Nach Zwangsschließung: Dresdens Museen öffnen unter harten Bedingungen

Dresden - Seit sieben Wochen ist die Kulturstadt Dresden wie lahmgelegt, die Innenstadt menschenleer, stehen Oper, Theater, Konzerthäuser und Museen wie verlassen da. Ab dieser Woche nun erlaubt sich das kulturelle Leben langsam wieder lebendig zu sein. Zwar bleiben die Theater geschlossen, doch öffnen die Museen, wenn auch unter den strengen Bedingungen des Sicherheitskonzepts.

Maskenhaft: ein Bild wie aus einem Katastrophenfilm. Kulturministerin Barbara Klepsch und Kulturdezernentin Annekatrin Klepsch rahmen den Direktor des Verkehrsmuseums und Vorsitzenden des Sächsischen Museumsbundes, Joachim Breuninger, ein.
Maskenhaft: ein Bild wie aus einem Katastrophenfilm. Kulturministerin Barbara Klepsch und Kulturdezernentin Annekatrin Klepsch rahmen den Direktor des Verkehrsmuseums und Vorsitzenden des Sächsischen Museumsbundes, Joachim Breuninger, ein.  © Eric Münch

Man wolle den "Schritt ins normale Leben wagen", sagte Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) am Montag bei einer Pressekonferenz zur Wiedereröffnung der Museen im Verkehrsmuseum. 

Das normale Leben ein Wagnis, so ist es wohl. "Das Virus ist nicht weg", so die Ministerin. 

Das müsse jede Überlegung für eine Lockerung von Kontaktsperrmaßnahmen im Blick haben. 

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Ohnehin gelte auch in den Museen, wie beim Einkaufen oder in Bussen und Bahnen, unbedingte Maskenpflicht.

An der Seite der Ministerin beim Pressetermin Dresdens Kulturbürgermeisterin, die - obwohl nicht verwandt - denselben Nachnamen trägt, Annekatrin Klepsch (Linke). 

Sie erläuterte das Maß für das Abstandsgebot von Person zu Person, das im Ausstellungsbetrieb gelte. 

Nicht mehr als eine Person je 20 Quadratmeter, so lautet die Faustformel. 

Bezogen auf die reale Ausstellungssituation bedeutet das am Beispiel der Gemäldegalerie Alte Meister: Maximal 200 Besucher (statt sonst 675) dürfen gleichzeitig in der Ausstellung sein, die eine Fläche von ungefähr 4 000 Quadratmetern einnimmt. 

Obendrein haben auch die einzelnen Säle Höchstkontingente.

Die Gemäldegalerie gehört zu den ersten Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), die wieder in Betrieb gehen. Den Anfang gemacht hatte gestern das Kunstgewerbemuseum in Schloss Pillnitz. Bis Mitte Juni sollen die anderen SKD-Einrichtungen folgen.

Man wolle Erfahrungen sammeln beim Besuchermanagement, erklärte Generaldirektorin Marion Ackermann, aus diesem Grund würden nicht alle Museen auf einmal geöffnet.

Doch sei die Planung nicht in Stein gemeißelt. Ackermann: "Umplanungen sind deshalb nicht ausgeschlossen".

Oper, Theater und Konzerthäuser bis heute ohne Perspektive auf Wiedereröffnung

Pressekonferenz im Verkehrsmuseum am Neumarkt zur Wiedereröffnung der Museen in Dresden und Sachsen.
Pressekonferenz im Verkehrsmuseum am Neumarkt zur Wiedereröffnung der Museen in Dresden und Sachsen.  © Eric Münch

Verbunden mit der Gemäldegalerie ist ein "Pilotprojekt" von Staatskanzlei und SKD. 

Mittels eines Online-Formulars können Besucher dort freiwillig ihre Kontaktdaten hinterlassen, damit sie später kontaktiert werden können, sollte sich unter den Besuchern ein Corona-Fall ergeben haben.

Außer den Museen der SKD nehmen auch Schlösser und Gärten den Ausstellungsbetrieb wieder auf, Verkehrsmuseum, Deutsches Hygiene-Museum sowie die Museen der Stadt, zehn an der Zahl.

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Heute und morgen wird dort wiedereröffnet, am 9. Mai folgt zuletzt das Schillerhäuschen.

Dort wo Kinder in Ausstellungen aktiv mitmachen können, wie etwa im Hygiene-Museum oder in den Technischen Sammlungen, bleiben diese Bereiche geschlossen - zu hoch die Ansteckungsgefahr. Immerhin ist deshalb der Eintritt um die Hälfte ermäßigt.

Bleibt das Militärhistorische Museum, das der Bundeswehr untersteht. Abhängig von den Entscheidungen des Bundes wird der 11. Mai als Eröffnungstermin angepeilt.

Mit der Wiederbelebung der Museen ist das "normale Leben" gleichwohl noch ein gehöriges Stück weit entfernt.

Nicht allein, dass die Touristen fehlen, welche nahezu alle Kultureinrichtungen zum Wirtschaften dringend brauchen, sind Oper, Theater und Konzerthäuser bis heute ohne Perspektive auf Wiedereröffnung.

