftsführer, reinigen an der Albertbrücke.  © Steffen Füssel

Vor allem das Szeneviertel Neustadt ist im Visier von illegalen Sprayern. Nahezu jede Fassade, Mauer, Haustür ist dort besprüht. Viele Graffiti finden sich im Bereich Rosengarten/Albertbrücke oder auch an Straßenlampen, Masten, Schaltanlagen.

"Wir erleben dort seit 2020 eine extrem gestiegene Zunahme von Graffiti-Schäden, diese haben sich von 50.000 auf 100.000 Euro verdoppelt", sagt DVB-Sprecher Falk Lösch (56). Für Vandalismus-Schäden gibt es ein jährliches DVB-Budget von einer Million Euro.

Beschmierte Trams kommen sofort zur Reinigung. Der Rest muss warten. Graffiti-Entfernungen an Gebäuden, Brücken und Co. übernehmen die Profis.

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Auf Bauwerk hat sich beispielsweise Silvio Ullrich (37) mit seiner Firma Ullteco (Cossebauder Straße 19) spezialisiert: "Wir saugen den Dreck mit Unterdruck und Kristallgranulat raus. Je nach Untergrund können ein bis vier Quadratmeter pro Stunde gereinigt werden." Kosten: 40 bis 50 Euro pro Quadratmeter.

Bescherte den DVB massig Mehrkosten: beschmierte Fahrleitmasten in der Neustadt.
Bescherte den DVB massig Mehrkosten: beschmierte Fahrleitmasten in der Neustadt.  © Holm Helis
Gehören auch zum Stadtbild: illegale Graffiti, hier am Elberadweg.
Gehören auch zum Stadtbild: illegale Graffiti, hier am Elberadweg.  © Holm Helis

Kunst ist spraybar

2009 bemalte Helmut Zschiesche dieses Trafohäuschen am Schillerplatz. Die Dresdner Stadtwerke lassen viele ihre technischen Stationen von Künstlern wie ihm gestalten, um Graffiti zu vermeiden.
2009 bemalte Helmut Zschiesche dieses Trafohäuschen am Schillerplatz. Die Dresdner Stadtwerke lassen viele ihre technischen Stationen von Künstlern wie ihm gestalten, um Graffiti zu vermeiden.  © Ove Landgraf

Die Stationen der Dresdner Stadtwerke dienten illegalen und meist talentfreien Sprayern früher oft als "Leinwand". Darum konzipierte die DREWAG (heute SachsenEnergie) 1999 ein Graffiti-Projekt, um Trafo-Häuschen und Co. von Jugendlichen unter Anleitung künstlerisch wertvoll besprühen zu lassen.

Später schwenkte man auf professionelle Künstler um. Ziel ist es, durch die geplante Gestaltung von freien Flächen illegale Sprayer zu verjagen und somit ungewollte Schmierereien zu verhindern. Bis heute haben mehr als 150 technische Stationen im Stadtgebiet ganz legal "eine lebendige Gestaltung" bekommen.

Dresdens ältester Sprayer und Airbrush-Künstler, Helmut Zschiesche (74), ist seit 20 Jahren für das Projekt unterwegs, verschönert farblose Gasdruckregelanlagen oder Umspannstationen in ganz Dresden. Mit Pinsel, Schwamm und Spritzpistole zaubert der Illusionsmaler historische Gestalten oder lustige Geschichten an die Wände.

Wilde Sprüher zollen seinen Kunstwerken Respekt, lassen ihre Farbdosen stecken. "Die Bilder müssen so schön sein, dass keiner auf die Idee kommt, es besser zu machen."

Street-Art im Szeneviertel

Dieser Mini-Laden im Vorsprung eines Kellerfensters an der Sebnitzer Straße wird beim Vorbeilaufen schnell übersehen, doch ein detaillierter Blick ist der Mühe wert.
Dieser Mini-Laden im Vorsprung eines Kellerfensters an der Sebnitzer Straße wird beim Vorbeilaufen schnell übersehen, doch ein detaillierter Blick ist der Mühe wert.  © Holm Röhner

Dresden hat einen hervorragenden Ruf als Mekka für Fans von Graffiti und Straßenkunst, genannt Street-Art. Die überwiegend nicht kommerzielle Kunst im öffentlichen Raum kann legal oder illegal sein - ein Wandbild, eine bemalte Kachel, ein Schablonenbild oder eine Skulptur.

International haben Künstler wie Keith Haring oder Banksy das Genre salonfähig und auf dem Markt erfolgreich gemacht. Während für Graffiti meist Sprühfarbe, Marker und Aufkleber benutzt werden, verwenden Street-Art-Künstler Dinge wie Kleister, Garne, Klebeband, Fliesen, Kreide ...

Aus der Dresdner Neustadt sind Graffiti und Street-Art nicht mehr wegzudenken. Viele Besucher kommen gerade deshalb hierher. Der beste Weg, die Kunstwerke zu erleben, ist, das Szeneviertel zu Fuß zu erkunden.

Es gibt inzwischen mehrere Anbieter für geführte Street-Art-Touren. Tatsächlich am besten weiß Danilo Hommel (54) Bescheid, der als Kiez-Original viele Sprayer und Künstler persönlich kennt. Infos und Buchung unter nightwalk-dresden.de

Titelfoto: Steffen Füssel

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