Wie ich als Schornsteinfeger zum Glücksbringer wurde

Dresden - Man kennt sie als wandelnde Rußraketen, Glücksbringer auf zwei Beinen oder schwarze Ninjas des Brandschutzes: Schornsteinfeger. Ich, der TAG24-Reporter, darf einen Tag lang selbst in die dunkle Montur schlüpfen - ganz ohne Show, dafür mit echtem Dreck, echtem Handwerk und einer Erkenntnis, die mich den nächsten Muskelkater fürchten lässt: Diese Arbeit hat's echt in sich!

TAG24-Reporter Benjamin Schön (22): Ein bisschen Ruß im Gesicht ist beim Fegen der Essen schon fast normal.  © Norbert Neumann

Los geht's im Büro der Firma Fegus, meinem heutigen Arbeitgeber. Jeans? Vergiss es! Wer aufs Dach will, braucht Uniform - und zwar komplett. Schornsteinfegermeister Marc (35) steht schon bereit: Zylinder auf dem Kopf, Ruhe weg, ein Profi durch und durch. Ich? Bekomme die Lehrlingskappe, also ist sofort klar, wer hier wirklich Ahnung hat.

Erstes Ziel: ein Altbau in der Altstadt - Marcs Bezirk. Werkzeug geschnappt und gefühlte 700 Treppenstufen erklommen. Oben angekommen, warten eine klapprige Leiter und eine Dachluke, die offenbar für Zwerge gebaut wurde.

Also irgendwie durchgequetscht - der erste sportliche Einsatz meines Tages. Dann raus aufs Dach - und bam! Dresden liegt mir zu Füßen.

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Schornsteine überall, kein Geländer weit und breit. Schön für die Aussicht, schlecht fürs Nervenkostüm. Aber hey, schwindelfrei bin ich ja zum Glück - oder? Hier oben habe ich den festen Stand eines Wackelpuddings.

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Da musste sich unser Reporter (r.) in luftiger Höhe beweisen.  © Norbert Neumann

Runter ist einfach, aber wieder hoch ...

Schornsteinfegermeister Marc (35, r.) schaut genau hin.  © Norbert Neumann

Dann heißt es Schornsteine kehren. Während ich den Kaminbesen durch den Schornstein ziehe, stelle ich mir vor, was wohl passieren würde, wenn ich das Teil aus Versehen den Schornstein hinunterjage.

Marc erklärt geduldig jeden Schritt, während ich versuche, so zu tun, als würde ich das täglich machen. Runter ist einfach, aber das 2,5 Kilo schwere Rußwerkzeug wieder 30 Meter hochziehen? Halleluja. Ich entdecke Muskeln, von denen ich bisher dachte, sie seien nur in Anatomie-Lehrbüchern zu finden ...

Auf dem Dach sind wir fertig, dann geht es in eine Wohnung, wo gerade renoviert wird. Kamin prüfen.

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Plötzlich ein slowakischer Bauarbeiter, der bei meinem Anblick richtig aufblüht: "Ach, Schornsteinfeger! Warte, warte!" Und zack - beginnt er, meine Jackenknöpfe zu polieren, und macht ein Foto von Marc und mir.

Der Weg aufs Dach hat es in sich.  © Norbert Neumann

TAG24-Reporter bekommt tolles Feedback von Schornsteinfegermeister Marc

Auch die Kamine in den Wohnungen müssen überprüft werden.  © Norbert Neumann

Marc lacht: "Das passiert mir ständig. Besonders schön ist es bei Kindern." Ganz ehrlich: So wie ein Popstar angehimmelt zu werden - nehm ich. Sofort wieder.

Zum Schluss in den dunklen Keller. Dort muss der Dreck, den ich so fleißig von den Wänden gekehrt habe, natürlich raus aus der Esse. Danach Feierabend.

Marcs Fazit? "Du hast dich echt gut angestellt - viele trauen sich nicht mal aufs Dach. Und beim Kehren hast du das Seil fast besser geführt als manche Azubis." Also das geht runter wie Öl. In diesem Sinne: "Gut Ruß".

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Die Zukunft der Essenkehrer-Gilde

Schornsteinfeger gelten seit dem Mittelalter als Glücksbringer - schließlich sorgten sie dafür, dass es nicht brannte. Wer sie sah oder gar ihren goldenen Knopf berührte, durfte auf Schutz vor Feuer und bösen Geistern hoffen.

Heute sind sie längst auch Experten für Heizungen, Umweltschutz und Sicherheit. Doch das traditionelle Kehrgeschäft steht vor dem Aus - bis 2045 könnte Schluss sein. Nur bis dahin dürfen laut Gesetz fossile Brennstoffe genutzt werden.

Deshalb denkt etwa die Firma Fegus schon weiter: Neben dem Schornsteinbau und der Gebäude-Energieberatung setzen sie unter anderem auf Elektrokamine. Diese kommen in Häusern zum Einsatz, wo der Betrieb eines normalen Kamins schlichtweg nicht möglich ist.

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