Dresdens Kulturbürgermeisterin Klepsch mahnt daher die Staatsregierung, auch für diese Kulturbetriebe "Planungssicherheit zu schaffen".

Nach Einbruch: Geht auch das Historische Grüne Gewölbe wieder in Betrieb?

Leer nach Raub: die wahrscheinlich berühmteste Museums-Vitrine Deutschlands.
Leer nach Raub: die wahrscheinlich berühmteste Museums-Vitrine Deutschlands.  © MDR

Die Staatlichen Kunstsammlungen wollen ihre Museen über einen längeren Zeitraum gestaffelt wieder an den Ausstellungsbetrieb anschließen. 

Nach momentanem Stand soll dieser Prozess am 19. Juni mit der Wiedereröffnung des Albertinums abgeschlossen werden. 

Zuvor, am 30. Mai, steht nach derzeitiger Planung die Wiedereröffnung von "Teilbereichen des Residenzschlosses" an. Gilt das auch für das Historische Grüne Gewölbe (HGG)?

Das HGG ist seit dem Einbruch vom 25. November 2019 geschlossen. Seither ermittelt das Landeskriminalamt die Hintergründe des Verbrechens. 

Wie es geschehen konnte, dass die Räuber so leichtes Spiel hatten, die Sicherheitsanlagen am Schloss zu überwinden und in die Museumsräume einzudringen, ist eine unbeantwortete Frage, über die sich bislang alle Beteiligten, im Wesentlichen Freistaat und Polizeibehörden, in Schweigen hüllen. 

Auch ob das HGG im Zuge der anstehenden Wiedereröffnungen von Museen inbegriffen sein wird, bleibt vorerst unklar. Offenbar haben die Folgen des Raubzuges und jene des Virus allenfalls insoweit miteinander zu tun, als dass Corona geneigt ist, die Wiedereröffnung des HGG zu verzögern.

„Die intensiven Abstimmungsrunden zu den Sicherheitskonzepten zwischen SKD, SIB und LKA konnten in den zurückliegenden Wochen Corona bedingt nicht im üblichen Rhythmus stattfinden, da sie aus Sicherheitsgründen nicht per Videokonferenz geführt werden durften“, sagt SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann.

Jetzt werde man mit Hochdruck die Gespräche wieder aufnehmen. Das HGG Ende Mai wiederzueröffnen, sei zwar wünschenswert, aber noch nicht sicher, so Ackermann. 

Dresdens Museen: Wie hoch sind die Verluste und wer kommt für sie auf?

Fürchtet existenzielle Probleme für einige Museen und fordert Unterstützung seitens der Träger: Joachim Breuninger (50), Chef des Sächsischen Museumsbundes.
Fürchtet existenzielle Probleme für einige Museen und fordert Unterstützung seitens der Träger: Joachim Breuninger (50), Chef des Sächsischen Museumsbundes.  © Eric Münch

"Für uns Museumsmacher waren die letzten sieben Wochen eine harte Zeit", sagt Joachim Breuninger (50), Chef des Sächsischen Museumsbundes und Direktor des Dresdner Verkehrsmuseums. 

Aber wird mit der schrittweisen Öffnung der Häuser alles wieder gut? Breuningers Antwort fällt ernüchternd aus: "Da liegen wir falsch."

Grund: "Wir werden jetzt die vollen Kosten haben, aber nicht alle Einnahmen." 

Breuninger rechnet damit, dass vor allem gut 50 Prozent der Touristen als Besuchergruppe absehbar ausfallen werden, auch werden vorerst Kitas und Schulen die Museen nicht besuchen. 

Sein eigenes Haus, das Verkehrsmuseum, habe während der Zwangsschließung rund 600 000 Euro pro Monat verloren. Er rechnet fürs Jahr maximal nur mit der Hälfte der Einnahmen: "Die Krise ist also nicht vorbei."

Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (42, Linke) pflichtet Breuninger bei: "Das Wegbleiben der Touristen wird uns noch hart treffen." Ihr Haus habe für die vergangenen drei Monate einen Verlust von 6,5 Millionen Euro für alle städtischen Museen ermittelt. 

Der Betrieb sei zwar gesichert, doch sorgt Klepsch sich angesichts der Kassensituation um den nächsten Doppelhaushalt: "Wir dürfen nicht unser kulturelles Erbe gefährden, wenn allein fiskalisch gedacht wird."

Für die staatlichen Einrichtungen wird der Einnahmeausfall laut Kulturministerin Barbara Klepsch (54, CDU) derzeit ermittelt. Die Dimensionen deutet SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann (55) an: "Im ersten Monat hatten wir eine Million Euro Verlust, im zweiten 1,5 Millionen Euro."

Joachim Breuninger appelliert: "Die Museen brauchen jetzt die volle Unterstützung ihrer Träger." 

Laut Barbara Klepsch arbeitet der Freistaat an einem Hilfsprogramm für die nicht staatlichen Museen. Die Ministerin bezieht sich dabei auf das sächsische Kulturraumgesetz: "Der Freistaat und die Kommunen sitzen in einem Boot, um die Finanzierung neu anzugehen."

Titelfoto: Eric Münch

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