Arbeitsmarkt, Mieten, Sicherheit: Wie stark hat die Flüchtlingskrise Dresden verändert?

Dresden - Fast genau zehn Jahre ist es her, dass Angela Merkel (71, CDU) "Wir schaffen das" sagte, über eine Million Flüchtlinge nach Deutschland einreisten. Die Flüchtlingskrise hat auch Dresden verändert: Hier landeten seither über 21.000 Asylbewerber, viele aus anderen Kulturkreisen. Wie steht es um ihre Integration? Und welche Folgen hat die Migration für Dresdens Sicherheit, Finanzen und politisches Klima? Eine Analyse.

Wie hat sich die Bevölkerungsstruktur geändert?

2015 schossen Containerdörfer aus dem Boden, zum Beispiel am Flughafen.  © Holm Helis

Seit 2015 erteilte die Stadt 21.062 Personen ein Aufenthaltsrecht nach Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes, darunter Tausenden Ukrainern, Syrern, Afghanen. Unklar ist, wie viele von ihnen noch in Dresden leben, denn manche sind "nach unbekannt abgängig". Jedenfalls kletterte der Anteil der Dresdner ohne deutschen Pass seit 2015 von 7,4 auf 13 Prozent, der Anteil der Dresdner mit Migrationshintergrund (inklusive Ausländern) von 9,8 auf 17,7 Prozent.

Ist Dresden unsicherer geworden?

Der Flüchtlingstreck nach Deutschland weckte Empathie, viele Dresdner halfen ehrenamtlich.  © dpa-Zentralbild

In mancher Hinsicht: So wurden 2024 insgesamt 4188 Körperverletzungen angezeigt, das sind 1150 Fälle mehr als 2015, und Ausländer aus Asylherkunftsländern sind oft tatverdächtig. Voriges Jahr waren unter 1165 ausländischen Tatverdächtigen 234 Syrer. Auch bei Sexualdelikten sind Nichtdeutsche überrepräsentiert, sie begingen voriges Jahr 40 von 85 Vergewaltigungen, darunter zehn Syrer, vier Afghanen, drei Iraker. Messerangriffe registriert die Polizei seit 2020, die Mehrheit begangen von nichtdeutschen (zuletzt oft tunesischen, syrischen, libyschen) Tätern.

Wie viele Flüchtlinge arbeiten?

Er ist einer von Tausenden Flüchtlingen in Dresden: Voriges Jahr kam Yahya Ahrar (41) mit Frau und fünf Kindern aus Afghanistan nach Gorbitz. Hier lebt er in einer Mietwohnung, lernt aktuell Deutsch, sucht dann einen Job. In seiner Heimat hat er als Biolehrer gearbeitet.  © Eric Münch

Nach Zahlen der Arbeitsagentur arbeiten aktuell 4257 Dresdner aus den acht Asylherkunftsländern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) sozialversicherungspflichtig, davon 1638 als Helfer, 1845 als Fachkraft und 764 als Spezialisten. Seit Beginn des Ukrainekriegs haben sich außerdem 1221 Ukrainer in den Arbeitsmarkt integriert, hinzu kommen arbeitstätige Flüchtlinge aus anderen Herkunftsländern.

Wie hoch sind die Sozialkosten?

Um kommunale Asylbewerberleistungen zu bezahlen, nimmt Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (49, Linke) zweistellige Millionenbeträge in die Hand.  © Holm Helis

Laut Stadtverwaltung sind die Ausgaben für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (dazu zählen etwa Kosten der Unterkunft, Krankenhilfe, Lebensunterhalt) seit 2014/15 "stark gestiegen". Zahlte die Stadt 2015 noch 10,7 Millionen Euro Unterkunftskosten für hier lebende Flüchtlinge, lagen die Kosten voriges Jahr bei 12,2 Millionen Euro - obwohl es aktuell mit rund 26.000 Bedarfsgemeinschaften einige tausend weniger gibt als 2015. Grund dafür sind steigende Mieten.

Welche Folgen hat der Zuzug für den Wohnungsmarkt?

2015 wurden rund 600 Flüchtlingskinder in Dresden registriert, doch die meisten Neuankömmlinge waren erwachsen.  © Eric Münch

Die Nachfrage nach Wohnungen nimmt zu. Das spiegelt sich in Mietpreisen wider: Seit 2014 sind hiesige Bestandsmieten um 34 Prozent, Angebotsmieten um 33 Prozent teurer geworden. Man verzeichne "seit 2010 ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum, das nach 2015 auch aus einem zunehmenden Zuzug aus dem Ausland, insbesondere von Geflüchteten, resultierte", erklärt das Rathaus. Doch es wurde nicht genug neuer Wohnraum geschaffen, Angebot und Nachfrage klaffen auseinander.

Hat sich das politische Klima verändert?

Lange Zeit prägten auch "Montagsdemonstrationen" von Pegida das Stadtbild.  © dpa-Zentralbild

Die rechtspopulistische Gruppe Pegida wurde 2014 in Dresden gegründet, im Herbst 2015 bekam sie Aufwind, Tausende liefen bei den "Montagsdemos" mit. Politisch profitierte die AfD, die nun mit 19,4 statt 7 Prozent (2014) im Stadtrat sitzt und dort zur stärksten Kraft aufgestiegen ist.

Zugleich engagieren sich Dresdner in Pro-Asyl-Vereinen, Willkommens- oder Sprachgruppen. Das Thema Migration polarisiert die Stadtbevölkerung.

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