Block-Prozess: Kinder wehrten sich gegen Entführung

Hamburg - Tag sieben des Kindesentführungs-Prozesses gegen Christina Block (52) wurde mit der Einlassung des Israelis S. (36) fortgesetzt. Dieser hatte am Dienstag angekündigt, am Donnerstag "ausführlich" über die Operation, also die mutmaßliche Kindesentführung, berichten zu wollen. TAG24 war vor Ort und berichtete in einem Liveblog.

Der Prozess um Christina Block (52) ging am Donnerstag mit der Aussage eines mutmaßlichen Entführers weiter.  © Marcus Brandt/dpa Pool

Die Steakhouse-Erbin ist angeklagt, die Entführung ihrer beiden Kinder Theo (11) und Klara (14) in Auftrag gegeben zu haben. Dafür soll sie laut Staatsanwaltschaft eine israelische Sicherheitsfirma engagiert haben.

Block bestreitet die Vorwürfe und erklärt, nichts von den Plänen des mutmaßlichen Drahtziehers David B. und dessen "rechter Hand", Olga (Deckname, gebürtig: Keren T.), gewusst zu haben.

Beide sollen am 31. Dezember 2023 mithilfe weiterer Personen (unter anderem S.) die Block-Kinder aus Dänemark entführt haben, wo sie bei ihrem Vater, Stephan Hensel (51), lebten.

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Grundlegende Informationen zum Prozess sind in folgendem Artikel zu finden: "Christina Block vor Gericht: Darum geht's im Kindesentführungs-Prozess".

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Update, 16 Uhr: Siebter Verhandlungstag geht zu Ende

Um Punkt 16 Uhr beendet die Vorsitzende Richterin den siebten Verhandlungstag.

Morgen, am 29. August, geht es ab 9.30 Uhr direkt mit dem achten Verhandlungstag weiter. Dann wird S. unter anderem die restlichen Fragen der Kammer beantworten.

Außerdem wurde angekündigt, dass der gesamte Prozess bis März terminiert wird. Eigentlich sollte bereits kurz vor Weihnachten ein Urteil fallen.

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Update, 15.20 Uhr: Kinder wehrten sich gegen Entführung

Alle Beteiligten – mit Ausnahme von Olga und David B. – seien maskiert und in dunkler Kleidung aufgetreten. S. räumt ein, ihm sei bewusst gewesen, dass derartige Erscheinung bei den Kindern zunächst Angst auslösen könnte.

Ob die Kinder durch den Einsatz emotional belastet würden, sei in der Vorbereitung jedoch kein Thema gewesen, so S. heute. "Wir dachten: Wenn wir den Kindern nicht sofort retten, könnte ihnen in der Zukunft etwas noch Schlimmeres zustoßen." Theo und Klara selbst seien nicht als "richtiges Hindernis" gesehen worden. Anders als bei Hensel habe es daher keine Person gegeben, die dafür eingeteilt gewesen sei, die Kinder zu "neutralisieren".

Als die Richterin wissen will, wie die Kinder reagierten, als "der Deutsche" ihnen im Wald sagte, sie würden zu ihrer Mutter gebracht, erklärt S., dass sie offenbar nicht erfreut gewesen seien. Zwar habe er damals kein Deutsch verstanden, doch die Körpersprache der Kinder habe klar gezeigt, dass sie sich massiv gewehrt hätten.

Update, 15.18 Uhr: Hensel habe bei der "Neutralisierung" Tritte ins Gesicht abbekommen

Nun geht die Richterin noch mehr ins Detail: Sie fragt, wie genau "der Deutsche" Stephan Hensel verprügelt habe. Daraufhin erzählt S. von Tritten ins Gesicht sowie von mehreren Faustschlägen gegen den Vater der Block-Kinder.

"Und was genau meinten Sie mit ‚neutralisieren‘?", fragt die Richterin. S. erklärt, damit sei gemeint gewesen, eine Person gezielt zu Boden zu bringen und mit Tesa-Klebeband zu fesseln, um sie dort zu fixieren. Im Fall von Hensel habe dies nicht wie geplant funktioniert, weshalb S. ihn zusätzlich mit der offenen Hand auf Nacken und Schultern geschlagen habe.

Update, 15.03 Uhr: Zehn Personen sollen an der Operation beteiligt gewesen sein

Die vorsitzende Richterin möchte wissen: "Wenn Sie die Kinder retten wollten, warum wäre es schlimm gewesen, wenn die Behörden sie erwischt hätten?"

