Von Anne Baum und Marion van der Kraats
Berlin - Rund fünfeinhalb Jahre nach dem Tod einer 59-Jährigen ist ein Narkosearzt am Freitag in Berlin zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.
Das Landgericht Berlin sprach ihn der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig. Zudem soll der 78-Jährige nicht mehr als Anästhesist tätig sein können. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Dem Mediziner mit deutscher und bulgarischer Staatsangehörigkeit sind nach Überzeugung der Richter mehrere Versäumnisse anzulasten. Er habe "leichtfertig" mehrere Standards verletzt, sagte Richterin Eva Raidt. Unter anderem sei die Patientin nicht über die Risiken einer Vollnarkose und mögliche Alternativen aufgeklärt worden.
Die 59-Jährige war im April 2020 infolge eines Eingriffs wegen eines Rückenleidens im Januar gestorben. Der behandelnde Orthopäde hatte den Anästhesisten hinzugezogen, um die Frau in Vollnarkose zu versetzen.
Die Frau habe einen Atem- und Herzstillstand erlitten, der dem Arzt nicht sofort aufgefallen sei. Minutenlang sei sie ohne Sauerstoffversorgung geblieben.
Angeklagter soll gegenüber Notärztin gelogen haben
Die Patientin erlitt laut Ermittlungen einen schweren Hirnschaden und fiel in ein Wachkoma. Eine in der Arztpraxis versuchte Reanimation sei erfolglos geblieben.
Der Anästhesist habe schließlich einen Notruf abgesetzt, die Notärztin jedoch nicht umfassend und wahrheitsgemäß über den bisherigen Verlauf der Behandlung informiert.
Die 59 Jahre alte Mutter erwachte bis zu ihrem Tod aufgrund einer Lungenentzündung Ende April 2020 nicht mehr.
Mit seinem Urteil blieb das Gericht etwas unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine Strafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert.
Die Verteidigung hatte einen Freispruch beantragt, da vieles nicht mehr aufzuklären sei. Der Arzt hatte vor Gericht gesagt, er habe große Schuldgefühle.
Erstmeldung von 5.52 Uhr, aktualisiert um 11.04 Uhr