Dresden - Wenn Häuser schweigen, müssen Apps sprechen: In Radebeul haben Schüler des Lößnitzgymnasiums eine digitale Spurensuche gestartet - um jenen eine Stimme zu geben, die der Nationalsozialismus zum Schweigen brachte. Mit einem virtuellen Rundgang per App erinnern sie an jüdische Familien aus ihrer Heimatstadt.
"Das war eigentlich mal nur eine Note in Geschichte", erzählt Ben (18). Damals in der 9. Klasse startete das Projekt.
Dann wurde es zur Studienarbeit von ihm, Wilhelm (18), Adrian (18) und Jonas (17). Aus Archivfunden, Bibliotheksrecherchen und Historiker-Infos entstand so ein digitales Erinnerungsprojekt.
Die erste Station ist das Haus der Familie Wach. "Felix und Katharine Wach wurden während der NS-Zeit enteignet und vertrieben", erzählt Jonas. Felix starb 1943 in Dresden, Katharine überlebte und floh über Schweden in die Schweiz.
Ihr Wohnhaus steht noch - aber ohne Hinweis auf seine Geschichte. Weiter geht es zum ehemaligen Haus der Familie Aronade in der Clara-Zetkin-Straße. "Katharina Aronade und ihr Sohn Günther wurden in Auschwitz ermordet", so Wilhelm. Nur der andere Sohn Kurt überlebte - nach einer Flucht bis ins damalige Palästina.
Eine weitere Station erinnert an Albert und Hilda Sondhelm, die mit ihrer Tochter in der heutigen Karl-Marx-Straße lebten. Nach der Arisierung verlor Albert seine Stelle, die Familie floh 1938 über Haifa in die USA. "Viel ist über ihr Leben nicht bekannt", sagt Adrian.
Die vierte Station widmet sich Jakob Gerstle und Grete Salzburg. Nach dem Zwangsverkauf ihrer Geschäftsanteile verließen sie 1938 Radebeul Richtung London. Jakob starb 1942, Grete wanderte später in die USA aus. "Ihre Nachkommen leben heute in Kalifornien", erzählt Ben.
Der Rundgang läuft über die App "Actionbound". Eine KI-Stimme von Victor Klemperer führt die Nutzer durch die Stadt. Videos, Bilder und Quizfragen machen die Geschichte lebendig.