"Wir wollten in keinster Weise in Konflikt mit Sicherheitskräften geraten", antwortet S. Er selbst sei früher Polizist gewesen und habe daher genau gewusst, wie die Polizei in so einem Fall vorgehen würde. Warum genau die Gruppe eine Konfrontation mit den Behörden unbedingt vermeiden wollte, ließ der 36-Jährige offen.

Insgesamt seien zehn Personen an der Aktion beteiligt gewesen, berichtet S. weiter. "Auf der Hinreise haben wir einen Zwischenstopp eingelegt, um uns den Standort des Wohnmobils an der Grenze anzusehen."

An dieser Stelle seien die zwei israelische IT-Spezialisten ausgestiegen. Und: Entgegen seiner ursprünglichen Aussagen seien Olga und David B. offenbar doch am 31. Dezember 2023 in Dänemark vor Ort gewesen und seien dort "die Augen" gewesen.

Update, 14.35 Uhr: Olga sei "immer überall dabei gewesen"

Nach einer kurzen Pause geht es weiter mit dem siebten Verhandlungstag.

Olga sei bei der Planung und "generell immer überall dabei gewesen", betont S. Die "rechte Hand" von B. sei es auch gewesen, die im Wohnmobil an der Grenze zu Deutschland auf die mutmaßlichen Entführer und die Kinder gewartet habe. Der Fahrer des Wohnmobils sei David B. gewesen.

Zur Erinnerung: Olga sei während ihrer Zeit im Hotel Elysée zu einer engen Vertrauten von Block geworden. Block sei nach eigener Aussage aber davon ausgegangen, dass Olga sich aufgrund der Cyber-Sicherheit des Hotels dort aufhielt und sich nach vielen gemeinsamen Gesprächen auch für ihre Familiengeschichte interessiert habe.

S. sagt weiter aus: Die Informationen, wo und wann genau Hensel und die Kinder angetroffen werden könnten, seien alle von David B. gekommen. "Er wusste ziemlich genau Bescheid", so der 36-Jährige. Woher dieser die Adressen und genauen Tagesabläufe der Familie in Dänemark kannte, habe S. nicht nachgefragt.

Ingo Bott geht im Strafjustizgebäude in einer Pause zum Gerichtssaal.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 14.03 Uhr: Im Hamburger Hotel Elysée sollen Pläne geschmiedet worden sein

Die Reise nach Deutschland habe Olga, die Frau von "Shlomi" und "rechte Hand" von David B., organisiert. S. sei zunächst nach Frankfurt geflogen und dann mit dem Zug nach Hamburg.

Das Flugticket sei nach seinem Kenntnisstand von Olga bezahlt worden. Das Zugticket habe er mit den 500 Euro finanziert, die ihm für den Aufenthalt in Deutschland zur Verfügung gestellt worden seien. Nach seiner Ankunft im Hotel Elysée am 28. Dezember 2023 habe er Olga eigenen Angaben zufolge täglich gesehen. Frau Block hatte zuvor ausgesagt, Olga sei bereits kurz vor Silvester 2023/24 abgereist, um mit ihrer Familie in Israel zu feiern.

Auf Nachfrage der Richterin bestätigte der 36-Jährige, dass im Hotel ein Sitzungsraum genutzt wurde, um "Pläne zu schmieden". Anwesend seien unter anderem Olga, David B., S. selbst, "Shlomi", "der deutsche Mann" sowie zwei weitere israelische IT-Spezialisten gewesen, die er nicht gekannt habe.

Mithilfe eines Beamers habe man unter anderem Landkarten an die Wand projiziert, um sich einen Überblick über die Umgebung in Dänemark zu verschaffen.

Es folgt eine zehnminütige Pause.

Ingo Bott (v.l.n.r.), Christina Block und Gerhard Delling kommen im Strafjustizgebäude nach einer Pause zum Gerichtssaal.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 13.41 Uhr: Mutmaßliche Entführer sollen auf Vertrauensbasis gehandelt haben

Die Richterin hakt weiter nach: "Wovor genau sollten die Kinder gerettet werden?"

S. berichtet, David B. habe ihr gegenüber geäußert, der Vater hätte die Kinder einfach "weggenommen" und nicht wieder zurückgebracht. Außerdem sei Hensel ein schlechter Einfluss: Er hetze gegen die Familie, sei von Paranoia getrieben und "verrückt". Schließlich sei der Vorwurf der Pädophilie aufgekommen.

