"Hilfeschrei des Patienten nicht gehört": Ärztin nach tödlicher Fehlentscheidung verurteilt!

Dresden - Zwanzig Jahre lang kümmerte sich eine Ärztin (53) in einem Dresdner Fachkrankenhaus engagiert um psychisch kranke Patienten. Kollegen beschreiben sie als "zuverlässig" und "fürsorglich". Doch im Juni 2020 beging die Medizinerin einen fatalen Fehler. Nun wurde sie vom Amtsrichter in Dresden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Patient weggeschickt: Eine Dresdner Fachärztin wurde am gestrigen Mittwoch für einen tödlichen Fehler verurteilt.
Patient weggeschickt: Eine Dresdner Fachärztin wurde am gestrigen Mittwoch für einen tödlichen Fehler verurteilt.  © Bildmontage: Thomas Türpe, 123rf/olegdudko

"Es war ein Hilfeschrei des Patienten und der wurde nicht gehört", so die Staatsanwältin im Prozess gegen die Ärztin.

Das war passiert: Nachts kam ein damals 29-jähriger Dresdner in die Notaufnahme einer Klinik. Mit Schnittwunden in den Unterarmen. Die Chirurgin versorgte ihn, bekam mit, dass der Patient Suizidgedanken hegte, schon früher in der Fachklinik behandelt wurde und dahin wieder wollte.

"Ich habe daher die diensthabende Ärztin dort angerufen, weil ich eine Einschätzung brauchte", so die Chirurgin im Zeugenstand. "Ich bin mir sicher, dass sie gesagt hat, dass er sich nicht umbringen wird."

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Statt einer sofortigen stationären Aufnahme des - obendrein in der Fachklinik bekannten - Patienten empfahl die Fachärztin, dass der junge Mann sich später ambulant vorstellt.

Bewährungsstrafe für angeklagte Ärztin

Auf diese telefonische Expertise verließ sich die Chirurgin und entließ den Patienten aus der Notaufnahme. Die Folgen waren dramatisch: Nur wenige Stunden später sprang er von einer Brücke in den Tod.

Die Angeklagte erklärte, die Chirurgin habe nur abgefragt, ob der Patient sich in der Fachklinik erneut vorstellen könne. Das aber glaubte der Richter nicht: "Die Chirurgin rief an, weil sie wissen wollte, was zu tun ist."

Er verurteilte die Fachärztin, die seit dem Vorfall krankgeschrieben ist, zu sechs Monaten Haft. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über Suizide. Da sich der Vorfall aber im öffentlichen Raum abgespielt hat, hat sich die Redaktion entschieden, es doch zu thematisieren.

Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: Bildmontage: Thomas Türpe, 123rf/olegdudko

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