Block-Prozess: Mutmaßlicher Entführer packt aus

Hamburg - Tag 6 des Kindesentführungs-Prozesses gegen Christina Block (52) sollte am Dienstag mit der Befragung der Unternehmerin vor dem Hamburger Landgericht weiter gehen, diese gab jedoch an "temporär zu schweigen" und zunächst keine weiteren Fragen zu beantworten. Dafür ließ sich der Israeli S. (36) ein, einer der mutmaßlichen Entführer. TAG24 war vor Ort und berichtete in einem Liveblog.

Christina Block (52) verlässt gemeinsam mit Lebensgefährten und Mitangeklagten Gerhard Delling (66) den Gerichtssaal 237 im Hamburger Landgericht.
Christina Block (52) verlässt gemeinsam mit Lebensgefährten und Mitangeklagten Gerhard Delling (66) den Gerichtssaal 237 im Hamburger Landgericht.  © Marcus Brandt/dpa

Die Steakhouse-Erbin ist angeklagt, die Entführung ihrer beiden Kinder Theo (11) und Klara (14) in Auftrag gegeben zu haben. Dafür soll sie laut Staatsanwaltschaft eine israelische Sicherheitsfirma engagiert haben.

Block bestreitet die Vorwürfe und erklärt, nichts von den Plänen des mutmaßlichen Drahtziehers David B. und dessen "rechter Hand" Olga gewusst zu haben.

Beide sollen am 31. Dezember 2023 die Block-Kinder aus Dänemark entführt haben, wo sie bei ihrem Vater Stephan Hensel (51) lebten.

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Seit dem letzten Prozesstermin stehen zwei weitere Personen im Fokus weiterer Ermittlungen: Block-Anwalt Ingo Bott (42), gegen den wegen "Missbrauchs von Titeln" ermittelt wird, und Jens Meier (59), Chef der Hamburger Hafenbehörde.

Zudem hat der Anwalt von Stephan Hensel Anzeige gegen Gerhard Delling erstattet. Der Vorwurf lautet Verleumdung. Demnach soll der Sportmoderator das Gerücht mit gestreut haben, der 51-Jährige sei pädophil.

Update, 16.10 Uhr: Von der Meden nach Prozess Tag 6 "etwas irritiert"

Nebenklagevertreter Philip von der Meden zeigte sich in einem Statement nach dem Prozesstag "etwas irritiert" darüber, "wie lange es gedauert hat, bis dann endlich mal die Fragen der Nebenklage gestellt werden konnten".

Trotz der Ankündigung Blocks, sich "umfassend einlassen" zu wollen, habe die Angeklagte viele Fragen offengelassen. Viele der zahlreichen Einwände der Verteidigung seien "eher fernliegend" und wirkten wie ein "rhetorisches Manöver".

Gespannt ist von der Meden auf die weitere Einlassung des Israelis: "Insbesondere auch, was der Angeklagte uns zu etwaigen Hintermännern sagen wird. Das ist natürlich für uns das Interessante: Wir wollen wissen, wer sind die Leute, die das gesteuert haben."

S. selbst erscheine ihm nicht als Hauptverantwortlicher: "Das ist sicherlich nicht die Person, von der die größte Gefahr ausgegangen ist."

Christina Block und Gerhard Delling steigen in ein Taxi vor dem Strafjustizgebäude nach dem Ende des sechsten Prozesstages.
Christina Block und Gerhard Delling steigen in ein Taxi vor dem Strafjustizgebäude nach dem Ende des sechsten Prozesstages.  © Marcus Brandt/dpaChristina Block (l-r), deutsche Gastronomin und Unternehmerin, sowie Gerhard Delling, ehemaliger Sportmoderator und Lebensgefährte von C. Block, steigen in ein Taxi vor dem S

Update, 16.07 Uhr: Prozess mit großer Ankündigung planmäßig unterbrochen

Prozess wird planmäßig unterbrochen und am 28. August um 9.30 Uhr fortgesetzt.