Auf Nachfrage der Richterin nach konkreten Beispielen betont S., dass David B. keine Beweise vorgelegt habe. Vielmehr habe er – wie es in Israel üblich sei – seinen Worten einfach vertraut. Sein Freund "Shlomi" habe zudem mehrfach betont, B. sei "ein guter Mann".

Update, 13.19 Uhr: 10.000 Euro pro Person für Entführungsbeteiligte in Aussicht gestellt

Laut S. habe David B. 10.000 Euro pro Person für die Entführungsaktion der Block-Kinder in Aussicht gestellt.

Er selbst habe das Geld nicht bekommen. Seine Motivation sei es gewesen, "eine gute Tat" zu vollbringen: "Ich fühlte mich wie Superman", so S. Das Finanzielle habe ihn nicht interessiert, er verdiene "genug". Es könnte aber sein, dass die anderen Beteiligten das Geld bekommen und nicht abgelehnt haben, erklärt der 36-Jährige weiter. Woher David das Geld hatte, wisse S. nicht.

Die vorsitzende Richterin geht nochmal auf die Aussage des Israelis ein, dass David B. vom "großen Wunsch der Familie [Block]" gesprochen habe und, dass man die Kinder vom Vater retten müsse - notfalls auch mit "Kraft" und "Macht". "Das bedeutete, entgegen dem Willen des Vaters, die Kinder von ihm wegzunehmen und sie zurück nach Deutschland zu ihrer Mutter zu führen", erklärte S. auf Nachfrage.

Update, 12.54 Uhr: S. spricht von "Mossad-Mann"

Nach einer Mittagspause geht es mit der Befragung von S. weiter.

Auf Nachfrage der Richterin erklärt S., er habe bereits vor dem Treffen kurz vor der Silvesternacht 2023/24 erfahren, dass David B. ein ehemaliger "Mossad-Mann" (Mitglied des israelischen Geheimdienstes) gewesen sei, sich mit "Datenschutz und Sicherheit" befasse und auch Kampfsportler sei.

Zum ersten Mal gesprochen hätten sie bei einer Podcast-Aufnahme von S. "Ein beeindruckender Mann mit viel Wissen" und "ein guter Mensch", so S. Er selbst habe aber niemals eine Verbindung zum Mossad gehabt.

Im Laufe der Befragung nennt S. weitere Details zu David B., der mit internationalem Haftbefehl gesucht wird.

So habe B. immer viele Projekte gehabt, auch im Ausland. "So wie die Dienste für Familie Block", erinnert sich der 36-Jährige. B. habe aber nicht genau erzählt, was genau er für die Unternehmer-Familie macht. Auch die Namen einzelner Familienmitglieder seien nicht gefallen. Nur, dass die Familie sehr reich wäre und der Vater (Eugen Block) eine Tochter habe, so S.

Block-Anwältin Paula Wlodarek (r.) und Christina Block (l.) verlassen das Gebäude zur Mittagspause.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 12.07 Uhr: Ingo Bott zieht positive Bilanz aus der Aussage des Israelis

In seinem Mittagspausen-Statement beschreibt Bott die Aussage des israelischen Mitangeklagten als "sehr belegend". Besonders hebt er hervor, dass dieser Frau Block als "wie in einem Traum" beschrieben habe, als sie in Süddeutschland angekommen ist. "Ich glaube, da können wir ein klares Anzeichen dafür finden, dass Frau Block tatsächlich nicht wusste, so wie wir das als Verteidigung immer wieder betont haben, was ist da im Einzelnen los", so der 42-Jährige.

Aus dem "bemerkenswerten" Appell des Israelis schließt Bott vor allem Handlungsbedarf bei der Nebenklage: "Da schließe ich mich an Herrn S. an und hoffe, das Herr Hensel endlich das umsetzt, was für die Kinder gut ist und nicht für ihn."

Und weiter: "Ich hoffe sehr, dass die Worte bei Herrn Hensel ankommen und es nicht für sich spricht, dass der Nebenkläger heute ausgerechnet nicht da war. Das möchte ich nicht unterstellen."

Ingo Bott gibt in der Pause ein Statement ab.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 11.40 Uhr: Der Israeli nimmt die Schuld auf sich und bietet sich als Märtyrer an

Die vorsitzende Richterin unterbricht S. und fragt ihn, ob er noch Sachen zu sagen habe, nachdem dieser in Szenarien von potenziellen Hochzeiten der Töchter von Hensel und Block abgedriftet war.

