In einer Stunde zum Dönermann: Warum das schwerer ist als gedacht

Dresden - Döner machen sieht von außen immer erstaunlich leicht aus. Ein bisschen schneiden, ein bisschen stapeln, bisschen Soße, fertig. Doch kaum stehe ich, der TAG24-Reporter, selbst hinter der Theke, wird klar: Hier läuft nichts "ein bisschen". Plötzlich wird aus Fast Food echte Feinarbeit.

TAG24-Reporter Benjamin Schön (22) gibt sein Bestes beim Abschneiden des Fleisches.  © Norbert Neumann

Ich komme an beim "Keke Kumpir & Kebap Haus" in der Dresdner Neustadt. Direkt bekomme ich ein T-Shirt vom Laden überreicht, schlüpfe rein und gehöre ab jetzt irgendwie dazu.

Die Männer begrüßen mich, erklären Abläufe. Man merkt sofort: Hier weiß jeder, was er tut. Ich dagegen bin neu und versuche, möglichst nicht im Weg rumzustehen.

Normalerweise fängt man unten an: Salat schneiden, abwaschen, erst mal beobachten. Heute aber gibt es eine Ausnahme. Ich darf direkt zum Spieß. Die Königsdisziplin.

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Kemal Eroglu (36) übernimmt die Einführung. Er steht am Hähnchen-Spieß, nimmt das lange Messer in die Hand, gleitet damit gleichmäßig übers Fleisch - und in wenigen Sekunden liegt eine Portion Hähnchen perfekt geschnitten da.

Ich bin beeindruckt. Dann bin ich dran.

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Das "Keke Kumpir & Kebap Haus" auf der Louisenstraße in der Dresdner Neustadt.  © Norbert Neumann

Es läuft nicht ganz so glatt, wie gedacht

Sinan (29, l.), Andrey (32, 3.v.l.) und Kazim (36, r.) nehmen unseren Reporter direkt ins Team auf.  © Norbert Neumann

Das Messer in meiner Hand ist fast so groß wie mein Arm. Ich versuche, den gleichen Schwung hinzukriegen. Klappt nicht. Die Stücke sind unregelmäßig, mal zu dick, mal zu dünn, mal gar nicht geschnitten, sondern eher rausgerissen.

Der Spieß sieht danach aus, als hätte ich ihn mit verbundenen Augen und einer Gabel bearbeitet. Ich frage mich kurz, ob ich die misslungenen Stücke vielleicht einfach selbst essen kann. Aber so läuft das hier nicht.

Am Kalbsspieß läuft es zum Glück etwas besser. Hier hilft die Technik. Ich rasiere das Fleisch regelrecht vom Spieß. Zum ersten Mal sieht das, was ich produziere, nach Döner aus.

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Dann wird es ernst. Ich soll einen Döner komplett selbst machen.

Nicht nur Fleisch rasieren und Gemüse schneiden, auch Kellnern gehört zum Gastrojob.  © Norbert Neumann

Hier geht’s um Timing

Einen Döner selbst zu machen, ist schon ein kleines Kunstprojekt.  © Norbert Neumann

Während das Brot knusprig toastet, schneide ich konzentriert Fleisch. Kemal fordert neben mir: "Bisschen schneller." Stimmt. Das Brot wartet nicht. Hier geht’s um Timing. Ich nehme das Brot raus, klappe es auf, gebe Knoblauchsoße hinein. Fleisch auf eine Seite, nicht zu wenig, nicht zu viel.

Dann Salat. "Schön stapeln wie eine Treppe", sagt Kemal. Es wirkt wie ein kleiner Bauauftrag. Ich gebe mir Mühe. Es ist kein Meisterwerk, aber es sieht irgendwie aus wie ein Döner. Noch ein Schuss scharfe Soße obendrauf - fertig ist mein erster selbst gemachter Döner. Das wären dann 7 Euro, bitte.

Ungefähr eine Stunde hat es also gedauert, dann war ich - zumindest für einen kurzen Moment - ein Dönermann. Wenn auch kein guter. Oder was sagt der Chef Kazim Eroglu (54): "Joa, schon okay. Alle starten bei null. Es gibt ja keine Ausbildung zum Dönermann. Deshalb bist du ja quasi auch eine Null, aber das ist schon okay."

Ich nehme das mit einem Lächeln. Ich bin vielleicht noch kein guter Dönermann - aber ich weiß jetzt, wie viel Können, Tempo und Gefühl in jedem einzelnen steckt.

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Imbisshit wurde in Berlin geboren

Der Döner kommt ursprünglich aus der Türkei. Das Wort leitet sich vom türkischen "dönmek" ab, was so viel heißt wie "sich drehen".

Richtig berühmt wurde das Ganze aber erst in den 1970er-Jahren - und zwar in Deutschland. Türkische Gastarbeiter, vor allem in Berlin, packten das Fleisch zusammen mit Salat, Zwiebeln und Soße ins knusprige Fladenbrot. Der Imbissklassiker war geboren. Mittlerweile ist der Döner in ganz Deutschland verbreitet. Vor allem in der sächsischen Landeshauptstadt sind Dönerläden nicht mehr wegzudenken.

Erst vor drei Jahren wurde Dresden vom Lieferdienst "Lieferando" zu Deutschlands Dönerhauptstadt gekürt, führte das Ranking mit knapp 17 Dönerbuden pro 100.000 Einwohnern an.

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