Hü oder Hott? Tierschützer wollen Dresdens Pferdekutschen verbieten lassen
Dresden - Wohl kaum ein Verkehrsmittel passt besser zu Dresdens barocker Altstadtkulisse als die Pferdekutschen. Entsprechend beliebt sind sie bei Touristen. Doch Tierschützern sind sie ein Dorn im Auge. Ginge es nach ihnen, sollen die Droschken bald Geschichte sein. Dafür haben sie Unterschriften gesammelt. Diesen Mittwoch befasst sich der Petitionsausschuss damit.

Die Bittschrift birgt eine gewisse Brisanz. Wohl auch deshalb wird sie im nichtöffentlichen Teil der Sitzung behandelt. Die Initiatorin der Petition, an der sich 294 Personen beteiligten, sieht auf Dresdens Straßen ein hohes Gesundheitsrisiko für die Tiere. Beispielhaft werden riskante Überholmanöver und die Lärmbelastung angeführt. Zudem bekämen einige Pferde von ihrem Kutscher nicht regelmäßig Wasser.
Ein Vorwurf, den Peter Köthe (50) so nicht stehenlassen möchte. "Wir haben immer Wasser dabei und bekommen auch Hilfe bei der Versorgung der Vierbeiner", erklärt der Anbieter von Kutschfahrten.
Er hatte nach eigenen Angaben mehrmals Kritiker auf seinen Hof zu Gesprächen eingeladen. "Keiner ist bislang darauf eingegangen." Dabei sind gerade Kaltblüter aufgrund ihres ruhigen Temperaments für solche Arbeiten wie geschaffen, sagen Experten.
Wenn nun der Stadtrat zu dem Ergebnis kommen sollte, ein Verbot zu verhängen, würde sich das zwangsläufig auch auf die Betriebe auswirken und mehrere Arbeitsplätze gefährden.
Jüngst befasste sich auch der Grünen-Kreisverband mit der Thematik. Auch er plädiert für ein Verbot. Beim Schutz der Vierbeiner sieht Grünen-Sprecher Klemens Schneider (32) bereits Fortschritte: "Erfreulicherweise verbietet das Land Sachsen seit 2021 Pferdekutschen in der Stadt bei Temperaturen von mehr als 30 Grad."

Kommentar zur Pferdekutschen-Causa: Seid gut zu den Pferden

Wenn's um das Wohl von Tieren geht, ist der Mensch inzwischen ja besonders empfindlich. Die Entwicklung dahin ist ohne Zweifel ein zivilisatorischer Fortschritt.
Vor nicht allzu langer Zeit nahm niemand Anstoß daran, einem Straßenhund einen Tritt zu verpassen, Katzen zu ersäufen oder Vögel zu töten.
Die Schinderei ist auch in die Kunst eingeflossen. Wilhelm Buschs Bildergeschichten strotzen vor Tierquälerei (am bekanntesten vielleicht: Witwe Boltes gemeuchelte Hühner). Unvergessen auch die bitterböse Moritat von Georg Kreisler: "Geh ma Tauben vergiften im Park."
Lange waren diese Werke Schenkelklopfer und Schmunzler. Hätte es zur Entstehungszeit bereits Tierschutzorganisationen wie PETA gegeben, diese Klassiker wären unmittelbar auf dem Index gelandet. Was den Autoren Busch, Kreisler & Co. gedroht hätte, wollen wir uns hier gar nicht erst ausmalen.
Heute kümmern sich Tierschützer um gequälte Kreaturen in Zirkussen, Geflügelhöfen - und um die Kutschpferde von Dresden. Raubtierschauen gehören bald schon der Vergangenheit an, in Hühnerställen geht's inzwischen auch freundlicher zu. Nur die Zugtiere, die in Dresden Touristen durch die Altstadt schleppen müssen, harren noch ihrer Erlösung.
Andererseits: Pferdekenner beteuern immer wieder, dass die Vierbeiner gerne etwas zu tun haben und "arbeiten" wollen, statt nur auf der Weide oder im Stall abzuhängen. Die Bedingungen müssen halt stimmen. Und da könnte es in der Tat die eine oder andere Verbesserung geben. Mehr Schatten an den Warteplätzen etwa, ausreichend Wasser - und Schutz vor den Patschehändchen der Passanten, die's zwar nur gut meinen, die armen Gäule aber ziemlich nerven.
Dem Petitionsausschuss, der sich diese Woche Dresdens Droschkenpferden annimmt, wünschen wir eine glücklichere Hand.
Titelfoto: PR