Mutter soll behinderten Sohn (†17) ermordet haben: Geständnis unter Tränen

Hildesheim - Man mag es kaum aussprechen: Eine Mutter soll ihren behinderten Sohn getötet haben. Vor Gericht in Hildesheim beschreibt sie das für sie mühsame und anstrengende Leben mit dem 17-Jährigen, ihre eigenen Leiden daran - zum Schluss hatte sie nur noch einen Wunsch.

Die 53-Jährige steht wegen Mordes vor Gericht. (Archivbild)
Die 53-Jährige steht wegen Mordes vor Gericht. (Archivbild)  © Moritz Frankenberg/dpa

Der zwischenzeitlich ausgesetzte Prozess gegen die 53-Jährige begann am Dienstag erneut. Die Frau schilderte die schwierige und kraftraubende Zeit mit ihrem Sohn.

"Ich wusste nicht mehr weiter", sagte sie unter Tränen. "Ich wollte nur, dass es aufhört." Sie habe nur noch einschlafen wollen - habe ihr Kind aber "über alles geliebt". Ihre Verteidigerin erklärte, eine Verurteilung wegen Totschlags statt wegen Mordes sei anzustreben.

Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Rainer de Lippe hatte der Jugendliche das Prader-Willi-Syndrom - eine seltene, genetisch bedingte Behinderung mit körperlichen und geistigen Symptomen.

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Sie habe schon während der Kindergartenzeit oft zu spüren bekommen, dass der Junge "anders war als andere Kinder", sagte seine Mutter. Häufig habe er Wutausbrüche gehabt, 2019 seien auch noch Psychosen hinzugekommen. Er musste rund um die Uhr gepflegt werden.

Die 53-Jährige soll laut Anklage am 16. März 2021 in Sarstedt unter dem Einfluss der starken psychischen Belastung beschlossen haben, sowohl ihren Sohn als auch sich selbst zu töten - weil sie den Belastungen der Betreuung nicht mehr gewachsen gewesen sei.

Dazu soll sie dem ahnungslosen 17-Jährigen einen Pudding mit einer tödlichen Medikamentendosis gegeben haben. Anschließend soll sie versucht haben, sich selbst mit vergiftetem Apfelmus zu töten. Die Frau, deren Schuldfähigkeit erheblich vermindert gewesen sein soll, konnte wiederbelebt werden, der Sohn starb.

Die erste Hauptverhandlung gegen die 53-Jährige musste im vergangenen November ausgesetzt werden. Ein Sachverständiger musste hinzugezogen werden, der klären sollte, ob der 17-Jährige in der Lage war, einen Angriff auf sein Leben wahrzunehmen - das war früheren Angaben zufolge erforderlich, um das Mordmerkmal der Heimtücke feststellen zu können.

Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Meldung zuletzt aktualisiert: 13.17 Uhr

Titelfoto: Moritz Frankenberg/dpa

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