Geht MSC-Deal nach hinten los? Hapag-Lloyd droht mit großem Ladungsabzug

Hamburg/Bremen - Wachsender Ärger um den Hamburger Hafen: Der MSC-Deal bringt der Stadt viel Kritik ein. Die Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd erwägt jetzt einen Abzug von Ladung aus dem Hafen.

Hapag-Lloyd ist in Hamburg ein wichtiger Player im Hafen.
Hapag-Lloyd ist in Hamburg ein wichtiger Player im Hafen.  © Georg Wendt/dpa

Derzeit wickele Hapag-Lloyd das für Zentraleuropa gedachte Volumen fast vollständig über Hamburg ab, sagte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen (57) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Ich könnte mir auch ein Szenario vorstellen, in dem das nur 70 oder 80 Prozent sind." Mit Partnern wickle Hapag-Lloyd mehr als 50 Prozent des Containerumschlags in Hamburg ab.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) erneuerte derweil auf der Nationalen Maritimen Konferenz (NMK) in Bremen seine Einschätzung, dass er den MSC-Deal anders als den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco bei einem HHLA-Terminal für unbedenklich hält.

Habeck sagte, er habe mit Blick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung keine Bedenken. "Das will ich ausdrücklich sagen. Es ist ein Unterschied zwischen einem chinesischen Unternehmen und einem europäischen wie MSC."

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Die in Genf ansässige weltgrößten Container-Reederei MSC und die Stadt Hamburg hatten am Mittwoch einen verbindlichen Vorvertrag zur Gründung einer strategischen Partnerschaft zur Zukunft des größten Container-Terminalbetreibers der Stadt, der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) unterzeichnet.

Derzeit hält die Stadt rund 69 Prozent an dem börsennotierten Unternehmen. Künftig soll dieses in einem Joint Venture geführt werden, wobei die Stadt 50,1 Prozent und MSC 49,9 Prozent der Anteile halten.

Kommen Gegenangebote?

Freuen sich über den Deal: Finanzsenator Andreas Dressel (48, SPD, v.l.n.r.), Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (46, SPD), Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD) und Soren Toft, MSC-Chef.
Freuen sich über den Deal: Finanzsenator Andreas Dressel (48, SPD, v.l.n.r.), Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (46, SPD), Bürgermeister Peter Tschentscher (57, SPD) und Soren Toft, MSC-Chef.  © Christian Charisius/dpa

Um dies zu ermöglichen wird MSC für alle derzeit frei gehandelten Aktien ein Übernahmeangebot zum Preis von 16,75 Euro je Aktie machen. Gleichzeitig werde MSC die Deutschlandzentrale der Reederei nach Hamburg verlegen und das Ladungsaufkommen von 2025 an deutlich erhöhen. Von 2031 an sollen mindestens eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr in Hamburg umgeschlagen werden.

Bereits kurz nach Bekanntgabe des Deals gab es viel Zuspruch aus der Wirtschaft, aber auch heftige Kritik. Vor allem der Milliardär und Hapag-Lloyd-Anteilseigner Klaus-Michael Kühne (86) empörte sich über die Pläne, nannte sie einen Affront gegenüber Hapag-Lloyd als größtem Reederei-Kunden des Hamburger Hafens. Gleichzeitig kündigte er an, über ein Gegenangebot seiner Kühne Holding AG nachzudenken.

Ähnlich äußerte sich dann der Hauptaktionär des Eurokai-Konzerns, Thomas Eckelmann (72). "Dieser Deal wäre eine Katastrophe für den Hamburger Hafen. Deshalb erwäge ich für die Eurokai-Gruppe, dem Senat ein Gegenangebot zu MSC zu unterbreiten. Zu den gleichen Konditionen", hatte Eckelmann dem Hamburger Abendblatt gesagt.

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Und auch die Gewerkschaft Verdi machte bereits mobil, will am Dienstag mit der HHLA-Belegschaft vor der Konzern-Zentrale des Hafenlogistikers gegen den MSC-Deal protestieren.

"Die Pläne wurden komplett hinter verschlossenen Türen geschmiedet, Aufsichtsrat und Arbeitnehmervertreter waren nicht eingebunden, damit hat der Senat viel Vertrauen bei der Belegschaft verspielt", erklärte Verdi.

Hapag-Lloyd hat selbst mit Hamburg über Hafen-Beteiligung geredet

Rolf Habben Jansen (57) ist Chef der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd. (Archivbild)
Rolf Habben Jansen (57) ist Chef der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd. (Archivbild)  © Ulrich Perrey/dpa

Am Freitag stiegen dann auch die Arbeitnehmervertreter im Hapag-Lloyd-Aufsichtsrat in die Kritik ein, nannten den MSC-Deal völlig unverständlich. Hapag-Lloyd schlage mehr als zwei Millionen TEU pro Jahr in Hamburg um.

"Mit der Realisierung dieser Ankündigung gewinnt einer der größten Konkurrenten von Hapag-Lloyd, die Schweizer Firma MSC, maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen im Hamburger Hafen." Sie forderten den Senat auf, stattdessen mit anderen Häfen der Deutschen Bucht einen Zusammenschluss im Rahmen der nationalen Maritimen Strategie zu organisieren.

Dabei ist es aber nicht so, dass die Stadt nicht auch mit Hapag-Lloyd über eine Zusammenarbeit gesprochen hätte - allerdings stets unter der Maßgabe, dass die Stadt bei der HHLA in jedem Fall die Mehrheit behält. Genau dies wollte Hapag-Lloyd aber nicht.

"Wir hätten gerne gemeinsam mit der HHLA ein starkes, maritimes Cluster gebaut", sagte Habben Jansen dem Hamburger Abendblatt. Zusammen mit den Hapag-Lloyd-Partnern hätte das vier Millionen TEU gesichert.

Deutsche Reeder reagieren

Wir der MSC-Deal für den Hamburger Hafen zur Chance oder zum Risiko? (Archivbild)
Wir der MSC-Deal für den Hamburger Hafen zur Chance oder zum Risiko? (Archivbild)  © Daniel Reinhardt/dpa

"Und die HHLA wäre der weltweite Nukleus für das Terminalgeschäft von Hapag-Lloyd gewesen", sagte Habben Jansen. Ein Gegenangebot schloss der Reedereichef aus: "Der Deal mit MSC ist aus meiner Sicht durch."

Der Verband Deutscher Reeder zeigt sich ob des geplanten HHLA-Deals verunsichert bis skeptisch. "In Anbetracht der auch für uns sehr überraschenden Entwicklung und Entscheidung für eine der größten ausländischen Linienreedereien als wesentlicher Miteigentümer der HHLA hoffen wir, dass diese Entscheidung nach objektiven und nachvollziehbaren Kriterien getroffen wurde", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Kröger der Deutschen Presse-Agentur.

Darüber hinaus könne sich der Verband angesichts der aktuellen Gemengelage nicht zur Zukunft des Hamburger Hafens äußern. Kröger betonte jedoch: "Für unsere Mitgliedsunternehmen ist wichtig, dass die Abwicklung in den Häfen reibungslos und zu fairen Konditionen erfolgt."

Der Schifffahrtsstandort Deutschland sei einer der führenden dieser Welt "und sollte als solcher auch erhalten werden".

Titelfoto: Georg Wendt/dpa

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