Streit um Mohrenstraße: Gericht sieht Zuständigkeit beim Bezirk Berlin-Mitte

Berlin - Im Prozess um eine Umbenennung der Berliner Mohrenstraße hat der Richter die rechtliche und formale Zuständigkeit des Bezirks Mitte betont.

Ob die Namen von Generälen oder Politikern stammen oder mit früheren Kolonien zu tun haben - Protest gegen Straßennamen bleibt inzwischen oft nicht aus.
Ob die Namen von Generälen oder Politikern stammen oder mit früheren Kolonien zu tun haben - Protest gegen Straßennamen bleibt inzwischen oft nicht aus.  © Soeren Stache/dpa

Die Behörde habe da ein "weites Ermessen", der Klageweg des Einzelnen dagegen sei eingeschränkt, sagte Richter Wilfried Peters am Donnerstag bei der Verhandlung des Verwaltungsgerichts über Klagen gegen die Umbenennung.

Bei dem Streit um den Begriff "Mohr" und möglichen Rassismus gebe es eine "Menge Für und Wider", aber "keine willkürliche und fehlerhafte Umbenennung", sagte er weiter. Das sei aber der maßgebliche Punkt.

Das Gericht habe zudem enge Grenzen für eine inhaltliche Überprüfung der Kläger. Immerhin gebe es auch einen sprachlichen Wandel in weiten Kreisen der Gesellschaft, der Ausdruck einer "Änderung des Zeitgefühls" sei. Ein Urteil sollte noch gefällt werden.

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Der Historiker und Journalist Götz Aly (76), der zu den Klägern zählte, argumentierte, die Mohrenstraße gehöre zum historischen Kern Berlins, der seit 300 Jahren erhalten sei. Die Straße kreuze die nach dem Königspaar benannte Friedrichstraße und Charlottenstraße und sei damit auch eine Form von Denkmal für die Stadt Berlin.

"Daran sollte man sich nicht einfach vergreifen." Der Name sei damals wertschätzend gemeint.

Die Anwohner kritisieren, nicht einbezogen worden zu sein

Götz Aly (76, l.), einer der Kläger gegen die Umbenennung der Mohrenstraße sitzt im in Berlin-Mitte vor der 1. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts.
Götz Aly (76, l.), einer der Kläger gegen die Umbenennung der Mohrenstraße sitzt im in Berlin-Mitte vor der 1. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts.  © Christoph Soeder/dpa

Aly verwies auch auf die Taubenstraße, die nicht nach den Vögeln benannt sei, sondern nach tauben Menschen, die dort gepflegt wurden, als "Zeichen des Respekts". Aly betonte: "Wir haben nicht das Recht, das heutige Denken auf damals zu übertragen."

Er sei auch gegen eine Entfernung des Thälmann-Denkmals oder Umbenennung des Rosa-Luxemburg-Platzes, obwohl beide Kommunisten keineswegs Demokraten gewesen seien und deswegen als Vorbilder zweifelhaft. "Aber sie waren Teil der Geschichte dieser Stadt."

Ein Vertreter des Bezirk Mitte sagte, die Umbenennung in Anton-Wilhelm-Amo-Straße nach einem afrikanischstämmigen Gelehrten im 18. Jahrhundert sei Ausdruck der Demokratie. Die zuständigen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und das von Grünen und SPD geführte Bezirksamt seien gewählte Instanzen.

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Grüne, SPD und Linke im Bezirk Mitte hatten die Umbenennung 2021 beschlossen, weil der Name rassistisch und kolonialistisch sei. Die Anwohner argumentieren, der Bezirk habe ihre Interessen nicht berücksichtigt. Er hätte die Anwohner einbeziehen müssen. Das sei nicht geschehen.

Erstmeldung vom 6. Juli, 6 Uhr; aktualisiert am 6. Juli um 13.34 Uhr.

Titelfoto: Christoph Soeder/dpa

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