S. kündigte an, am Donnerstag "ausführlich" über die Operation, also die Entführung, erzählen zu wollen.

Update, 16.06 Uhr: Israeli packt aus: "Ich wollte helfen, das war meine Motivation"

Laut Aussage von S. verband Olga, David B. und die Angeklagte Block "mehr als eine Arbeitsbeziehung". Ihm sei von Anfang an vermittelt worden, "dass man Angst habe, den Block-Kindern passiere in Dänemark sehr Böses und Schlechtes". Diese Sorge habe sich mit der Zeit zunehmend verstärkt.

David B. habe Frau Block als "gute und sehr beliebte Frau" beschrieben, so S. weiter. Gleichzeitig habe B. jedoch auch von einem zunehmenden Verfall gesprochen, so nannte er sie gegenüber S. "Walking Dead". Sie gehe "vor seinen Augen den Bach runter", habe kaum Appetit, leide spürbar darunter, dass ihre Kinder nicht bei ihr seien. "Wenn ich sie heute angucke, hat sich das meiner Meinung nach nicht groß verändert", so der Zeuge.

B. habe ihm schließlich einen "großen Wunsch seitens der Familie" übermittelt: die Kinder "buchstäblich vor ihrem schlechten Schicksal zu retten". Und zwar "notwendigerweise auch durch einen Kraftakt, also durch Macht". B. habe S. persönlich gefragt, ob er bei einer Rettungsaktion dabei wäre. Er habe sofort "ja" gesagt. "B. hat erwähnt, dass diese Hilfe nicht umsonst sein wird, es gebe einige Gelder, die man auch bekommen könnte", so der Israeli.

Aber es habe niemand nur mitmachen sollen, um sich zu bereichern, habe B. gegenüber S. betont. Der Israeli habe dann auch auf Geld verzichtet. "Ich wollte helfen, das war meine Motivation", sagt 36-Jährige.

Update, 15.54 Uhr: So erfuhr S. von Blocks Kindern

Im Wohnzimmer habe David B. erstmals begonnen, von seiner Arbeit zu erzählen (vom "Schutz von Sachen"). Irgendwann habe er dann die Geschichte von Frau Block erzählt.

"Es ist viel Zeit vergangen seit diesem Gespräch, und ich habe keine Notizen gemacht", räumte S. vor Gericht ein. "Vieles, was ich hier [im Gericht] gehört habe, habe ich auch damals schon gehört."

David B. habe ihm erzählt, er lebe derzeit in Hamburg und stehe in Verbindung zu einer "berühmten und reichen Familie mit einem Familienkonzern". Dieser Konzern gehöre dem Vater, die Tochter gelte als "gesamte Erbin".

Laut B. habe diese Frau eine "hässliche Scheidungsgeschichte" hinter sich. S. schilderte weiter, dass B. davon sprach, wie Hensel sich eines Tages geweigert habe, die Kinder an Frau Block zurückzugeben.

Auch Persönliches über Hensel sei Thema gewesen. Dessen Ego sei verletzt worden – angeblich durch eine Kündigung – und er sei seither "ziemlich verrückt geworden". Laut B. wolle sich Hensel "rächen, egal mit welchen Mitteln". Ihm sei auch gesagt worden, Hensel betreibe "Brainwashing" und "Manipulation" und sei eigens nach Dänemark gezogen, weil er gewusst habe, dass ihm dort "die deutschen Behörden nichts anhaben können".

Update, 15.44 Uhr: S. wurde zwei Wochen vor der Tat um Hilfe gebeten

Nun äußert sich S. zu der mutmaßlichen Entführung. "Ich möchte direkt aus meinem eigenen Herz sprechen", so der Israeli.

Es könne sein, dass er sich nicht mehr an alle Daten erinnere. Zwei Wochen vor der Silvesternacht 23/24 habe sein Kampfsport-Freund "Shlomi" Kontakt aufgenommen. "Shlomi" soll der Lebensgefährte von Olga sein. "Er hat mich angerufen und mich gebeten, bei ihm vorbeizuschauen. […] 'Wir brauchen deine Hilfe'", so S.

