So lief die Bomben-Entschärfung in Dresden für rund 17.000 evakuierte Menschen
Dresden - Angespannte Routine in der Landeshauptstadt: Für die Entschärfung der britischen Fliegerbombe an der Carolabrücke wurde am Mittwoch schon zum zweiten Mal die komplette Innenstadt geräumt. Bereits am frühen Nachmittag war die Gefahr gebannt, doch auch dieser Einsatz war nichts für schwache Nerven.
Alles in Kürze
- In Dresden wurde eine britische Fliegerbombe entschärft.
- Rund 17.000 Menschen mussten evakuiert werden.
- Die Entschärfung erfolgte nach umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen.
- Ein Ehepaar erzählt von seinem aufwühlenden Erlebnis.
- Die Bombe wurde erfolgreich entschärft und wird nun zersägt.

Für Sommerurlauber am Neumarkt hieß es früh aufstehen: Da die Innenstadt um 9 Uhr leer sein sollte, mussten die Hotels dort um 8 Uhr verlassen werden. Checkten manche für die Abreise einfach früher aus, nutzten andere die Evakuierung für einen Ausflug: "So etwas muss man in Dresden wohl einfach mal mitgemacht haben", sagt eine Touristin.
Derweil lief ein Großeinsatz an: 330 Polizisten, 160 Feuerwehr- und Rettungskräfte sowie 40 Mitarbeiter des Gemeindlichen Vollzugsdiensts waren auf den Straßen unterwegs. Es musste sichergestellt werden, dass rund 17.000 Menschen den Gefahrenbereich verlassen. 192 davon kamen in der Notunterkunft in der Dresdner Messe unter.
Darunter das Ehepaar Ottomar (96) und Margot Herrlich (93). 70 Jahre verheiratet, war es für die beiden die erste Evakuierung: "Unsere Tochter war zu Besuch und hatte uns informiert", sagt Margot Herrlich.
"Zwei junge nette Leute haben uns dann mit dem Krankenwagen hierhergefahren." Bei der Bombe im Januar waren sie bei der Schwiegertochter untergekommen, aber die war nun gerade im Urlaub.
Für die beiden ein aufwühlendes Erlebnis, denn Margot Herrlich erlebte im März 1945 die Bombardierung der Stadt Chemnitz, ihr Mann die von Dresden mit.


Britische Bomben etwas leichter zu entschärfen als amerikanische

"Ich habe damals von Hosterwitz aus erst die Christbäume, dann die Flammen gesehen", so Ottomar Herrlich. "Noch in derselben Nacht kamen die berußten Flüchtlinge. Einige hatten einen Handwagen, andere besaßen nur noch das, was sie anhatten."
Nach einem Hubschrauberflug und Kontrollen war sich die Polizei gegen 12.33 Uhr sicher, dass sich niemand mehr im Gefahrenbereich aufhielt. Entschärfer Holger Klemig (63) konnte mit seiner 232. Bombe beginnen: "Jede könnte die letzte sein", sagt er. Auch wenn britische Bomben etwas einfacher als ihre amerikanischen Pendants zu entschärfen seien.
"Sie lag auf Rollsteinen, so konnten wir nicht arbeiten", beschreibt er die Schwierigkeit diesmal. "Wir haben uns deshalb entschlossen, sie zu verlagern, zu ebener Erde." Mit WD-40 und der Rohrzange konnte der einzige Zünder der im September 1944 gebauten Bombe recht schnell entfernt werden, 13.19 Uhr war sie entschärft.
"Der Zünder hier hatte einen Treffer gekriegt", erklärt der Entschärfer. "Also die Bombe muss wahrscheinlich nicht so aufgekommen sein, wie sie hätte aufkommen müssen." So wurde sie zum Blindgänger. Der Sprengstoff hätte trotzdem für 1000 Meter Splitterflug gereicht.

Die Bombe kam nach Zeithain, wird dort zersägt. Entschärfer Klemig wird sich zu Hause eine Feierabend-Zigarette gönnen. Bis zum nächsten Einsatz, denn niemand rechnet damit, dass das Dresdens letzter explosiver Fund war.
Titelfoto: Bildmontage: Steffen Füssel (2)