Umweltskandal in Dresden: Krebserregende Chemikalien verunsichern die Anwohner
Dresden - Umweltskandal im Dresdner Norden! Wie erst jetzt bekannt wird, haben die Behörden in den Stadtteilen Klotzsche und Weixdorf gefährliche Chemikalien in Gewässern um den Flughafen entdeckt.
Auch in Brunnenwasser wurden die gesundheitsgefährdenden Schadstoffe nachgewiesen. Das Rathaus verbot Fischverkauf, leitete weitere Untersuchungen und Schutzmaßnahmen ein.
Die Aufarbeitung steht am Anfang, die Ursache für die Verunreinigungen ist noch unklar. Bei den aufgetauchten Schadstoffen handelt es sich um sogenannte Ewigkeitschemikalien "PFAS".
Vereinfacht gesagt sind das toxische Industriestoffe, von denen viele als krebserregend gelten.
Nachdem das Landesumweltamt (LfULG) von Juli bis November 2024 erstmalig Wasserproben in Gewässern in Hellerau, Lausa und Weixdorf genommen hatte, wurden im Labor teils erhöhte PFAS-Konzentrationen nachgewiesen, das Dresdner Umweltamt im April informiert, das auch Proben nahm.
Rathaus spricht von keiner gesundheitlichen Gefährdungslage
Besonders betroffen sind Ziegeleiteichgraben, Ziegeleiteich sowie Waldbad Weixdorf, wo bei Fischen die Höchstwerte für die Schadstoffkonzentration in Lebensmitteln ebenfalls überschritten wurde. "Möglicherweise stehen wir vor einem riesigen Umweltproblem", sagt Steven Grünberg (38) vom ansässigen Verein Waldbadkultur Weixdorf.
Anfang Oktober verboten die Behörden den alljährlich stattfindenden Fischverkauf. Das Gesundheitsamt wies die Schadstoffe auch in Brunnenwasser um den Ziegeleiteich nach, warnte betroffene Nutzer.
"Eine unmittelbare gesundheitliche Gefährdungslage für die Bevölkerung im Dresdner Norden ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben", teilt das Rathaus zwar mit.
Aber: Bei anhaltendem und ausgeprägtem Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln (Fisch, Obst, Gemüse, Wasser) kann sich "PFAS" im Blut, Fettgewebe und Organen (etwa Leber) anreichern. Das kann zu Störungen der Nierenfunktion, des Schilddrüsenhormonspiegels und erhöhtem Risiko für bestimmte Krebserkrankungen sowie Fruchtbarkeitsproblemen führen.
Die rund 400 Siedler am Waldbad beziehen ihr Brauchwasser in der Regel aus den auf dem Gelände verteilten Brunnen und füllen es in Kannen oder Kanister, etwa zum Gießen von Blumen und Sträuchern, erklärt Grünberg. Nicht betroffen ist das öffentliche Trinkwassernetz.
Flughafen verwendete Feuerlöschschaum mit PFAS
Ob Baden im Waldbad noch möglich sein wird, dazu laufen Analysen. Außerdem untersucht die Stadt weitere Gewässer, Sedimente und Brunnen im erweiterten Umfeld.
Ergebnisse werden Anfang Januar erwartet. Auch der Flughafen steht aktuell im Austausch mit den Behörden. Ab 2007 gehörte dort laut Sprecher Feuerlöschschaum mit PFAS ("STHAMEX F-15") zum Bestand.
Entsprechende Einsätze der Werkfeuerwehr wurden allerdings nicht dokumentiert. 2020/21 erfolgte die Umstellung auf ein schadstofffreies Mittel.
"Nachdem die Landeshauptstadt über ein mögliches PFAS-Vorkommen in Gewässern informiert worden war, haben wir umgehend umfassende Schritte eingeleitet, um das Ausmaß des Vorkommens sowie dessen Ursache zu ergründen", so Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (60, Grüne).
Die Öffentlichkeit wurde über das Ausmaß allerdings erst am Montagabend im Ortschaftsrat Weixdorf informiert. Grünberg, der auch Ortsbeirat (Wählervereinigung "Sportfreunde für Weixdorf") ist: "Wir waren sprachlos."
Was ist PFAS?
Ewigkeitschemikalien "PFAS" (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) ist eine Gruppe von Tausenden künstlich hergestellten Stoffen. Sie sind hitzestabil sowie wasser- und fettabweisend.
Darum finden sie etwa in Outdoor-Kleidung, Pfannen, Kosmetik und Feuerlöschschäumen Anwendung. Einmal in die Umwelt gelangt, können sie durch Bakterien oder Licht nicht zersetzt werden, können ins Grundwasser einsickern und sich über die Nahrungskette in Pflanzen, Tieren und Menschen anreichern.
PFAS ist quasi der Plastikmüll auf molekularer Ebene, der bei gewisser Menge das Immunsystem schwächen kann.
Titelfoto: Montage: Stefan Häßler, Wikipedia

