Münchner Drogenskandal: Polizist zu hoher Geldstrafe verurteilt

München - Von einer "Parallelwelt" spricht der Staatsanwalt. Wie man darin so abdriften könne, frage er sich. "Mich lässt das immer noch sprachlos zurück." Das Münchner Amtsgericht hat einen Polizisten am Dienstag in einem Prozess um den Drogenskandal bei der Münchner Polizei wegen diverser Drogen- und Dopingdelikte zu einer Geldstrafe von 13 200 Euro verurteilt.

Der verurteilte Polizist steht vor Prozessbeginn mit seinem Anwalt Stephan Tschaidse im Verhandlungssaal.
Der verurteilte Polizist steht vor Prozessbeginn mit seinem Anwalt Stephan Tschaidse im Verhandlungssaal.  © Sven Hoppe/dpa

Das Gericht verhängte 240 Tagessätze zu 55 Euro wegen des Erwerbs und des Besitzes von Drogen und Dopingmitteln und der Weitergabe von Dopingmitteln. Die Richterin hielt ihm zu Gute, dass es immer nur um kleine Mengen ging und dass er sich schon seit längerer Zeit "von den Drogen abgewandt" habe.

Zu seinen Lasten rechnete sie, dass er seine Geschäfte mit den Dopingmitteln zum Teil in der Polizeiinspektion abgewickelt hatte.

Von dem am schwersten wiegenden Vorwurf des Verwahrungsbruchs sprach das Gericht den Mann, der als sogenannter "Drogenmultiplikator" bei der Polizei tätig war und Kollegen für den Streifendienst und Drogenkontrollen schulte, frei.

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Die Staatsanwaltschaft, die eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten gefordert hatte, hatte dem suspendierten Polizeibeamten vorgeworfen, sichergestelltes Marihuana abgezweigt und selbst konsumiert zu haben. Entsprechende Chatverläufe mit einem Kollegen, die eine solche Tat zumindest nahelegten, reichten dem Gericht nicht als Beweis.

Der 1994 geborene Angeklagte hatte in der vergangenen Woche zum Prozessauftakt am Amtsgericht München ein Teilgeständnis abgelegt und zugegeben, in den Skandal verwickelt zu sein, der das Münchner Präsidium erschütterte. Er räumte ein, Drogen und Dopingmittel konsumiert zu haben, bestritt aber den Verwahrungsbruch, also das Abzweigen des Marihuanas.

Nächstes Urteil im Kokain-Skandal für Freitag erwartet

Der Angeklagte und sein Anwalt wollen nach eigener Aussage auf Rechtsmittel verzichten.
Der Angeklagte und sein Anwalt wollen nach eigener Aussage auf Rechtsmittel verzichten.  © Sven Hoppe/dpa

Der Skandal war 2020 nach einer großen Razzia öffentlich geworden. Im Mittelpunkt der Geschichte um koksende Polizeibeamte steht ein Drogendealer, der die Ermittlungen ins Rollen brachte, nachdem er als Kronzeuge über seine uniformierten Kunden ausgepackt und von Polizisten-Rabatten auf Kokain berichte - und von absurden Situationen wie gemeinsamem Koksen mit Polizisten in der Tiefgarage, nachdem sie ihm Starthilfe für sein Auto geleistet hatten. Jahrelang hatte die sogenannte "Soko Nightlife" in der Sache ermittelt.

Die Staatsanwaltschaft führte 39 Ermittlungsverfahren gegen 37 Polizeibeamte und erhob sechs Anklagen. 15 Verfahren wurden eingestellt, in zwölf Fällen wurde nach Angaben von Sprecherin Anne Leiding ein Strafbefehl beantragt - auch wenn es dabei um sehr hohe Geldbeträge ging.

Die Gründe dafür nach Angaben der Staatsanwaltschaft: Corona und der Wunsch, das Ansehen der Polizei durch öffentliche Hauptverhandlungen in der Sache nicht noch weiter zu beschädigen.

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Der nun abgeschlossene Prozess ist das zweite Verfahren in dem Kokain-Skandal, das derzeit das Münchner Amtsgericht beschäftigt. Parallel läuft noch der Prozess gegen einen 28-Jährigen, der seine Verstrickungen unter Tränen gestanden hatte. Dort könnte am Freitag ein Urteil fallen.

Für den am Dienstag verurteilten Polizisten ist die Sache allerdings nun wohl vorbei. Sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft verkündeten noch im Gerichtssaal, das Urteil anzuerkennen und auf Rechtsmittel zu verzichten. Damit ist es rechtskräftig.

Und mit der Polizei will der suspendierte Beamte, der nach eigenen Angaben bis dato noch 60 Prozent seiner ursprünglichen Bezüge erhält, künftig auch nichts mehr zu tun haben. Er habe da "auch Schamgefühl". Im Mai will er eine neue Stelle antreten - "in der freien Wirtschaft".

Titelfoto: Sven Hoppe/dpa

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