Haben Behörden gepennt? Dieser Beschluss soll nach 35 (!) Jahren umgesetzt werden

Dresden - Stellt euch vor, wir schreiben September 1990. Die Zeit kurz vor der Wiedervereinigung, als Smartphones und Internet Zukunftsmusik waren, Trabis das Straßenbild prägten. Viele hatten weder Auto noch Festnetz. Genau damals beschloss die Stadt, den kleinen Randbezirk Sporbitz kurz vor Heidenau mit neuen Flächen für Gewerbe, Wohnen und Erholung aufzuwerten. Doch erst jetzt nimmt das Rathaus diesen Plan wieder auf - 35 Jahre später!

Diese Idee ist jahrzehntealt: Das weitgehend brachliegende Gewerbegebiet zwischen Lugaer Graben, Pirnaer Landstraße und Fritz-Schreiter-Straße soll attraktiver werden.  © Norbert Neumann

Als die Pläne geschmiedet wurden, war Günter Platter (87) noch als Mechaniker werktätig. Inzwischen ist er lange in Rente und zweifelt daran, dass er bei Fertigstellung der neuen Stadtpläne noch lebt. "Es wäre wirklich schön, wenn die Gegend wieder aufblühen würde. Früher hatten wir Fleischer, Friseur und Konsum vor Ort. Aber ich glaube nicht, dass ich das noch erlebe."

Eigentlich will die Stadtverwaltung, was Günter Platter sich wünscht: Gewerbebrachen wiederbeleben und dadurch die Wirtschaft ankurbeln, außerdem schöne Grünflächen anlegen und sogar Wohnungen bauen lassen.

Warum erst jetzt - 35 Jahre nach dem ersten Beschluss, 28 Jahre nach der ersten Bürgerbeteiligung?

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Wird Günter Platter (87) noch miterleben, wie das Projekt umgesetzt wird?  © Norbert Neumann
Aktuell gibt es fast keine Einkaufsläden in Sporbitz. Christine Schirmer (73) hat sich damit arrangiert.  © Norbert Neumann

Hier verweist das Rathaus auf das Jahrhunderthochwasser von 2002. Denn: Das Plangebiet lag teils im festgesetzten Überschwemmungsgebiet.

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Im Juni soll der Bauausschuss entscheiden

Ziel ist ein "Gewerbecampus" mit einer "lebendigen, innovativen und kooperativen Atmosphäre". Auch Blühstreifen und Baumreihen sollen helfen, Sporbitz aufzuwerten.  © LH Dresden/Panattoni

"Nach dem damals geltenden Paragrafen des Sächsischen Wassergesetzes war die Ausweisung neuer Baugebiete in Überschwemmungsgebieten untersagt", erklärt die Stadt. Mit der Erarbeitung neuer Pläne ohne Bebauung dieser Überflutungsgebiete begann die Stadtverwaltung aber erst 2024, gemeinsam mit den Grundstückseigentümern.

Im Juni soll der Bauausschuss über den Rahmenplan und die Aufstellung eines Bebauungsplans entscheiden.

"Das hätte man schon früher angehen können", findet Anwohnerin Christine Schirmer (73). Sie hat sich daran gewöhnt, weite Strecken zur nächsten Kaufhalle zurückzulegen. "Früher hätten mir Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe gefallen, aber jetzt habe ich mich eingerichtet. Länger zum Supermarkt laufen zu müssen, hält auch fit."

1990 waren Trabis ein ganz normaler Anblick in Dresden.  © picture alliance/dpa/Jan Woitas

Ob sie bei der neuen, von der Stadt geplanten Bürgerbeteiligung mitmachen will? Frau Schirmer will es sich überlegen. Rentner Platter fühlt sich zu alt für die Teilnahme ...

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