Neues Gutachten gefordert: Prozess um totes Baby droht zu platzen

Dresden - Zitterpartie auf der Zielgeraden! Seit Anfang Oktober wird am Landgericht Dresden gegen Lisa D. (24) verhandelt. Die Postzustellerin soll ihr Baby kurz nach der Geburt im Februar getötet und in einer Biotonne entsorgt haben. Ob kommende Woche ein Urteil fällt, ist nun aber ungewiss. Denn die Kammer muss entscheiden, ob ein weiteres Gutachten nötig ist. In diesem Fall würde der Prozess vorerst sogar platzen!

Theoretisch könnte kommende Woche ein Urteil gegen Lisa D. (24) fallen. Es sei denn, ein neues Gutachten lässt den Prozess platzen.
Theoretisch könnte kommende Woche ein Urteil gegen Lisa D. (24) fallen. Es sei denn, ein neues Gutachten lässt den Prozess platzen.  © Ove Landgraf

Lisa gestand, zu Hause in Freital ein Mädchen entbunden zu haben. Das Kind sei ins Toilettenbecken gefallen. Als es "keine Geräusche" mehr machte, habe sie es in eine Decke gewickelt, in der Biotonne entsorgt.

Wegen Totschlags fordert der Staatsanwalt sieben Jahre Haft.

Lisa wollte nie ein drittes Kind, das hätten auch Handy-Nachrichten und Zeugenaussagen bewiesen. Ihr Anwalt entgegnete: "Die Ablehnung einer Schwangerschaft ist kein Indiz für eine Tötung" und forderte Freispruch. Lisa sei in einem "Ausnahmezustand" gewesen.

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Nicht erst, als die Geburt einsetzte. "Sie war von allen alleingelassen. Auch vom Kindsvater", so der Anwalt, der kein gutes Haar am Ex-Freund von Lisa ließ.

Staatsanwaltschaft geht von geplanter Tat aus

Auf diesem Recycling-Hof wurde die Babyleiche entdeckt.
Auf diesem Recycling-Hof wurde die Babyleiche entdeckt.  © Ove Landgraf

Der Staatsanwalt geht dagegen von geplantem Vorgehen aus: Lisa habe die Schwangerschaft verheimlicht und verleugnet.

Sie versuchte sogar, bei einem Verein in Kanada eine Abtreibungspille zu bekommen. Auch dort verschwieg die nicht Vorbestrafte, dass sie bereits im achten Monat war.

Für den Verteidiger ist vor allem mit der unklaren Todesursache keine Täterschaft bewiesen.

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Tatsächlich hatte die Gerichtsmedizinerin keine genaue Ursache ermitteln können, erklärte aber, dass bei Neugeborenen schon minimale Eingriffe wie kurzes Auflegen der Hand auf die Nase zum Tod führen. "Das Kind wurde zu Hause geboren", so der Anwalt. "Wer sagt denn, dass es keine Komplikationen gab?" Darüber wiederum forderte er nun ein Gutachten.

Den Antrag prüft jetzt die Kammer. Sollte eine neue Expertise nötig sein, würde der Prozess vorerst platzen und später komplett neu beginnen.

Titelfoto: Montage: Ove Landgraf (2)

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