Der Israeli wendet sich am Ende seiner Aussage schließlich ans Gericht: "Ich weiß, dass ich kein Engel bin, ich bin nur ein Mensch, der etwas Gutes leisten wollte. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ein Mensch, der ein Fehler gemacht hat, dafür Verantwortung übernehmen muss."

Er äußert die Bitte: "Im Fall einer Strafe sollte keiner der Anwesenden und auch keiner der Nicht-Anwesenden bestraft werden. Es gibt eine Person, die die Verantwortung tragen muss und diese Person bin ich!" Er wünsche sich ein Happy End für die Block/Hensel-Familie, so S. und zitiert zum Schluss noch einen Vers aus der Bibel.

Es folgt eine Mittagspause. Weiter geht's gegen 12.45 Uhr.

Richterin Isabel Hildebrandt, Vorsitzende der Strafkammer, steht im Gerichtssaal im Prozess wegen mutmaßlicher Kindesentführung im Landgericht Hamburg.  © Marcus Brandt/dpa Pool

Update, 11.16 Uhr: S. spricht Entschuldigung gegenüber Hensel aus

Nun fragt S, weshalb Hensel nicht im Gerichtssaal anwesend ist. Die Richterin erklärt ihm, dass die Nebenklage nicht immer vor Ort sein muss. Hensel-Anwalt von der Meden betont gegenüber S., dass Hensels Abwesenheit aber nichts mit seiner Aussage zu tun habe und er gerne anwesend gewesen wäre.

Der Israeli bedauere, dass der Vater der Kinder nicht anwesend ist, weil er sich "ausdrücklich" bei ihm entschuldigen wollte. "Dafür, dass ich ihm Gewalt angetan habe", so S.

Von der Meden daraufhin: "Ich spreche für Herrn Hensel und er nimmt ihre Entschuldigung an." Auch bei den Kindern möchte S. sich entschuldigen. Auch diese Entschuldigung will von der Meden weiterleiten. Mit seiner Aussage wolle der Israeli auch Klara und Theodor entlasten, die so vielleicht nicht vor Gericht befragt werden müssten. Das würde sich S. für die Kinder wünschen.

S. erzählt weiter, er habe in der Silvesternacht 2023/24 gefühlt, dass Hensel seine Kinder liebe. "Das habe ich durch seinen Widerstand gemerkt. Ein Vater, der seine Kinder nicht liebt, hätte nie so gekämpft. Und das, obwohl ich die Angst in seinen Augen sah und er nicht gut ringen konnte", so der Israeli. Er bittet Hensel, den "Kampf" zu beenden, weil er "heute der Stärkste hier ist".

Philip von der Meden (l.), Vertreter der Nebenklage und Anwalt von Stephan Hensel, dem Ex-Ehemann und Vater der Kinder von Block, im Landgericht Hamburg.  © Marcus Brandt/dpa

Update, 11.06 Uhr: Als Block auf den Hof kommt, führt S. ein Gespräch mit der Unternehmerin

Später sei eine "sehr bewegte" Frau Block mit ihrer Tochter Greta am Ort des Geschehens eingetroffen. Sie habe gewirkt, als sei sie "wie in einem Traum" und habe im Umgang mit ihren Kindern "wenig Selbstbewusstsein" gezeigt, so S.

In einem Gespräch habe er der Unternehmerin helfen wollen: "Ich sagte ihr, dass es nicht leicht war, die Kinder zu retten – aber dass jetzt der eigentliche Kampf beginne: um das Herz der Kinder", erinnert sich der Israeli.

Auch mit Greta habe er ein Vieraugengespräch geführt. Sie habe nicht gewusst, wie sie ihren Geschwistern begegnen solle – auch ihr habe er helfen wollen. Später habe S. den Eindruck gewonnen, dass das Wiedersehen der Familie gut verlaufe, es habe sogar "positives Feedback" gegeben.

Er selbst sei stets davon ausgegangen, eine "gute Tat" vollbracht zu haben. Als er jedoch nach seiner Rückkehr nach Israel erfuhr, dass die Kinder wieder beim Vater seien, sei er zunächst enttäuscht gewesen. Inzwischen sehe er die Dinge anders: "Ich verlasse mich zu 100 Prozent auf die deutschen Behörden", sagt S. Heute gehe er davon aus, dass Hensel "möglicherweise doch nicht so gefährlich ist, wie ich dachte".

Brisant: Frau Block hatte in ihrer Einlassung ursprünglich erklärt, S. nicht zu kennen und ihn vor Gericht zum ersten Mal gesehen zu haben. Seine Aussagen deuten jedoch auf einen Kontakt hin.

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