Dresdens letzter OB von der SED gesteht: "Ich habe 40 Jahre aus falscher Disziplin die Schnauze gehalten"
Dresden - Die Karriere von Dresdens letztem SED-Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer kennt einige Höhen und Tiefen. Am Samstag feiert "Bergatschow", wie er wegen seines Pragmatismus zur Wendezeit genannt wurde, seinen 80. Geburtstag. Ein kritischer Geist ist der Ex-Politiker und Unternehmensberater, der heute in Berlin lebt, geblieben.

"Wolfgang Berghofer war kein Apparatschik. Der Staat DDR wäre viel später - vielleicht sogar nie - untergegangen, wenn es viel mehr Genossen von seiner Art gegeben hätte", sagt Ex-Bürgerrechtler Frank Richter (62).
Berghofer, der von 1986 bis 1990 Dresdner OB war, habe zu dem Teil des SED-Machtapparats gehört, der begriffen hatte, dass es so nicht weitergehen konnte.
"Ich hatte niemals einen Zweifel daran, dass es ihm um das Wohl der Stadt Dresden ging", so Richter. Von dieser habe Berghofer bei seinem Amtsantritt, wie er selbst sagt, mehr "Barack als Barock" gesehen.
"In der DDR wurde das meiste schöngeredet. Ich habe 40 Jahre aus falscher Disziplin die Schnauze gehalten, obwohl ich wusste, dass vieles nicht richtig war", so Berghofer heute.


Wolfgang Berghofer begreift sich heute nicht mehr als Linken-Politiker

Der Ex-OB hatte aber nicht nur nichts gesagt, sondern war auch zehn Jahre als Stasi-Spitzel aktiv und wurde wegen Wahlfälschung der letzten Kommunalwahl verurteilt. Diese war der Tiefpunkt seiner Karriere und ist für Berghofer noch heute der "schlimmste Moment".
Dass er als späterer Parteivize der SED-Nachfolgepartei PDS (heute: Die Linke) nach nur wenigen Wochen austrat, wurde ihm von manchem als opportunistisch übel genommen.
Heute sehe er sich selbst übrigens nicht mehr als Linken-Politiker, auch wenn er in sozialen Fragen linke Positionen vertrete.
Titelfoto: Bildmontage: imago/Ulrich Hässler/Wolfgang Kumm/dpa