Rentner erstickt Ehefrau mit Kissen: So lautet das Urteil

Von Marie-Helen Frech

Mühlhausen - Aus Überforderung, Ohnmachtsgefühlen und in einem psychischen Ausnahmezustand soll ein Rentner seine chronisch kranke und bettlägerige Ehefrau getötet haben.

Der Angeklagte (links) sitzt im Landgericht Mühlhausen neben seinem Anwalt Kurt Oberlies im Prozess gegen den 85-Jährigen wegen Mordes an seiner Frau im Unstrut-Hainich-Kreis.
Der Angeklagte (links) sitzt im Landgericht Mühlhausen neben seinem Anwalt Kurt Oberlies im Prozess gegen den 85-Jährigen wegen Mordes an seiner Frau im Unstrut-Hainich-Kreis.  © Marie-Helen Frech/dpa

Deshalb wurde er am Landgericht Mühlhausen wegen Totschlag zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der Mann war ursprünglich wegen Mordes angeklagt gewesen. Später plädierte die Staatsanwaltschaft aber auf Totschlag in einem minderschweren Fall und forderte eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe beantragt.

Der Mann hatte laut Urteil in einer Januarnacht im Jahr 2022 seine zunächst schlafende 82 Jahre alte pflegebedürftige Ehefrau mit einem Kissen im gemeinsamen Schlafzimmer erstickt und danach selbst die Polizei gerufen.

Das hatte der 85-Jährige auch im Prozess selbst eingeräumt. Er hatte zum Prozessauftakt erklärt, er habe seine an Schmerzen leidende Frau erlösen wollen.

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Diesen Gedanken wies das Gericht zurück. Die Vorsitzende Richterin Gerhild Jumpertz sagte, dass es sich nicht um einen Fall von Sterbehilfe gehandelt habe.

Zu keinem Zeitpunkt habe die Ehefrau konkret den Wunsch geäußert, durch einen eigenständigen Akt oder durch das Tun anderer aus dem Leben zu treten. Jumpertz betonte: "Das Leben eines Menschen darf nicht bewertet werden." Niemand könne ermessen, was ein Leben wert ist. "Das Tötungsverbot ist absolut."

Urteil ist rechtskräftig

Der Rentner wurde am Landgericht Mühlhausen wegen Totschlag zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. (Archivbild)
Der Rentner wurde am Landgericht Mühlhausen wegen Totschlag zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa

Die Richterin beschrieb in der ausführlichen Urteilsbegründung auch, dass das Ehepaar ein langes gemeinsames Leben hatte, kaum Zeit getrennt voneinander verbrachte und ein Pflegeheim keine Option für sie gewesen war. Sie beschrieb, wie sich der Ehemann auch nachts fast allein um die Schwerkranke kümmerte, sie pflegte und dabei selbst kaum mehr Erholung, kaum mehr Schlaf fand.

Er habe Ohnmacht verspürt, weil sich abzeichnete, dass sich die Situation der Frau nur noch verschlechtere, so Jumpertz. In der Tatnacht sei dann das Fass übergelaufen und er habe im psychischen Ausnahmezustand, also in verminderter Schuldfähigkeit, die Tat begangen.

In der Tatnacht habe der Mann zunächst wie jeden Abend seine Ehefrau "liebevoll" in die Bettdecke eingewickelt und sie später noch auf Mund und Stirn geküsst, bevor er das Kissen auf sie drückte. Die Frau habe nach Gegenwehr den Todeskampf verloren, so Richterin Jumpertz.

Die Tat sei "rechtlich sehr nah am Mord", so Jumpertz. Dennoch sei nun Totschlag geurteilt worden. In die Bewährungsstrafe floss etwa ein, dass den Mann eine Haftstrafe aufgrund seines hohen Alters besonders stark treffen würde. Berücksichtigt wurde auch, dass der Rentner geständig war, keine Vorstrafen hat und keine Wiederholungsgefahr bestehe. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Erstmeldung am 2. Juni, um 13.32 Uhr, aktualisiert um 14.45 Uhr

Titelfoto: Marie-Helen Frech/dpa

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