Sensation im Grünen Gewölbe: Selten war ein Zuwachs so wertvoll

Dresden - Man nennt Schach das "Spiel der Könige". Wahrlich königlich ist entsprechend der Zuwachs für das Neue Grüne Gewölbe: Ein luxuriöses Schachspiel aus der Zeit des Museumsgründers Kurfürst August des Starken ergänzt als Dauerleihgabe ab sofort die Sammlung.

Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes (52, l.) und Martin Hoernes (58, Generalsekretär der Ernst von Siemens Stiftung) diskutieren die im 18. Jahrhundert gern gewählte Eröffnungsposition im Schach.
Marius Winzeler, Direktor des Grünen Gewölbes (52, l.) und Martin Hoernes (58, Generalsekretär der Ernst von Siemens Stiftung) diskutieren die im 18. Jahrhundert gern gewählte Eröffnungsposition im Schach.  © Ove Landgraf

Der Ankauf durch die Berliner Ernst von Siemens Kunststiftung ist ein Geschenk zum 300. Jubiläum von Dresdens Schatzkammer. Und kostbarer als nur kostbar - wenn das geht.

"Ein einzigartiges Juwel", jubelt Marius Winzeler (52), Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, über den exquisiten Neuzugang.

Und legt auf den Superlativ noch etwas drauf: "Es ist eine Sternstunde für das Neue Grüne Gewölbe. Wahrscheinlich hat das Museum seit dem 19. Jahrhundert nichts derart Wertvolles mehr hinzubekommen." Eine Sensation also? Offenbar ja.

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Um dieses barocke Meisterwerk geht's: Ein Schachspiel aus dem frühen 18. Jahrhundert, zugeschrieben dem sächsischen Bildhauer Paul Heermann (1673-1732), von diesem gefertigt aus Elfenbein und Ebenholz - Materialien, die man heutzutage mehrheitlich natürlich nicht mehr verwenden dürfte.

Die 32 Figuren sind individuell geschnitzt, keine gleicht der anderen. Die filigranen Miniaturen - sie wirken wie Studien zu großen Skulpturen - stellen sowohl "europäisch" als auch "afrikanisch-orientalisch" gekleidete Personen dar; mit Bauern als Soldaten und Läufern als Herolde. Mitunter zu Fuß oder auf Elefanten reitend.

Die etwa acht Zentimeter großen Figuren finden sich auf einer 56,5 mal 56,5 Zentimeter messenden Brettschatulle mit Feldern aus grün gefärbtem Elfenbein, Schildpatt mit Silbereinlagen und passendem Futteral für die Figuren, gefertigt vom Augsburger Goldschmied Paul Solanier (1635-1724).

Gut möglich, dass damit auch manchmal gespielt wurde, vermutet Museumsdirektor Winzeler. "Gebrauchsspuren gibt es jedoch nicht."

Schachbrett war zuletzt in Paris

Reiter auf Elefanten, fein ziselierte Läufer: Dieses Schachspiel ist ein barockes Meisterwerk.
Reiter auf Elefanten, fein ziselierte Läufer: Dieses Schachspiel ist ein barockes Meisterwerk.  © Hendrik Schmidt/dpa

Seit dem 18. Jahrhundert bis 1920 habe sich das Schachspiel im Besitz der Bankiersfamilie von Münch (Schloss Hohenmühringen) befunden. 2018 wurde das bis dahin in der Forschung komplett unbekannte Schachspiel bei Christie's in London versteigert, befand sich seither in der Galerie Kugel in Paris.

Offenbar wusste niemand, was für einen Schatz man besaß. "100 Jahre Ignoranz", so fasst es Martin Hoerness (58), Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung, angesichts der damals leicht verstaubten Verwahrlosung zusammen.

Nun habe man das Luxusobjekt für eine Summe etwas unter einer Million Euro für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) erworben. Hoerness: "Ein schöneres Geschenk haben wir dem Grünen Gewölbe zum Geburtstag nicht machen können." Der Ankauf gelte aber nicht nur zum Augenschmaus, sondern solle auch der Forschung dienen.

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Die habe laut Museumsdirektor Winzeler längst begonnen, für das kommende Frühjahr sei eine Kabinettsausstellung geplant. Schon jetzt sei aber klar, dass dieses Prunkstück eine Lücke schließe: "Laut historischen Inventaren gehörten mindestens drei vergleichbare Schachspiele zum Bestand unserer Sammlung, die aber verloren gingen."

Titelfoto: Montage: Ove Landgraf, Hendrik Schmidt/dpa

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