Hilfe aus dem Kühlschrank: Gegen Asthma ist ein neues "Kraut" gewachsen!

Dresden - Ständiges Husten und Keuchen: Zum Welt-Asthma-Tag am kommenden Dienstag machen Pneumologen auf die vielen tückischen Erscheinungsformen der Volkskrankheit Asthma bronchiale aufmerksam.

Um die Antikörper-Therapie mit Spritzen aus dem heimischen Kühlschrank starten zu können, musste sich Asthmatikerin Claudia Terp (54) vorher das Rauchen abgewöhnen.
Um die Antikörper-Therapie mit Spritzen aus dem heimischen Kühlschrank starten zu können, musste sich Asthmatikerin Claudia Terp (54) vorher das Rauchen abgewöhnen.  © Steffen Füssel

Ihren ersten Anfall vergisst sie nie: Als die Dresdnerin Claudia Terp (54) 1988 ihren Sohn in den Kindergarten gebracht hatte, bekam sie auf dem Nachhauseweg plötzlich keine Luft mehr.

"Es fühlte sich an, als hätte sich jemand auf meinen Brustkorb gesetzt und mir die Luft abgeschnürt", weiß sie noch wie heute.

Nach etlichen Tests stand die Diagnose fest: Asthma bronchiale. Als Ursache wurde eine nicht richtig auskurierte Lungenentzündung ausfindig gemacht. Terp bekam ein Asthma-Spray und Tabletten.

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Seitdem ist das Notfall-Spray ihr ständiger Begleiter: "Ich habe überall eines deponiert - in der Jackentasche, in meiner Handtasche, auf Arbeit und im Handschuhfach im Auto." Und die braucht sie auch. Denn die Anfälle kamen immer wieder, immer öfter, bei allen möglichen Alltagssituationen.

Bei der letzten schweren Attacke musste Claudia Terp im März ins Krankenhaus, kam an den Tropf. Hartnäckiges Sekret aus ihrer Lunge musste abgesaugt werden. Auch die Nebenwirkungen der langen Kortison-Behandlung hatten sich bemerkbar gemacht: "Ich habe im Laufe der Zeit etliche Kilos zugelegt." Sie musste zu zwei Kuren nach Ahlbeck an die Ostsee. "Mein Lungenarzt empfahl mir sogar, für immer an die See zu ziehen, weil die Luft dort sauberer ist", erzählt sie.

Doch sie blieb im Elbtal in Dresden. Ihren Job als Kommissioniererin beim Pressevertrieb musste sie im Juni 2020 jedoch aufgeben. Die Feinstaubbelastung war zu hoch.

Asthma-Patienten profitieren von neuer Behandlungsmethode

Im Fall eines Anfalls immer parat: Auch in ihrem Auto hat Claudia Terp eines ihrer Notfall-Sprays immer griffbereit.
Im Fall eines Anfalls immer parat: Auch in ihrem Auto hat Claudia Terp eines ihrer Notfall-Sprays immer griffbereit.  © Steffen Füssel

Als schließlich auch Prednisolon-Kuren (Kortison) nicht mehr anschlugen, empfahl ihr Pulmologe die neue Antikörper-Therapie. Im März wurde sie in der Klinik auf die neuen Spritzen umgestellt.

"Jetzt fühle ich mich, als wäre mir eine neue Lunge implantiert worden", freut sie sich. Zu Hause spritzt sie sich jetzt selber alle vier Wochen die Arznei in die Bauchdecke: "Das tut nicht weh. Ich habe auch keine Angst vor Spritzen."

Seit Beginn der Therapie gab es keinen neuen Asthma-Anfall.

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Und während ihr zuletzt in der Pollenzeit oder bei kühler Witterung schon das Vor-die-Tür-Treten Atemprobleme bereitete, kann sie jetzt sogar auf dem Balkon sitzen und zum Einkaufen gehen.

So funktioniert die Antikörper-Therapie

Prof. Dirk Koschel (52) ist nicht nur Bereichsleiter der Pneumologie am Dresdner Uniklinikum, sondern gleichzeitig auch Chefarzt am Fachkrankenhaus Coswig.
Prof. Dirk Koschel (52) ist nicht nur Bereichsleiter der Pneumologie am Dresdner Uniklinikum, sondern gleichzeitig auch Chefarzt am Fachkrankenhaus Coswig.  © IMAGO/Arvid Müller, Thomas Türpe

"Fünf Prozent der Asthma-Patienten leiden an einer besonders schweren Form", sagt Prof. Dirk Koschel (52), Bereichsleiter der Pneumologie am Dresdner Uniklinikum.

"Bei sogenanntem schweren Asthma der Stufe 5 wurde mit der neuen Antikörper-Therapie ein Paradigmenwechsel bei der Asthma-Behandlung eingeleitet", sagt Koschel.

Dabei muss das Medikament je nach Präparat im Abstand von zwei, vier oder acht Wochen unter die Haut gespritzt werden - zum Beispiel in den Oberschenkel oder in den Bauch - wie bei einer Thrombose- oder Insulinspritze bei Diabetikern. Prof. Koschel: "Derzeit stehen uns vier verschiedene Antikörper-Präparate zur Verfügung."

Die Antikörper blockieren Botenstoffe im Blut, sodass sie nicht mehr ihre Botschaft von Zelle zu Zelle weitergeben können, eine Entzündungsreaktion auszulösen. Dabei blockieren die Antikörper entweder die Botenstoffe selbst. Oder sie docken an den Zellrezeptoren für die Interleukine an und verstopfen sie damit. Beide Maßnahmen stoppen die Entzündungsreaktion.

"Unter der Antikörper-Therapie schwächen sich die Asthmasymptome ab. Die Lungenfunktion wird stabilisiert, was die Lebensqualität der Patienten verbessert", sagt Prof. Koschel. "Zudem sinkt die Notwendigkeit deutlich, Kortison-Tabletten einnehmen zu müssen."

Titelfoto: Steffen Füssel, Thomas Türpe (Bildmontage)

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