Eigene Tochter (†11) und Mutter (†68) erstochen: Angeklagte bricht in Tränen aus

Berlin - Ein Bild des Schreckens bietet sich den Einsatzkräften: Eine Elfjährige und ihre Großmutter liegen tot in einer Wohnung in Berlin. Die Mutter des Kindes ist schwer verletzt. Nun äußert sie sich als Angeklagte.

Nach dem gewaltsamen Tod einer Elfjährigen und ihrer 68-jährigen Großmutter muss sich eine 42-Jährige vor dem Landgericht Berlin verantworten. (Archivbild)
Nach dem gewaltsamen Tod einer Elfjährigen und ihrer 68-jährigen Großmutter muss sich eine 42-Jährige vor dem Landgericht Berlin verantworten. (Archivbild)  © Joerg Carstensen/dpa

Sie habe keinen anderen Weg gesehen, sagte die 42-Jährige am Mittwoch vor dem Berliner Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau Totschlag und Tötung auf Verlangen vor.

Sie soll am 13. Oktober 2023 erst ihre Tochter mit einem Messer umgebracht haben, dann ihre 68-jährige Mutter auf deren Wunsch.

Mitangeklagt ist der Großvater des Mädchens. Der 71-Jährige soll von den Tötungsplänen gewusst und trotzdem nichts unternommen haben, um das Leben seiner Enkelin zu retten.

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Die Mutter äußerte sich am zweiten Prozesstag kurz. "Es war nicht meine Absicht, jemandem wehzutun", so die 42-Jährige. Der entstandene Schmerz tue ihr leid.

Von ihrer Tochter und ihrer Mutter getrennt zu sein, sei "die schmerzlichste und größte Strafe". Weil die Angeklagte einen Weinkrampf erlitt, musste die Verhandlung für etwa eine Stunde unterbrochen werden.

Die Angeklagten waren im Oktober selbst schwer verletzt aufgefunden worden. Die Frau in derselben Wohnung in Berlin-Köpenick wie das Mädchen und seine Großmutter, der Großvater in seiner Wohnung in der Nähe.

Familie lebte zurückgezogen

Die Polizei fand auch die Angeklagten schwer verletzt in ihren Wohnungen vor. (Symbolbild)
Die Polizei fand auch die Angeklagten schwer verletzt in ihren Wohnungen vor. (Symbolbild)  © David Inderlied/dpa

Die 42-Jährige und ihr Vater hätten die Absicht gehabt, sich ebenfalls zu töten, so die Staatsanwaltschaft. Abschiedsbriefe von allen vier Familienmitgliedern seien gefunden worden.

Die deutsche Familie soll zurückgezogen gelebt haben. Der 71-Jährige sagte, bis 2003 hätten sie zu einer christlichen Gemeinde gehört - "danach haben wir unseren Glauben zu Hause gelebt". Bei seiner Frau sei "Zukunftsangst sehr ausgeprägt" gewesen, seine Tochter habe sich ihrer Mutter angeschlossen.

"Ich stand dem Suizid gleichgültig gegenüber, meine Frau nicht", so der Angeklagte. Auf seine Enkelin habe er keinen Einfluss nehmen können, er sei innerhalb der Familie "immer mehr isoliert" gewesen. Den Tod zweier geliebter Menschen bedauere er zutiefst.

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Die Staatsanwaltschaft hatte bei Anklageerhebung mitgeteilt, die Familie habe sehr "bibeltreu und pietistisch" gelebt. Dabei soll ihr Glaube "auch spirituell-esoterische Züge" angenommen haben. Dadurch soll sich die Familie immer mehr von der gesellschaftlichen Entwicklung überfordert und mit der Politik unzufrieden gezeigt haben.

Vor diesem Hintergrund soll nach den Ermittlungen der Plan für die angeklagten Taten entstanden sein. Der Prozess wird am 14. Mai fortgesetzt.

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über Suizide. Da der Vorfall aber in Zusammenhang mit einem Prozess behandelt wird, hat sich die Redaktion entschieden, diesen doch zu thematisieren. 


Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111oder 08001110222 oder 08001110116123 oder unter www.telefonseelsorge.de.

Titelfoto: Joerg Carstensen/dpa

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