Bundesgericht verbietet Renault Fernabschaltung von E-Auto: Sachsens Verbraucherschützer siegen!

Leipzig/Karlsruhe - Ende der Selbstjustiz! Sachsens Verbraucherzentrale (VZS) hat den französischen Autokonzern Renault endgültig in die Knie gezwungen und vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein Grundsatzurteil erwirkt. Demnach dürfen Hersteller von E-Fahrzeugen und deren Banken die Fahrzeuge nicht mehr per Fernzugriff lahmlegen.

Ein Renault Zoe an der Ladesäule - das Aufladen kann per Fernschaltung blockiert, das Auto damit stillgelegt werden.
Ein Renault Zoe an der Ladesäule - das Aufladen kann per Fernschaltung blockiert, das Auto damit stillgelegt werden.  © Steffen Füssel

Der Akku zählt zu den teuersten Komponenten eines Elektroautos. Mehrere Hersteller bieten deshalb an, den Wagen ohne Batterie preiswerter zu kaufen und diese stattdessen dauerhaft zu mieten.

Das kostet etwa beim Renault Zoe je nach Kilometer-Laufleistung zwischen 59 und 120 Euro pro Monat. Der Akku würde sonst mit 8100 Euro zu Buche schlagen.

Doch in den Verträgen finden sich "Selbstjustiz"-Klauseln. Wer mit den Raten in Rückstand gerät, dem könne der Hersteller das E-Auto lahmlegen, indem er per Fernzugriff das Laden des Akkus blockiert, erklärt VZS-Juristin Claudia Neumerkel.

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Vor allem die Renault-Bank machte bislang davon Gebrauch, wie Beschwerden "abgeschalteter" E-Fahrzeug-Besitzer belegen.

Sachsens Verbraucherschützer haben die Franzosen deshalb durch drei Instanzen verklagt. Mit Erfolg: Am gestrigen Mittwoch erklärte auch der Bundesgerichtshof die Selbstjustiz per Fernabschaltung für rechtswidrig.

Verbraucherschützer sehen richtungsweisendes Urteil

VZS-Rechtsreferentin Claudia Neumerkel (49) erwirkte mit ihrem Team die BGH-Entscheidung.
VZS-Rechtsreferentin Claudia Neumerkel (49) erwirkte mit ihrem Team die BGH-Entscheidung.  © Montage: Steffen Füssel + Verbraucherzentrale Sachsen/dpa-tmn

Mit der einseitigen Vertragsgestaltung würde Renault versuchen, "missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen", heißt es in der Urteilsbegründung. Dies sei "eine unangemessene Benachteiligung des Mieters als Verbraucher". Weil der sein gesamtes E-Auto, das einen weit höheren Vermögenswert als die Batterie habe, nicht mehr nutzen könne.

Für die Verbraucherschützer ein richtungsweisendes Urteil – auch für andere Branchen.

"Der BGH hat damit eine Schablone gesetzt für weitere denkbare digitale Fernzugriffsmöglichkeiten", so VZS-Referentin Neumerkel.

Kommentar: Ende der Selbstjustiz!

Auch solch ein Smart-Meter zur Energieabrechnung kann via Fernsteuerung den Strom abschalten.
Auch solch ein Smart-Meter zur Energieabrechnung kann via Fernsteuerung den Strom abschalten.  © Markus Scholz/dpa

Sachsens Verbraucherschützer haben ihrem Namen mal wieder alle Ehre gemacht.

In einem jahrelangen Rechtsstreit kämpften sie einen Autokonzern und dessen Bank nieder, die sich das (Un-)Recht herausnahmen, jederzeit die Elektroautos ihrer Kunden per Fernschaltung lahmzulegen, wenn diese mit der Mietrate für die Autobatterie im Rückstand waren oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machten.

Eine Selbstjustiz, die nun auch vom Bundesgerichtshof für rechtswidrig erklärt wurde.

Ein wichtiges Urteil, das die Sachsen da erkämpft haben. Denn nicht nur Mietbatterien für E-Autos können aus der Ferne unbrauchbar gemacht werden. Auch die neue, bald zur Pflicht werdende Generation der "smarten" Strom- und Gaszähler, Computer-Software und Ausstattungs-Abos, die immer mehr Fahrzeughersteller anbieten, lassen sich aus der Ferne kappen.

Und die Digitalisierung wird weitere Bereiche erschließen, in denen "Fernsteuerung" zur neuen Normalität wird. Auch dürfte die galoppierende Inflation dafür sorgen, dass teure Komponenten und Gebrauchsgegenstände künftig mehr gemietet und geleast als gekauft werden.

Die Weichenstellung der jüngsten BGH-Entscheidung sorgt da schon jetzt für ein Stück Waffengleichheit von Anbieter und User/Verbraucher.

Titelfoto: Montage: Steffen Füssel + Verbraucherzentrale Sachsen/dpa-tmn

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