Zu lange Verfahren: Verdächtige im Norden aus U-Haft entlassen

Hamburg - Weil ihre Verfahren zu lange gedauert haben, sind im vergangenen Jahr in Hamburg drei Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Nach Angaben des Richterbundes gibt es in ganz Deutschland eine wachsende Zahl von Verdächtigen, die wegen zu langer Strafverfahren aus der U-Haft entlassen werden müssen.
Nach Angaben des Richterbundes gibt es in ganz Deutschland eine wachsende Zahl von Verdächtigen, die wegen zu langer Strafverfahren aus der U-Haft entlassen werden müssen.  © Paul Zinken/dpa

Das geht aus Zahlen des Deutschen Richterbundes hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.

Nach Angaben des Richterbundes gibt es in ganz Deutschland eine wachsende Zahl von Verdächtigen, die wegen zu langer Strafverfahren aus der U-Haft entlassen werden müssen.

2022 kamen demnach bundesweit mindestens 73 Menschen aus diesem Grund frei. Der Verband bezieht sich bei den Angaben auf eine Umfrage der Deutschen Richterzeitung bei den Justizministerien und Oberlandesgerichten der 16 Länder.

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2021 hatten die Justizverwaltungen demnach 66 Fälle gemeldet, 2020 waren es 40. In den zurückliegenden fünf Jahren seien damit mehr als 300 Tatverdächtige wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden, hieß es.

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, sieht aufwendigere Strafverfahren als einen Grund für diese Entwicklung: Die Strafgesetze werden demnach immer komplexer und das auszuwertende Datenvolumen steige sprunghaft - etwa in Fällen von Kindesmissbrauch, Organisierter Kriminalität oder bei Wirtschaftsdelikten.

"Zum anderen fehlt es der Strafjustiz bundesweit weiterhin an mindestens 1000 Staatsanwälten und Strafrichtern", sagte Rebehn.

Das habe zur Folge, dass selbst vorrangige Haftsachen nicht immer in den rechtsstaatlich gebotenen Fristen erledigt werden könnten.

Bremen entließ 2022 drei Häftlinge aus U-Haft

Zwei der drei Angeklagten sitzen in Bremen vor Prozessbeginn im Gerichtssaal. Ihnen wird vorgeworfen, im April 2020 einen Mann getötet zu haben.
Zwei der drei Angeklagten sitzen in Bremen vor Prozessbeginn im Gerichtssaal. Ihnen wird vorgeworfen, im April 2020 einen Mann getötet zu haben.  © Sina Schuldt/dpa

Im Bundesland Bremen sind 2022 mindestens drei Tatverdächtige wegen einer überlangen Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das geht aus einer Umfrage der "Deutschen Richterzeitung" bei den Justizministerien und Oberlandesgerichten der 16 Länder hervor.

Die drei in Bremen bekannten Fälle sind die Männer, gegen die seit Mittwoch vergangener Woche wegen gemeinschaftlichen Mordes verhandelt wird. Nach über sechs Monaten U-Haft waren sie im Mai 2022 entlassen worden und kamen als freie Männer zum Prozessbeginn ins Landgericht.

Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte damals die Freilassung verfügt, weil die Strafkammer des Landgerichts die Hauptverhandlung nicht sechs Monate nach Erhebung der Anklage eröffnet hatte. Das Landgericht hatte zur Verteidigung der Kammer erklärt, die Einarbeitung in den Fall sei sehr kompliziert gewesen. Außerdem sei im Frühjahr 2022 noch nach der Leiche des Mordopfers gesucht worden. Das Trio soll im April 2020 einen Mann ermordet haben.

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In Niedersachsen wurde 2022 ein U-Häftling auf Entscheidung des Oberlandesgerichtes entlassen. In diesem Fall hatte die Staatsanwaltschaft länger auf ein kriminaltechnisches Gutachten warten müssen.

Das Gericht bestimmte nach Anklageerhebung nicht sofort einen Termin.

Titelfoto: Paul Zinken/dpa

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