In seiner Wohnung waren dann laut dem 36-Jährigen auch Olga, David B. und drei weitere Leute. Sowohl Olga als auch David B. habe er vorher bereits durch seine Freundschaft zu "Shlomi" gekannt. Er sei "aber kein Fan von David B".

Update, 15.30 Uhr: Israeli beginnt mit seinem Lebenslauf

Bevor er etwas zu dem Fall sagt, sei es ihm ein Anliegen, sich erstmal vorzustellen: Nach seinem Abitur sei er zum Militär gegangen, dies sei gesetzlich so vorgeschrieben für einen jüdischen Israeli, so der 36-Jährige.

Auf drei Jahre bei der Polizei, davon neun Monate in der Polizeischule, wo er auch den Umgang mit Waffen gelernt habe, folgte ein BWL-Studium. Während seines Studiums habe er einen Job bei den staatlichen Elektrokonzern gehabt. Dort habe er fünf Jahre als Stromzähler-Ableser gearbeitet. Nach fünf Jahren sei er zum "Ermittler für Stromdiebstähle" befördert worden.

Danach habe er drei Jahre weiter studiert und sei bis heute staatlich anerkannter Elektriker im Staat Israel. "Gleichzeitig zu meiner Ausbildung habe ich auch Kampfsport studiert und weiter gelernt", so S.

"Auch als Lehrer für Kinder ab vier, das war mir damals sehr wichtig", erzählte S. Er besitze zwei schwarze Gürtel und könne auf 20 Jahre Kampfsporterfahrung zurückgreifen. Kampfsport fördere laut ihm die mentale und körperliche Gesundheit.

Nach sechs Jahren als Ermittler sei er zum Teamleiter befördert worden. Bis zu seiner Verhaftung habe er 12 oder 13 Jahre bei dem Stromkonzern gearbeitet.

Update, 15.10 Uhr: Der Prozess wird fortgesetzt

Die Kammer verweist erneut auf das Fragerecht der Nebenklage und der weiteren Verteidiger.

Jetzt kommt es zur Einlassung von Herrn S., der sich persönlich einlassen will. Ihm wird vorgeworfen, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein.

Update, 15.06 Uhr: Die Kammer muss sich erneut beraten

Die Fragerunde ist beendet und die Kammer muss sich wieder beraten. Bott hatte um einen Gerichtsbeschluss bezüglich seiner beanstandeten Fragen gebeten.

Update, 14.56 Uhr: Auch die Fragen weiterer Anwälte blieben unbeantwortet

Auf von der Weden folgte der Anwalt des Israeli S. ("Haben David B. oder Olga mal ein Angebot für die Rückführung gemacht? Falls ja, haben Sie dieses deutlich abgelehnt?") und die Anwältin des ehemaligen Sicherheitschefs ("Haben die Sicherheitsleute auch das Haus ihres Vaters nach Silvester 2024 geschützt?").

Alle Fragen blieben unbeantwortet.

Update, 14.46 Uhr: "Frau Block, was ist für Sie Gewalt?"

Von der Meden kann schließlich mit seinen Fragen fortfahren:

"Was ist für Sie Gewalt? Ist ein Klaps für sie Gewalt? Haben Sie ihre Kinder einen Klaps gegeben, damit sie sitzen bleiben? Ist es für Sie Gewalt, Klara am Arm zu packen? Haben Sie Theo am Nacken gepackt? Haben Sie je gedacht, dass die Kinder sich in Dänemark wohler fühlen als in Hamburg? Haben Sie in ihr Notizbuch geschrieben: 'Ich weiß nicht, wann es losgeht. Sie sagen mir nichts'?" Bott beanstandete die letzte Frage wieder als "unzulässig".

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa Pool/dpa

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