Touristen-Ansturm auf Zittauer Schmalspurbahn: "Wir werden überrannt"

Zittau - Sachsen, das ist auch das deutsche Schmalspurland. Nirgendwo sonst gibt es so viele verschiedene Dampfeisenbahnen. Und in keiner anderen Region fahren die alten Eisenrösser im so dichten Linienverkehr. Die Zittauer Schmalspurbahn ist der östlichste Vertreter ihrer Zunft.

Seit dem Jahr 1890 fährt die Zittauer Schmalspurbahn nach Jonsdorf und Oybin.
Seit dem Jahr 1890 fährt die Zittauer Schmalspurbahn nach Jonsdorf und Oybin.  © Norbert Neumann

"Doppelausfahrt!" Alfred Simm (68) steht im Wärterhäuschen über dem Zugdepot am Zittauer Bahnhof und filmt mit dem Handy. Wie jeden Morgen. Was für andere nur zwei gleichzeitig startende alte Züge sind, ist für ihn Lebensinhalt. Simm, studierter Eisenbahner, ist seit 1971 dabei. Und täglich freut er sich, wenn's rollt.

"Doppelausfahrt heißt, dass der Zug nach Jonsdorf und der nach Oybin gleichzeitig starten", erklärt er. Tatsächlich haben die Zittauer Dampfbahnen zwei Endpunkte - vor allem für Touristen ein Grund, mehr als einmal einzusteigen.

Dann tut Simm etwas, was ein Marketingchef eigentlich nicht tut: "Touristen", seufzt er. "Wir werden gerade überrannt. Alle, die wegen der Brände in der Sächsischen Schweiz storniert haben und das, obwohl ja inzwischen gelöscht ist, immer noch tun, weichen zu uns aus. Wir sind an der Kapazitätsgrenze."

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Ganz so ernst ist seine Klage nicht gemeint. Freuen er und seine 40 Mitstreiter sich doch, den Gästen Stadt, Umland und vor allem das Zittauer Gebirge an den Endstationen zeigen zu dürfen. Denn gegenüber Vogtland und Erzgebirge, gegen Dresden und Sächsische Schweiz, gegen Meißen und Leipzig wird das Dreiländereck gern übersehen.

Schon mitten im Zittauer Gebirge: der Bahnhof von Oybin.
Schon mitten im Zittauer Gebirge: der Bahnhof von Oybin.  © Norbert Neumann
Alfred Simm (68) ist die gute Seele der Bahn. Er begann 1971 als Lehrling bei der Bahn.
Alfred Simm (68) ist die gute Seele der Bahn. Er begann 1971 als Lehrling bei der Bahn.  © Norbert Neumann
Verdursten muss unterwegs niemand.
Verdursten muss unterwegs niemand.  © Norbert Neumann
Amy (10) findet die "Bimmelbahn" klasse.
Amy (10) findet die "Bimmelbahn" klasse.  © Norbert Neumann
Besonders beliebt bei Touristen ist der offene Wagen.
Besonders beliebt bei Touristen ist der offene Wagen.  © Norbert Neumann

Explodierende Kohlepreise und Personalmangel machen der Bimmelbahn zu schaffen

Die Preise für Steinkohle machen den Dampfeisenbahnern arg zu schaffen.
Die Preise für Steinkohle machen den Dampfeisenbahnern arg zu schaffen.  © Norbert Neumann

Außerdem plagen Simm und Geschäftsführer Ingo Neidhardt gerade ganz andere Sorgen. Die Kohlepreise schießen durch die Decke. "Kostete die Tonne im Jahr 2021 rund 280 Euro, sind es aktuell 550 Euro. Wir rechnen mit einem Anstieg auf 1000 Euro pro Tonne", heißt es von der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft, die die Strecken betreibt.

Dahinter stecken der Landkreis und die Anliegerkommunen als Eigentümer. Fahrpreiserhöhungen sind nicht geplant, versichert Simm. Man hoffe auf staatliche Stützen. Kämen die nicht, muss eventuell der Fahrplan ausgedünnt werden.

Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel. Seit tschechische Arbeitgeber gerade in der Gastronomie gleichviel oder gar mehr zahlen, fehlen die Kräfte aus dem befreundeten Nachbarland. Sächsische Interessenten sind daher herzlich willkommen! Günstige Mietwohnungen stehen bereit.

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Zurück zum Tourismus. Die "Bimmelbahn" fährt ganzjährig. Nur zwischen zweiter und vierter Novemberwoche müssen die Bahnen in die Werkstatt. Für den 6. Dezember hat sich Eisenbahner Simm etwas besonderes ausgedacht: Als Bischof von Myra verkleidet lädt er Groß und Klein zur Nikolausfahrt.

Weitere Attraktion in der Region: Das Schmetterlingshaus zeigt die bunte Welt der Falter

Im Schmetterlingshaus gibt's 35 verschiedene Falter-Arten zu beobachten.
Im Schmetterlingshaus gibt's 35 verschiedene Falter-Arten zu beobachten.  © Matthias Weber

Die Zittauer Schmalspurbahn ist nicht die einzige Attraktion der Region. In Jonsdorf angelangt lohnt der Gang ins "Schmetterlingshaus".

Die bunte Welt der Falter beherbergt 35 verschiedene Arten, dazu gesellen sich Frösche und Reptilien. In einem Seewasseraquarium leben zahlreiche Fischarten (schmetterlingshaus.info). Und nach der Rückkehr am Abend am besten ins Theater.

Der Theaterbau selbst ist ein typisches Funktionsgebäude aus der Nazizeit, aber weniger erdrückend als viele seiner Zeitgenossen zum Beispiel in Berlin.

Die neue Spielzeit beginnt am 17. September. Es steht unter anderem "Momo" auf dem Spielplan.

Titelfoto: Norbert Neumann

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