Politisches Ehrenamt raubt zu viel Zeit: Ein Stadtrat verabschiedet sich aus dem Rathaus
Dresden - Zehn Jahre saß er für die SPD im Dresdner Stadtrat, nun macht er Schluss: Bei der Kommunalwahl im Juni strebt Vincent Drews (36) kein Mandat mehr an. Ihm fehle die Zeit, um das politische Ehrenamt neben seinem Beruf weiter auszuüben.
Stadtrat ist ein Ehrenamt, das viel Zeit und Kraft kostet. "Zumindest, wenn man es verantwortungsbewusst ausüben möchte", sagt Drews. Was das bedeutet, hat er selbst erlebt.
Aber der Reihe nach.
Drews wuchs in der Neustadt auf, studierte an der TU Lehramt (Geschichte und Politik). Seit einigen Jahren arbeitet er für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), leistet Bildungsarbeit für junge Sachsen, organisiert etwa Projekttage an Schulen.
"Um die Stadt mitzugestalten" trat er 2007 in die SPD ein, wurde 2014 in den Stadtrat gewählt. Seitdem sind seine Arbeitstage lang. Heißt: Nach Feierabend im DGB-Job (9 bis 15 Uhr, 30 Stunden) arbeitet er fast täglich bis 20 Uhr (ehrenamtlich) weiter.
Drews feilt im Rathaus an Anträgen, trifft Vertreter der Verwaltung oder Zivilgesellschaft, etwa Kräfte der Alten- oder Wohnungslosen-Hilfe. Er wälzt stundenlang Konzepte der Verwaltung (bis zu 200 Seiten), die später im Stadtrat landen. "Ich will wissen, worüber ich entscheide und das auch vertreten können", sagt er.
Wöchentlich 20 bis 30 Stunden kostete Drews das Ehrenamt
Hinzu kommen monatlich drei Ausschuss-Sitzungen (er ist Fraktions-Vize, sitzt in drei Ausschüssen), die Tagung des Stadtrats, zwei Fraktions-Treffen.
Im Schnitt 20 Stunden pro Woche kostet ihn sein Ehrenamt, manchmal 30 Stunden. "Damit ist leider nicht mehr als ein gemeinsames Abendessen pro Woche mit meiner Partnerin drin", bedauert er.
Auch darum will er mehr Freizeit haben. "Ich bin mega dankbar für die Zeit und mit mir im Reinen. Konnte viel für die städtische Wohnungsgenossenschaft bewegen, Hilfsangebote etwa bei der Straßensozialarbeit mit ausbauen", so Drews.
Viel Kraft kosteten "die ewigen Diskussionen im Rat über Quatsch wie Kürzung anstatt Ausbau des DVB-Angebots".
Künftig will er mehr kochen, sein Hobby "Boule" (Kugel-Sport) spielen. Er bleibt SPD-Mitglied, will sich ein neues Ehrenamt suchen, vielleicht bei der Tafel. "Ich habe noch viele Ideen und auch Bock", sagt Drews zuversichtlich.
Titelfoto: Bildmontage: Norbert Neumann, Holm Helis